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Montag, 21. Juni 2021

Linden A. Lewis - First Sister

 Ein weiteres Buch aus der Reihe der englischsprachigen Science-Fiction-Autorinnen. Per Zufall stieß ich darauf und leistete mir eine Leseprobe für meinen E-Reader. Der Anfang gestaltete sich sehr zäh, sodass ich kaum voran kam. Zunächst wurden die Protagonisten und ihre Herkunft beschrieben. Das war nicht gerade aufregend, ist aber oft wesentlicher Bestandteil bei dieser Science-Fiction-Sparte, zumal es sich hier auch um Queer-Science-Fiction handelt. Da macht es Sinn, dass sich Figuren allmählich entwickeln. Hintergrund des Romans sind zwei verschiedene menschliche Machtbereiche, die sich feindlich gegenüber stehen. Realistischerweise spielt die Handlung ausschließlich in unserem Sonnensystem, es müssen also keine Wurmlöcher erfunden werden, um in ferne Weiten des Universums glaubhaft vordringen zu können. Ausgangspunkt des Geschehens ist unser Heimatplanet, den die Menschheit so herunter gewirtschaftet hat, dass die Eroberung des Mars der Rettungsanker war. Die dort siedelnde Bevölkerung weigerte sich irgendwann, der Ausbeutung des roten Planeten zugunsten des Wohlstands der irdischen Bevölkerung weiter zuzustimmen. es kam zum sehr langen Krieg, dem Dead War zwischen den Planeten. Als der Krieg schließlich endete, weil niemand die Kraft zum Weiterkämpfen hatte, gab es mit den Icarii eine weitere Kolonisierung von Planeten. Das chemische Element Hermium ermöglichte es, auf den sonnennahen Planeten Merkur und Venus zu siedeln. Schließlich war es ja auch nicht Ikarus, der der Sonne zu nahe kam, sondern dessen Sohn. Eine überlegene Technologie sicherte ihnen das Überleben und weckte bald die Begehrlichkeiten der Geans, so nennen sich die Erdenbewohner und die Marsianer. Soweit die Vorgeschichten. Beide Kulturen werden diktatorisch regiert. Die Geans von den Mothers und den männlichen Warlords, die Icarii ausschließlich vom Militär. 

In drei Handlungssträngen werden die drei Figuren allmählich miteinander verwoben. Die namenlose First Sister, die ihren sozialen Aufstieg mit dem Verlust ihrer Zunge und damit der Sprache bezahlt und deren Aufgabe als Mitglied der Sisterhood es ist, den Soldaten zu Diensten zu stehen. Die Gladiatoren Lito sol Lucius und Hiro Val Akira, die als Zweierteam mittels eines neuralen Implantats eng miteinander verbunden sind. Doch die beiden Duellanten sind sehr unterschiedlich. Während Hiro aus besten Kreisen stammt, allerdings als das schwarze Schaf der Familie, dessen Vater für das Val Akira Labor mit verantwortlich ist, hat es Lito nur aufgrund seiner körperlichen Kraft und seinem Ansehen als Trainer künftiger Soldaten sozial geschafft. Darin gleicht er der First Sister, die aufgrund ihrer körperlichen Schönheit ausgewählt wurde, der Sisterhood anzugehören. Für ein Waisenkind ein ungeheurer Aufstieg, der mit dem Verlust der Sprache und dem absoluten Zwang zur Gehorsamkeit und sexueller Dienstleistung bezahlt werden muss. Je mehr man im Verlauf der kriegerischen Handlungen über die Charaktere erfährt, desto mehr nähert man sich ihnen an. Linden versteht es, ihnen allmählich allen ein sympathisches Gesicht zu geben. Sie kämpfen alle ihren persönlichen Kampf um Selbstbefreiung und für eine gerechte, friedliche Gesellschaft. Die Botschaft ist Liebe, die auch und gerade dann stark ist, wenn sie nicht in Erfüllung geht. Dominanz und Romantik sind wesentliche Elemente des Buches. Es hinterlässt einen mit starken Gefühlen und in der Erwartung einer Fortsetzung. Vieles ist richtig, abgesehen von den Asters, die sich aufgrund ihres Überlebens im Asteoridengürtels genetisch verändert haben, tauchen hier keine wie immer auch gestalteten Aliens auf, die letztlich in vielen Science Fiction-Büchern doch immer in den Grenzen der menschlichen Vorstellungskraft bewegen. Es sind menschliche Welten mit menschlichen Emotionen und Handlungsweisen.          

Wer eine komplette Geschichte des Sonnensystems erwartet und somit eine der unterschiedlichen Entwicklung der Kulturen, der wird nicht alle Antworten erhalten. Die technologischen Ansätze sind interessant, werden aber nicht bis ins Kleinste ausgeführt. Das ist nur der Rahmen.  

Wichtiger ist das, was über verschiedener Kulturen und Ethnien gesagt wird. Kulturelle Unterschiede und Entmenschlichung sind durchaus beides wieder kehrende Themen der menschlichen Geschichte und werden gut dargestellt. 

Im Gegensatz zu vielen Büchern weiblicher Science-Fiction-Autorinnen kommt die Action nicht zu kurz. "The First Sister" eignet sich sicher für einen gehaltvollen und handlungsstarken Film. Eine Trilogie und somit weitere Lektüre ist bereits angekündigt und das reizt sicher, sich den weiteren Verlauf der Geschichte auszudenken.   


Another book from the series of English-speaking science fiction authors. I came across it by chance and did a reading sample for my e-reader. The beginning turned out to be very tough, so that I hardly made any progress. First, the protagonists and their origins were described. That wasn't exactly exciting, but it is often an integral part of this science fiction section, especially since it is also queer science fiction. So it makes sense that characters develop gradually. The background of the novel are two different areas of human power that are hostile to each other. Realistically, the action takes place exclusively in our solar system, so no wormholes have to be invented in order to be able to credibly penetrate into distant expanses of the universe. The starting point of the event is our home planet, which mankind has run down so badly that the conquest of Mars was the lifeline. The population living there refused at some point to continue to consent to the exploitation of the red planet for the benefit of the prosperity of the earthly population. it came to a very long war, the Dead War between the planets. When the war finally ended because no one had the strength to continue fighting, there was another colonization of planets with the Icarii. The chemical element Hermium made it possible to settle on the planets Mercury and Venus, which are close to the sun. After all, it wasn't Icarus who got too close to the sun, but his son. A superior technology ensured their survival and soon aroused the desires of the Geans, as the people on earth and the Martians call themselves. So much for the story. Both cultures are ruled dictatorially. The geans from the mothers and the male warlords, the Icarii exclusively from the military.

In three storylines, the three characters are gradually interwoven. The nameless First Sister, who pays for her social advancement with the loss of her tongue and thus the language and whose task as a member of the sisterhood is to be of service to the soldiers. The gladiators Lito sol Lucius and Hiro Val Akira, who are closely connected as a team of two by means of a neural implant. But the two duelists are very different. While Hiro comes from the best of circles, albeit as the black sheep of the family, whose father is jointly responsible for the Val Akira laboratory, Lito only made it socially because of his physical strength and his reputation as a trainer for future soldiers. In this he resembles the First Sister, who was selected to belong to the Sisterhood because of her physical beauty. A tremendous ascent for an orphan, which has to be paid for with the loss of language and the absolute compulsion to obedience and sexual service. The more you learn about the characters in the course of the war, the closer you get to them. Linden knows how to gradually give them all a likeable face. They all fight their own personal struggle for self-liberation and for a just, peaceful society. The message is love, which is also and especially strong when it is not fulfilled. Dominance and romance are essential elements of the book. It leaves one with strong feelings and in anticipation of a continuation. Much is correct, apart from the asters, who have genetically changed due to their survival in the asteroid belt, there are no aliens in any form, which in many science fiction books ultimately always move within the limits of human imagination. They are human worlds with human emotions and ways of acting.

Anyone who expects a complete history of the solar system and thus one of the different development of cultures will not get all the answers. The technological approaches are interesting, but they are not detailed. That's just the framework.

What is more important is what is said about different cultures and ethnicities. Cultural differences and dehumanization are both recurring themes in human history and are well presented.

In contrast to many books by female science fiction authors, the action is not neglected. "The First Sister" is certainly suitable for a substantial and action-packed film. A trilogy and thus further reading has already been announced and that will certainly stimulate you to think up the further course of the story.

Sonntag, 16. Mai 2021

NR-WEH

 Eine großartige Verfahrensweise schließt in NRW die über 60-jährigen von einer Corona-Impfung mit dem Biontech-Impfstoff aus. Das Verdienst von Herrn Laschet, der sein Fähnchen mal so und mal so hängt, Typisch Katholik eben. Zwar ist die Gruppe 3 jetzt eigentlich priorisiert, doch kommen hier nur systemrelevante Menschen zum Zug. Alle anderen will man ausdrücklich in den Impfzentren nicht sehen. Sie werden an die Hausärzte verweisen, die man mit dem zweitklassigen Astra-Zenica- Impfstoff zu gepumpt hat.  Praktisch gibt es für die über 60-jährigen keine Chance, an diesem Impfstoff vorbei zu kommen, es sei denn man findet einen verständnisvollen Arzt, der die eine oder andere Vorerkrankung anerkennt und dem Patienten dann für Biotech zulässt. Im Grunde wird Astra-Zenica in den Praxen damit zwangsverimpft, denn wer nicht will, der kann warten, bis alle Prios aufgehoben sind und sich die große Masse zum Impfen begibt. Schlechte Aussichten für alle, die den Impfstoff mit den bisher wenigsten Nebenwirkungen haben wollen. Diese Regelung gilt prinzipiell auch für andere Bundesländer, aber wenigstens darf der über 60-jährige das Impfzentrum noch betreten und hat dann eine Chance auf Biontech, in Hessen zum Beispiel. Laschet-Land also ganz vorn? Sicher nicht. 

Donnerstag, 6. Mai 2021

Riss

 Hurra, ich bin geimpft und zwar mit dem Impfstoff meiner Träume: Biontech. Dieses Wundermittel bekam ich aber nur, weil ich schon einmal Thrombosen hatte. Bis jetzt zeigt sich der Arm ohne Rötung oder Schwellung. Ein leichter Schmerz ist zu spüren, vor allem bei Bewegung. Die ersten Stunden war ich etwas wacklig auf den Beinen. Bei Aufregung etwas leichter Kopfschmerz, nach dem Mittagessen stellte sich leichte Übelkeit ein. Das war es bis jetzt, ohne zu früh jubeln zu wollen. Was ansonsten mit über 60jährigen zur Zeit getrieben wird, das sehe ich als große Verarschung. Es darf dich jetzt in der Gruppe 3 erst mal jeder vordrängeln, der will und sich traut und Astra nehmen. Der normale 60er hat erst mal das Nachsehen und scheint nicht mehr wichtig zu sein. Denn systemrelevant musst Du heutzutage sein und das bist du mit über 60 nur noch selten, z.B. als Bundestagsabgeordneter. Oder eben einer sozialen Problemgruppe angehören, gern mit Migrationshintergrund, dann passt wieder alles. Das ist die Logik unserer Bundesregierung und ihrer systemrelevanten Berater. Wer sich, wie meine Frau, nicht mit einem zweitklassigen Impfstoff impfen lassen will, der sieht sowieso in die Röhre. Es spielt auch keine Rolle, dass Frauen wesentlich stärker von den Nebenwirkungen des Astrazeneca-Impfstoffs betroffen sind. In anderen Ländern reagiert die Regierung auf Kritik und des Volkes Willen. Schweden und Dänemark machen es vor, schicken das Zeug dahin, wo es gebraucht wird. Hierzulande will man das Volk zwingen mit fast schon demagogischen Mitteln. So geht nun ein Riss durch unser bescheidenes Zuhause. Auch dafür #dankemerkel .   

Sonntag, 11. April 2021

Gut beraten

 Die Osterruhe wurde nachhaltig durch das Geschwätz von Politik, Virologen und neuerdings auch Intensivmedizinern gestört. Heutzutage scheinen Politiker keine eigene Meinung zu den von der Wissenschaft geäußerten Vorschlägen mehr zu haben. Sie funktionieren nur noch als Replikatoren für Modellierungen, die andere erstellt haben. Diese Wissenschaftsgetriebenheit halten sie wie ein Schild vor sich, so als wollten sie sagen: ich bin ja nur der Überbringer der schlechten Nachricht. Das müssen sie den Medien verkaufen, die dankbar auf dem harten Coronaknochen herum kauen. Aber was wissen Wissenschaftler wirklich? Da erzählt der unvermeidliche Herr Lauterbach erst, die 50-65jährigen seien besonders von Corona gefährdet, um etliche Tage später zu posaunen, die 30-60jährigen seien es. Unter den Tisch fallen also die 61 bis Stand heute 78 Jahre alten Menschen. Die haben nämlich auch kein Impfangebot, sind aber plötzlich nicht mehr in Gefahr? Das ist nur ein Beispiel von vielen Erzählungen, mit denen uns Virologen und Mediziner in Talkshows langweilen. Ähnlich unterschiedlich sind ja die Einschätzungen des Impfstoffs von Astrazeneca. Mal ist er völlig ungefährlich, dann wieder ein Impfstoff zweiter Klasse. Auch sehr interessant war der Vorschlag, die zweite Impfung eventuell mit einem anderen Impfstoff als bei der Erstimpfung zu verabreichen. Studien und Erkenntnisse dazu gibt es nicht. So bleibt dann Herr Söder nur ein "Wer will und wer sich traut.." bezüglich Astrazeneca. Da stellt sich die Frage, wie kommen solche "wissenschaftliche" Gedanken zustande? Das Geld eine Rolle spielt und Wissenschaftler auch gern mal in der Öffentlichkeit stehen, das darf angenommen werden. Die Regierung aber sollte in der Lage sein, das große Ganze im Blick zu haben. Sich zum Beispiel fragen, ob es in einer Zeit, in der man Steuergelder sinnlos für nutzlose, weil nicht überwachbare Lockdowns heraus schmeißt, ein gutes Signal ist, das Bundeskanzleramt für 600 Millionen Euro prächtig auszubauen. Aber vermutlich gibt es da keinen Zusammenhang und der Bürger ist gut beraten, in der Zeit, in der vieles verboten ist, sein Leben im Untergrund zu führen. Die imaginäre "Dritte Welle" kommt auch ohne ihn aus. 

Sonntag, 28. März 2021

Ungezügelt

 Es ist schon erstaunlich, was für einen Sprech sich unsere gewählten Volksvertreter angewöhnt haben. So wollen sie nun die Zügel wieder anziehen. So als sei die Bevölkerung für die Corona-Lage allein verantwortlich und brauche nun wieder eine Disziplinierung.

Das sie sich bei der Größe ihres eigenen Versagens so etwas überhaupt noch trauen, zeigt schon in welcher Selbstüberschätzung sie leben. Von Anfang an war es Strategie, die Bevölkerung in Angst zu halten. Das erreicht man, mit vielen negativen Nachrichten, die z.B. von Virologen, dem RKI oder auch Intensivmedizinern veröffentlich gemacht werden. So ist jetzt die Dritte Welle große Mode. Die kommt nun gerade recht, denn gemäß Strategiepapier der Regierung ist die Pandemie erst vorüber, wenn genügend Impfstoff da ist. Die Inzidenzzahlen gilt nun als der neue Hammer. Egal ob die Todesfälle sinken, die ohnehin immer zu hoch sind, weil ja auch die Fälle mitgezählt werden, die den Virus hatten, aber nicht daran gestorben sind, die Inzidenz ist nun das Maß aller Dinge. Das sie natürlich steigt, wenn die Zahl der Testungen sich erhöht, ist eigentlich klar. Aber scheiß' drauf, auch wenn die nicht so regierungstreuen Virologen sagen, dass die Virusmutationen an sich nicht gefährlich sind, eben nur ansteckender, auch diese Meinung ist nicht maßgebend. Keine Zahl wird in Relation gesetzt, vergleichbar gemacht. Wenn jeden Tag in Deutschland über 2000 Menschen über 65 sterben und zur Zeit nur etwas über 60 Menschen mit oder an Corona, zeigt das nicht die deutliche Überbewertung der sogenannten Pandemie?  Zumal die Zahl der Menschen, die wegen der Corona-Maßnahmen sterben (Suizide, verschleppte Krankheiten), nirgendwo steht. Das ist auch gut so, weil die Veröffentlichung der Todeszahlen ein perverses Mittel zur Aufrechterhaltung des Angstniveaus in der Bevölkerung ist und sonst nichts.

Die Unverschämtheit der Politiker ist auch deswegen so groß, weil tatsächlich Menschen wegen fehlendem Impfstoff sterben. Die Ursache dafür liegt nicht nur in der EU, sondern in der Abhängigkeit der deutschen Politik von Brüssel. Dazu kommt die Unbelehrbarkeit, anstatt einfach Impfstoff für Deutschland separat zu bestellen, wartet man weiter. Und sogar die Produktion des Biontech-Impfstoffs in Marburg ließ man sich erst noch von der EU genehmigen, ein weiterer Zeitverlust. Aus politischen Gründen sterben oder erkranken mehr Menschen in Deutschland, als nötig wäre. Stattdessen verkauft man uns weitere Lockdowns als notwendig und verpulvert fleißig Steuergelder. Belüftung, Digitalisierung, anständige Bezahlung von Pflegekräften, Einstellung von Personal, alles kein Thema.

Stattdessen Bereicherung an der Beschaffung jedweden Materials und Verdummung der Bevölkerung sowie Diffamierung und Unterdrückung von Kritikern. Mit Demokratie hat das nichts mehr zu tun. Die Wahl haben wir erst im September, leider.


Donnerstag, 18. März 2021

Wissen schafft.

 Jahrelang war die Untätigkeit vieler Politiker ein negativer Kritikpunkt. Nun wird es offenbar, das wenn sie agieren, alles noch schlimmer wird. Es ist nicht nur die Coronakrise, die offenbart, wie unfähig die Regierenden sind, es ist auch der Klimawandel. Letzterer wird uns noch deutlich mehr beschäftigen als eine einzelne Viruserkrankung. In beiden Fällen ist nur eines sicher. es gibt eine riesige Umverteilung des Einkommens von der Masse der Geringverdiener und des Mittelstandes an wenige Konzerne, die als Profiteure der Krise gelten dürfen. Im Fall Corona werden Milliardensummen verpulvert, um die ständigen Dauerlockdowns zu finanzieren. 

Und in beiden Fällen ist eines klar: die Wissenschaft ist zwar käuflich, aber sie weiß erschreckend wenig über die Ansteckungswege bei Viruserkrankungen und noch weniger über die Ursachen der Klimaerwärmung. Ist er wirklich allein von Menschen gemacht? Gibt es überhaupt eine Möglichkeit, durch Genemaßnahmen eine Umkehrung zu erreichen. Obwohl das nur behauptet wird, erhält die Autoindustrie Subventionen für Elektroautos, die wohl kaum der Weisheit letzter Schluss sein kann. Dafür kratzen Kinderhände die "Seltenen Erden" buchstäblich aus derselben und die Entsorgung der Akkus wird vermutlich auch in der sogenannten "Dritten Welt" erfolgen. Dorthin liefern wir bereits heute unseren Plastikmüll und den Elektroschrott. Obwohl die Infrastuktur für Elekroautos in den Kinderschuhen steckt, zahlen die Autofahrer bereits eine CO²-Abgabe, wenn sie tanken. Als ob sie dadurch zum Kauf von Elektroautos gezwungen werden sollen. Diese Abgabe ist nichts weiter als eine Steuererhöhung. Sollte jemals die Infrastruktur für Elektroautos aufgebaut worden sein, so wird sie vermutlich bereits überflüssig sein. Mal ganz davon abgesehen, dass allein der Reifenabrieb durch das Thema Feinstaub weiterhin umwelt- und gesundheitsschädlich bleiben wird. Auch die Elektrobikerei trägt in verstärkten Maße dazu bei. Höhere Geschwindigkeiten und dickere Reifen erhöhen den Feinstaubabrieb eher. Aber das Thema Feinstaub ist ja verschwunden in den Medien und auch sonst wo. Das durch diesen Menschen sterben, das steht nirgendwo. Wir haben ja Corona.

Die Vollkaskomentalität der modernen Gesellschaft trägt dazu bei, auch diesen Virus komplett besiegen zu wollen. De facto tragen die Hygienemaßnahmen erheblich dazu bei, dass wieder mehr Plastikmüll produziert wird und die Umweltverschmutzung nimmt ebenfalls durch weg geworfene Utensilien zu. Man darf gespannt sein, wann auch die Meeresfische Maske tragen. Aber das zählt nicht mehr, ebenso wenig wie das Leid der Menschen, die durch die Corona-Maßnahmen geschädigt werden oder sogar sterben. Nur der an und mit Corona Verstorbene zählt, Er ist ein Premiumtoter, auch wenn er sich für diesen Titel nichts mehr kaufen kann. Während Unternehmen wie Lufthansa und Tuifly mit Unsummen unterstützt werden, bleiben die Hilfen für den Mittelstand oft aus, werden Menschen arbeitslos. Unser Finanzminister, der bezeichnender Weise von der SPD kommt, hat daher auch keine Skrupel, einen Kredit nach dem anderen aufzunehmen, der in der Zukunft bezahlt werden muss. Man muss kein Prophet sein, um vorher zu sehen, dass dieses Geld von den immer weniger werden Menschen genommen werden wird, die in Arbeit und Brot stehen. Und auch die Rentner können sich die Hoffnung auf einen geregelten Inflationsausgleich abschminken. Und das alles, liebe Kinder, wird uns erst nach der Bundestagswahl präsentiert werden. Bis dahin sind wir ja auch vielleicht mal so weit durch geimpft, dass der Dauerlockdown mal aufhören könnte. Aber wer weiß, gewöhnen sich unsere Politiker an das Durchregieren, können sie vielleicht gar nicht mehr davon lassen. Einen neuen Sprech im Umgang mit den Bürgern haben sie sich schon angewöhnt. 

Auf die Betrugsfälle der letzten Zeit im Zusammenhang mit Materialbeschaffungen jeglicher Art hier einzugehen, das ist zwecklos. Nur die Spitze des Eisbergs dürfte bekannt sein. Wer darauf wartet, das Gelder in die Digitalisierung der Schulen gesteckt werden oder dort moderne Lüftungssysteme installiert werden, der wartet auch auf Godot. Und natürlich werden Pflegekräfte auch in Zukunft nicht besser bezahlt. Weder wird das Rentensystem wirksam reformiert, noch das Gesundheitswesen vom unsinnigen Zwang, Profit erwirtschaften zu müssen, befreit. Für solche grundlegenden Aufgaben des Staates fehlt es an Willen und außerdem bekämpft die Politik weiterhin erfolglos Corona, Impfstoff fehlt, weil die europäische Idee so wichtig ist. Wichtig genug auch, um den Sparer weiterhin eine Nullzinspolitik zuzumuten, die ihn auch bezüglich seiner Rücklagen sukzessive enteignet.     

Das alles kann Politik, nur eben nichts, wovon der geneigte Wähler etwas hat. Die Medien verbreiten weiter Angst vor Corona und das Heer der Virologen, Epidemiologen und sonstiger Experten wächst und regiert. So hält man den Bodensatz der gläubigen Menschen bei der Stange. Irrationales kommt eben immer gut an.     

Mittwoch, 24. Februar 2021

Abgekanzelt und geschützt

 Die Frage stellt sich: wann werden wir endlich wieder einen Bundeskanzler haben, der sich nicht allein von der Wissenschaft treiben lässt? Der das Ganze im Blick hat und im Interesse aller Bevölkerungsgruppen handelt? Der agiert und nicht reagiert?

Das scheint momentan in weiter Ferne. Trotz wachsender Kritik an den Corona Maßnahmen stellen sich die Truppen, die für eine weitere restriktive Behandlung der Bevölkerung eintreten, zum Kampf bereit. Das RKI behauptet nun, dass der größte Anteil der über 15jährigen Bevölkerung von schweren Verläufen bedroht ist. Eine dritte Welle wird vielfach herbei geredet. Unterstützt wird dies von dem Teil der Bevölkerung, der im wesentlichen nicht mehr aktiv am Leben teilnimmt und dem auch materiell keine Nachteile entstehen. Dazu kommt, dass die Folgen der jetzigen Politik erst nach der Bundestagswahl erkennbar werden. Schon jetzt müssen Rentner dieses Jahr, unabhängig von der Höhe ihrer Rente, auf eine Rentenerhöhung verzichten. Die Krankenkassen werden ihr Beiträge erhöhen müssen. Doch das ist erst der Anfang. Viele Insolvenzen werden zur Zeit verschleppt. Das geht nicht ewig. Der Staat kann die wirtschaftlichen Schäden nicht in vollem Umfang ersetzen. Er gibt aber dennoch viel Geld aus und das kann eine Inflation fördern. Wenn er wenigstens die Profiteure der Krise, oft die großen ausländischen Konzerne wie Amazon, endlich besteuern würde, das könnte helfen, manches finanzielle Loch zu stopfen. Leider wird das ebenso wenig passieren wie eine Vermögensabgabe für Reiche kommen wird. Zahlen werden die jetzigen Geldverschwendungen unsere Nachkommen und natürlich alle Manschen, von denen es ohne großen Widerstand genommen werden kann. Das sind die Menschen, die sich in unselbstständigen Arbeitsverhältnissen befinden und natürlich die Rentner. Auch das Selbstständige und Beamte in die Rentenkasse einzahlen werden, auch das bleibt ein Märchen. Nichts kann und will die Regierung. Die Bundesregierung gibt vor, uns schützen zu wollen. Doch das, was sie bisher getan hat, erinnert eher an eine Schutzhaft, die ja in Deutschland eine lange Tradition hat. Ach ja und der Datenschutz, der ist ja auch so eine scheinheilige Kuh hierzulande. Das Datenschutzgesetz hat dazu geführt, dass man beim Aufruf jedweder Internetseite dazu aufgefordert wird, die Einstellungen zu prüfen. Das entfällt natürlich sehr oft, viele Menschen sind mit einer solchen Prüfung überfordert und akzeptieren daher alles. Ungefähr das Gegenteil von dem wird erreicht, was die Datenschützer im Sinne haben.

Aber Deutschland will ja perfekt sein. Wir haben zwar an vielen Ecken die Manpower eingespart, die jetzt an allen Ecken und Kanten fehlt (Behörden, Krankenhäuser, Pflegepersonal). Aber dennoch bauen wir große Impfzentren, während in anderen Ländern quasi auf der Straße geimpft wird. Hauptsache viel Aufwand und der Anschein, dass wir es am besten im Griff haben. Kostet ja alles nix. Leider fehlt nun in ganz EU-Europa der Impfstoff. Weil wir es der EU mit unseren Spitzenkraft von der Leyen überlassen haben, den Impfstoff zu bestellen. Die Dame spricht perfekt englisch und hat die Haare schön. Auch hier wieder der Gedanke, Musterschüler der EU sein zu wollen, der über dem Gedanke steht, der Bevölkerung möglichst schnell zu helfen. Schutz und Einsperren, das ist eben eine gute deutsche Tradition, auch wenn die Idee, ein Virus zu bekämpfen, indem man alle Menschen einsperrt, sich nicht nach einem wissenschaftlichen Ansatz anhört.    

Samstag, 20. Februar 2021

MyLife 1993 - 1998

 Verluste

Meine Berufstätigkeit verlangte weiterhin viel von mir. Die Anerkennung, die ich mir so sehr wünschte, erreichte ich nur partiell. Mit der Ernennung eines Abteilungsleiters für den Bereich Satz neigte die Waage endgültig in Richtung meines Kollegen in der Kursredaktion. Zwar wurde mir wieder einmal der Posten eines Gruppenleiters angeboten, doch ging ich darauf nicht ein, weil ich genau wusste, dass ich dafür keine Unterstützung aus dem Haus gehabt hätte und dass es wahrscheinlich sowieso nicht gemacht würde. 

Mein Bruder hatte unterdessen wieder einmal geschlagen, dieses Mal eine Frau und es kam zu einer Gerichtsverhandlung in Kassel. Für die Dauer der Verhandlung war er zeitweilig sogar in der JVA Wehlheiden untergebracht. Es gab wieder einen gerichtlichen Beschluss, der für ihn die Verlegung zurück nach Gießen bedeutete. Mein Verhältnis zu ihm war schwierig. Sobald ich etwas sagte, was ihm missfiel, schrie er, einmal hieb er mit der Faust auf den Tisch. Ich erschreckte mich ziemlich. Immer wieder gab es Anforderungen materieller Art, die insbesondere von der Mutter geschürt wurden. Mich belastete das sehr, im Grunde hatte ich vor meinem eigenen Bruder Angst. Mutter ging es schlecht, sie ging kaum noch aus dem Haus. Ihre Beine waren dünn und verbunden. Ihre Medikamente mussten von Vater besorgt werden. Vater wirkte aufgrund der Entwicklungen moderater mir gegenüber. Das Mietshaus der elterlichen Wohnung war von der Neuen Heimat modernisiert worden (u.a. Sprechanlage). 

Zu meiner Unterhaltung spielte ich viel am 286er PC, oft zog mich Tetris in den Bann. Unser Vermieter begann, das Haus zu dämmen, das brachte uns eine Mieterhöhung auf fast 1000,- DM (inkl. Nebenkosten) ein. Immerhin konnte ich unseren roten Kastenpolo (so nannte ich ihn) privat zu einem vernünftigen Preis verkaufen. Das Auto war von Anfang an ein Fehlkauf, da es aufgrund der fehlenden Servolenkung als Zweitwagen viel zu schwergängig für Ruth war. Zudem wurden, wenn es an der Straße stand, auch mal an den Radventilen manipuliert. Das Auto hatte sich auch der Aufmerksamkeit einer neuen Kollegin erfreut. Manchmal fuhr ich damit an die Arbeit im Bahnhofsviertel. Da Parkplätze im Frankfurter Bahnhofsviertel rar sind, musste ich öfter auch welche mit Parkuhr nehmen und die musste regelmäßig mit Geld versorgt werden. Damit ich nicht hinlaufen musste, ging sie hin um nachzuzahlen. Dafür bekam sie später ein Fahrrad von mir. Es war mein erstes, ein Garelli-Rad mit relativ dünnen Reifen, fast ein Rennrad. Mir war das mit der Zeit zu sportlich. 

Aus Lemgo kamen 1993 keine guten Nachrichten. Eine Cousine meiner Frau war an Leukämie erkrankt und das mit kleinen Kindern. Die Verwandtschaft bat nun um Hilfe mit einer Knochenmarkspende. Dafür musste man sich testen lassen. Man sollte verschiedene Antworten ankreuzen, die letzte lautete: "Ich will nicht helfen." Ruth ließ sich ärztlich beraten, der Arzt fand die Formulierungen auch happig, riet ihr aber von einer Knochenmarkspende ab. Das mussten wir also mitteilen. Der Gesundheitszustand meines Schwiegervaters hatte sich indes auch verschlechtert. Da wir bei unseren Besuchen stets mit Essen bewirtet wurden und dafür nichts bezahlten, war die Stimmung gereizt. Unsere Hotelkosten blieben dabei unberücksichtigt. Es legte sich aber alles wieder, wir luden die Schwiegermutter zu uns ein und auch mein Schwager mit Freundin besuchte uns. Das Treffen verlief harmonisch.

Weniger Glück hatten wir mit unseren Urlaubshotels. In Livigno schrieb ich: "Wir stellten heute fest, dass unser Hotel das teuerste im ganzen Ort ist. Unsere Flurlampe wurde heute erneuert. Nachdem ich das zum x-ten Male reklamiert hatte und einem der Angestellten zeigen musste, was ich mit Flurlampe meine, drehten die auf unserer Etage einfach eine Birne raus und setzten sie bei uns ein." Auch in Pietrasanta, wo wir das Hotel Mistral gebucht hatten, dass wir schon 1981 wählten, mussten wir das Hotel wechseln. Mit Glück bekamen wir ein kleines Zimmer im renovierten Teil eines anderen Hotels mit Strandblick. Wir waren dorthin noch einmal mit dem Auto gefahren und realisierten auch einen erneuten Trip nach Elba. 

In der Firma tat sich einiges. Zwei Geschäftsführer verabschiedeten sich in den Ruhestand. Von vieren blieben also nur noch zwei übrig. Auch ein verdienter Mitarbeiter der Wertpapier-Mitteilungen, Godfather der sogenannten Gattungsdatei, die den Aufbau der Datenbank beschrieb, beendete seine Berufstätigkeit. Und es wurde ein Verlagsleiter eingestellt, der zukünftig Chef unserer Abteilung werden würde. Mittlerweile gab es auch ein Stechuhr und die Gleitzeit, was vieles erleichterte.

Mutter hatte manchmal klare Momente, wo sie auch freimütig über ihre eigene Familiengeschichte berichtete. "Mein Großvater, Gerhard Keßler, wurde im Juli 1903 geboren. Er hatte einen Bruder namens Heinz Keßler, der in Hamburg als Arzt lebte und eine Schwester. Sein Vater war ein Oberlehrer. Die Mutter stammte aus besseren Verhältnissen. Die Familie musste erst die Schulden des Gerhard Keßler bezahlen, damit er meine Großmutter heiratet, die bereits im dritten Monat schwanger war." (Gerhard Keßler hatte Spielschulden.) "Mit der Familie ist die der Hilde Keßler, meiner Oma (heute 82) gemeint. Sie ist eine geborene Amende. Sie hat ihrerseits drei Brüder, von denen einer in Stalingrad gefallen ist. Ein anderer starb an Krebs." Mutter konnte allerdings die Sticheleien gegen Ruth nie ganz lassen. Während ich ich mich bei einem Besuch in Kassel mit meinem Vater ganz gut verstand, ihm meine neue Video 8-Kamera erklärte und er sogar ein bisschen damit die Wohnung abfilmte, rief sie dann, als wir wieder zuhause waren, an und behauptete, Ruth habe geweint. Das entsprach natürlich nicht den Tatsachen. 

Unsere 40. Geburtstage standen an. Ruth sollte eigentlich Besuch aus Lemgo bekommen, der aber kurzfristig abgesagt wurde. Dazu kam dann noch eine merkwürdige "Danksagung" seitens der Verwandtschaft, weil Ruth sich nicht zu einer Knochenmarkspende bereit erklärt hatte. Ein für später avisierter Ersatzbesuch der Eltern und des Schwagers wurde dann unsererseits abgesagt. Ruth wechselte wieder einmal die Stelle, von einer Anwaltskanzlei in die nächste. Wir kauften erneut einen Zweitwagen, dieses Mal einen Fiat Punto. Das Thema Eigentum ließ uns nicht los. Wir besichtigten immer wieder Wohnungen.

In der Firma wurde ich in sachlich fachlichen Fragen immer wieder gebraucht. Ansonsten geriet ich fast immer wieder zwischen verschiedene Fronten, die ich mir nicht aussuchen konnte. Es war Politik des Hauses, jeden Mitarbeiter nach Belieben mit jeder Arbeit zu betrauen, ohne das Kompetenzen geregelt waren. Das sorgte immer wieder für Unsicherheiten und brachte kollegiale Zwistigkeiten. Zum 31.3.1994 erhielt die Investmenttabelle durch die Einführung einer Berechnung des Zwischengewinns neue Bedeutung. Die Anzahl der Investmentfonds stieg durch die Veröffentlichungspflicht nochmals stark an. Dokumentation und Information darüber gehörte zu meinen Aufgaben. Die Broschüre "Was steht wo im Kursteil" gehörte nun auch zu meinem Metier.

Am 17.4.1994 starb meine Großmutter. Sie war in ihrer letzten Zeit sehr verwirrt. Es begann das unwürdige Schauspiel um einen Fernseher, denn ich aus Mainz abholen und meiner Mutter bringen sollte. Nach einigem Hin und Her erwartete mich der jüngste Sohn meiner Großmutter, mein Onkel Michael in seiner elterlichen Wohnung in der Mainzer Leibnizstraße. Neben dem Fernseher nahmen wir noch etwas Geschirr mit. Den Rest hatte wohl Michael aufzulösen. Im seinem Auto (einem roten Kadett) saß neben seiner zweijährigen Tochter noch seine damalige Freundin, die wir aber nicht mit der Mutter des Kindes in Verbindung bringen konnten. Auf der Rückfahrt nach Frankfurt musste ich entnervt das Steuer abgeben. Da mein Schwiegervater Geburtstag hatte, konnten wir Sachen auf einem Zwischenstopp in Kassel gleich abgeben. Über Lemgo schrieb ich: "Ich beneide die Leute in der Provinz, die ohne umgerannt zu werden, in die Stadt gehen können." 

Wir realisierten einen lange gehegten Wunsch und reisten mit dem Bus zum Nordkap. Die obere Etage des Doppeldeckerbusses bot nicht genug Höhe, um aufrecht stehen zu können. Da meldete sich die Platzangst bei mir. Aber: mit gegangen, mit gefangen. Wir schifften nach der Ankunft in Kiel für eine Nachtüberfahrt nach Göteborg ein. Erster Stopp war Gävle in Schweden. Hotel miserabel und Weiterfahrt nach Sundsvall, wo uns eine der besseren Übernachtungen erwartetet. Sundsvall merkte ich mehr als sehenswertes Städtchen. Skelleftea war unser Ziel nach Überschreiten des Polarkreises Bei Rovaniemi. Das Polarzeugnis bekamen wir vier Kilometer südlich vom Polarkreis, was ebenso wenig ausmacht wie die Tatsache, dass das Nordkap gar nicht auf dem Festland liegt, sondern auf einer Insel, die nicht nördlichste Europas ist. In Sodanklyä waren wir in Finnland. Das war verbunden mit gutem Kaffee und leider etlichen Moskitostichen. Zwei quälten mich besonders, einer am Haaransatz und einer am Ellbogen. Hinter der norwegischen Grenze sahen wir von Schnee bedeckte Berge und keine feuchte Sumpflandschaft mehr. Abends waren wir zum Glück pünktlich im einfachen Hotel auf der "Nordkapinsel". Die Mitternachtssonne wurde natürlich um Mitternacht zelebriert, obwohl sie eigentlich die ganze Nacht scheint. Die nächtliche Sommersonne hatte uns die letzten Tage schon begleitet, wir gewöhnten uns daran. Unser fränkischer Busfahrer dagegen überzeugte immer wieder mit abgelesenen Fakten: so sei München die zweitgrößte Stadt Deutschland und Norwegen sei 800000 qkm groß (es hat eigentlich nur 385000 qkm). Das Hauptproblem war aber, dass er einen neuen Bus übernommen hatte, den er nicht gut kannte. Entsprechend fuhr er immer langsamer als nötig. Die Länge Norwegens sollten wir auf der Rückfahrt zu spüren bekommen. Über Hammerfest ging es auf dem Rückweg nach Storslett. Storjord sollte dann die nächste Etappe sein. Hier fuhr unser Fahrer einfach mal 100 km zu weit südlich, verirrte sich dann in eine schmale, abschüssige Straße, wo er kaum Wendemöglichkeiten fand. Viele der recht alten Gäste bekamen massive Absturzangst und Schnappatmung. Auf den einsamen Strecken entlang der Fjorde einen Unfall zu haben, war keine gute Vorstellung. Es gab weder Handys nach Navigationssysteme. Das Verhalten des Fahrers wurde natürlich von etlichen Gästen, typisch deutsch, verteidigt. Oslo erreichten wir schließlich über Mo i Rana, Hell, Trondheim, Gjövik und Lillehammer. In Trondheim hatten wir schon überlegt, die Reise anzubrechen und nach Hause zu fliegen, da unser Hotel am Flughafen lag. Die Nachtüberfahrt von Oslo brachte uns nach Frederikshavn und über Bad Oldesloe nach hause zurück. Filme und Bilder bleiben davon sehr eindrucksvoll zurück. Ich jedoch war in ängstlicher und nervöser Stimmung und hörte, wie Ruth bemerkte, die Grillen nicht mehr zirpen. Es stellte sich heraus, dass ich an einem Tinnitus litt. Die Behandlungen mit Infusionen, Akupunktur und der Überdrucktherapie brachten keinen nennenswerten Erfolg. Während eines Besuchs in Lemgo erlitt Ruth eine Gesichtsnervenlähmung. Gesichtsgymnastik im Heilig-Geist-Krankenhaus half ihr letztendlich. 

Meine berufliche Situation war durch meine Krankschreibung nach der Nordkap-Fahrt etwas entspannter, die Probleme blieben. Neuer Mitarbeiter in der Kursredaktion, neues Personal in der Datenerfassung für die Investmentfondspreiseingabe. Folglich suchte ich nach beruflichen Alternativen. auch in Lemgo, allerdings ohne Erfolg. 

Einen kleinen Erfolg hatte ich mit meinen Gedichten. Der Autorenverlag im Weserhof veröffentlichte in einem Sammelband mehrere Gedichte und Texte von mir. Ich musste lediglich die Belegexemplare bezahlen. "Das Boot", "Königin", "Mann nehme", "Rubbish" und "Heißer Stein" hatten es aus meinem Buch "Melancholie unter Palmen" in den Sammelband "Unser Bestes" geschafft.

Was behielt ich von 1994 zurück: das Ohrensausen und eine neue Küche, die erst nach mehreren Besuchen von Handwerkern komplett war. Wir verschönerten unsere Mietwohnung auf unsere Kosten und ließen die Küche zusätzlich fließen. Auch investierten wir in einen BMW 318i für 48.000 DM. Das gelang uns erst, nachdem wir den freundlichen Verkäufer überzeugen konnten, dass auch wir den 10%igen Rabatt verdient hätten, den sonst nur Mitarbeiter der Rechtsanwaltskanzlei bekamen, in der Ruth tätig war. Zwischenzeitlich war auch mein Bart ab. Irgendwie wollte ich mich jünger machen. Mich quälte der Gedanke an den 40. Geburtstag, schließlich hatte ich früher schon gedacht, dass ich im Jahr 2000 45 und damit schon sehr alt wäre. Sexuell suchte ich nach Auswegen aus meiner Monogamie, ohne dass es fruchtete. Der Gedanke an Nachwuchs war nun sehr stark in mir. 

Von den Damen in der Investmentpreiserfassung wurde ich mal angezogen, mal abgestoßen. Eine Frau Polesnik meinte immer "Bitt' scheen, i bitt' Sie, wir können doch über ols reden." Zu deutsch, zu sagen haben sie mir nichts. Die dienstältere Frau Mosebach dagegen meinte: "Sie haben mir gar nichts zu sagen." Darin jedenfalls waren sich die Damen einig. Bewerbungen meinerseits im Bankengewerbe scheiterten immer an meinem Ausbildungsberuf  "Buchhändler" und wenn es zu einem Gespräch kam, dann war ich meist nach Schilderung meines Arbeitsplatzes zu überqualifiziert. Die Eindimensionalität im Bankenwesen gefiel mir allerdings auch oft nicht. Der Zirkus ging also in der Börsen-Zeitung weiter.

In die Tinnitusklinik ging ich nicht, obwohl eine Auszeit vielleicht gut gewesen wäre. Aber im nachhinein bin ich dankbar, es genauso wenig getan zu haben wie mir Cortison geben zu lassen. Das Ohrensausen wurde mir zum Betriebsgeräusch. Wenn ich es nicht mehr höre, dann bin ich bestenfalls schlafend. 

"Herr E. erklärt, dass er Ende 1996 ausscheiden wird. Ich soll die Nachricht für mich behalten. Wahrscheinlich wüssten es sowieso schon alle."

Schwiegervater feierte seinen 80. Geburtstag: 

"Achtzig Jahr, selten wahr, Gesichter wachen, ihm ist nicht zum Lachen."

Mutter wurde immer dünner, isst nicht mehr wegen fehlender Zähne. 

Unseren Zweitwagen hatten wir nun nach kurzer zeit wieder verkauft an einen Zahnarzt aus Fechenheim. Nachdem wir uns eigentlich handelseinig waren, wollte er letztlich den Wagen nicht abnehmen, obwohl wir ihn wunschgemäß gewaschen hatten. Ich musste erst zu einem Anwalt gehen, den Dr. Volze in Frankfurt, dem ehemaligen Anwalt des Lang Verlags. Für ihn hatte ich während der Zeit im Verlag ein Buch produziert und er war mit mir zufrieden gewesen. Er forderte den Herrn Doktor nun auf, den Wagen innerhalb einer gesetzten Frist abzunehmen. Da erschien der Herr Doktor dann an einem Freitagabend mit einem Zeugen. 17000,- DM zahlte ich danach auf der Post ein.  

Meinen 40. Geburtstag verbrachte ich in einem kleinen Hotel direkt in Kaltern am See. Meine Schwägerin war dabei. Insbesondere geschah dies auch deshalb, weil die von mir ausgesprochene Einladung anlässlich meines Jubeltages, die ich an Ruths Familie in Lemgo gerichtet hatte, ohne Reaktion blieb. Ich erhielt noch nicht einmal eine Antwort. Die Berge zogen uns weiterhin an. Auch die Gegend um Ellmau wurde uns zum Ziel. Unser neues Auto ramponierten wir uns bei einem weiteren Urlaub in Kaltern. Die Auffahrt zur Ferienwohnung erwies sich für unser Sportfahrwerk am BMW als ungünstig. Zum Glück erwies es sich als Schramme am Unterboden. 

Mit dem stückweisen Rückzug des Geschäftsführers Herr E. wendete ich mich mehr und mehr von den betrieblichen Vorgängen ab. Ich verstand mich gut mit Zena, einer polnischen Programmiererin und mit José, zu dem ich immer mit Änderungswünschen kommen konnte. In Sitzungen meinte José oft: wir machen es "quick und dirty". Das gefiel mir. Mit der Satzabteilung gab es dagegen immer Probleme. Die Unterstützung der Technik hatte sich bereits mein Kollege in der Abteilung gesichert. Der Abteilungsleiter imponierte ihm mächtig.  

Ich dagegen versuchte nun mein Leben dichterisch zu verarbeiten. Das gelang auch in meinen eigenen Augen mal besser, mal schlechter. Wo wir konnten, spielten wir Tennis. Das war immer dann mühselig, wenn wir es ohne Trainer versuchten. Wenn ich mit meiner Mutter telefonierte, musste ich regelmäßig gähnen. Ich wusste selbst nicht warum. Mir brachte das immer die Frage ein: "Bist du müde, Junge?". Das war meistens nicht der Fall. Die Idee, damit in eine Talkshow zu gehen, kam auf, als bei Frau Schreinemakers in der Sendung das Thema "Gähnen" behandelt wurde. Nachdem wir eine Einladung bekommen hatten, fuhren wir auf Kosten von RTL mit dem Zug nach Köln. Shuttleservice, Hotel und Verpflegung vor Ort, alles war im Preis drin. Nur zum Auftritt kam es nicht, denn Margarete verbiss sich in das Thema "Rinderwahn". Der Beitrag und die Diskussionen zogen sich endlos hin. So fuhren wir unverrichteter Dinge ins Hotel "Wasserturm" zurück und genossen die komfortable Unterbringung. Dummerweise hatte ich Mutter unterrichtet und die wiederum die Verwandtschaft alarmiert. Erklärungsbedarf, die Sendung sollte dann im November 1995 nachgeholt werden, fiel aber auch ins Wasser. Mir blieb eine Flasche Schreinemakers-Sekt und ein Scheck über 500,- DM Honorar.

"Möglicherweise letztmalig erlebten wir gestern den Besuch meines Schwiegervaters bei uns. Mein  Schwager kam mit seiner Freundin und den Schwiegereltern gegen halb elf morgens aus Leese an." Da auch meine Schwägerin gekommen war, saßen wir mit sieben Personen auf unserem Balkon und aßen eingelegte Hähnchenfilets und tranken dazu einen Pinot Grigio, den wir aus unserem letzten Kaltern-Urlaub mitgebracht hatte. Unser neues Bad wurde ebenso besichtigt wir die Wohnung meiner Schwägerin in Frankfurt-Ginnheim. Als sie kamen, saß ich vor dem Fernseher und sah irgendeinen sinnlosen Piratenfilm. Mein Schwiegervater setzte sich auch gleich auf die Couch. Er war der Einzige der Familie, der regelmäßig nach meiner Familie fragte und der uns ab und zu einen kleinen Zuschuss zu unseren Hotelübernachtungskosten zu steckte, da wir im Fachwerkhaus der Schwiegereltern nicht mehr übernachteten. Wir hatten einen gemeinsamen Nenner. Er verstand meine Einsamkeit. Er selbst war als junger Mann schon allein in Deutschland unterwegs gewesen, hatte im ostpreußischen Schwirgstein einen Hof seiner Mutter bewirtschaftet (sein Vater war früh auf Zeche verunglückt) und den Russlandkrieg mit Geschick und Glück nicht ohne Verletzungen überlebt. Einzig in der Frage, ob der Krieg gegen Russland zu gewinnen gewesen wäre, waren wir uneinig. Er glaubte, ohne die Materiallieferungen der Amerikaner, hätten sie gewonnen, denn "Der Russe hatte ja nichts".  Im Nachgang zum damaligen Tagesbesuch schrieb ich:

"Der alte Mann sprach, 
es war wohl das letzte Mal,
das ich hier war.
Gemach,gemach,
hast noch Zeit,
es ist noch nicht soweit,
meint da der Sensenmann.
Er lächelt und der Alte
            geht zitternd davon."      

Unseren nächsten Tennisurlaub in Strobl am Wolfgangsee buchte ich per Email, was einiges an Aufsehen erregte. Das taten zu der Zeit nur Japaner oder Amerikaner.     

Das Jahr 1997 brachte unangenehme Gewissheiten. Nach dem Ausscheiden von Herr E. wurde ein Unternehmensberater damit beauftragt unsere Abläufe zu analysieren. Den Namen Wippermann kannte ich bis dato nur aus Lemgo. Dort gab es einmal eine Schnapsbrennerei gleichen Namens. Das er auch vorübergehend unser Vorgesetzter war, bekam mir nicht sonderlich gut. Es führte nicht nur dazu, dass ich mich erneut einer Magenspiegelung unterziehen musste (ich litt schon länger unter dem Reflux-Syndrom), sondern dass ich darüber nach dachte die Abteilung zu verlassen. Ich sollte aus der Projektarbeit herausgezogen werden. Mein Kollege, der ja insgesamt schon länger als ich in der Abteilung tätig war, sollte das übernehmen. 
"..dadurch reduziert sich meine Tätigkeit auf eine reine Durchführung und Überwachung des Datenflusses WM-BZ sowie auf die Vertretung meines Kollegen, Herrn B.. Nach der vollständigen Automation der Datenübertragung fällt für mich in Zukunft keine Projektarbeit mehr an."
Aus dem Veränderungswunsch wurde nichts, da ich selbst zurück zog. Ich wusste genau, dass meine Spielräume in einer WM-Fachabteilung noch viel enger werden würden. Die Investmentpreiserfassung sollte aufgrund vieler Querelen ebenfalls eine verantwortliche Person bekommen. Mir gingen viele Damen auch nachts in meinen Träumen noch durch den Kopf. Real ließ mich die österreichische Kollegin Polesnik wissen, dass es schade sei, dass bei mir nichts weiter gehe. Auf diese Information hätte ich gern verzichtet. Und da war noch der aufsteigende Stern am Investmentfondshimmel, eine gewisse Tatjana, mit der ich ab und zu essen ging. Sie war eine kleine, blond gefärbte Person und wir verstanden uns ganz gut. Einmal saßen wir zusammen auf einer Parkbank auf dem Westendplatz. Sie fragte mich, ob ich nervös sei. Sie trug ein kurzes, schwingendes Kleidchen, natürlich konnte Mann da nervös werden. Ich blieb natürlich cool, äußerlich. Es war aber kein Wunder, dass die anderen Frauen der Abteilung hinter unserem Rücken tuschelten. Das, so belehrte mich mein neuer Chef, machen Frauen nun mal so. 

Während ich mich in Liebesgedichten erging und Träumereien aller Art ausbadete, starb mein Schwiegervater am 30.8.1997 an seiner Parkinsonerkrankung. Es war der Hochzeitstag der Schwiegereltern. Zum Schluss war er nicht mehr bewegungsfähig. Die Pflege während seiner letzten Zeit lag in den Händen meiner Schwiegermutter. Um mir zu verdeutlichen, wie schwer sie es hatte, sollte ich ihr einmal helfen, ihn aus den liegenden Position aufzurichten. Sie war schon etwas verzweifelt, es ist sehr schwer. Auch wenn der Mensch gar nicht so viel wiegt, einen steifen Körper zu bewegen, das erfordert viel Kraft. Bis wir in Lemgo ankamen, war schon alles geregelt. Eine Halbschwester, mit der sie den meisten Kontakt hatte, unterstützte sie. Er sollte eingeäschert werden. Irrtümlicherweise glaubten wir, das wäre nicht sein Wille gewesen. Die Töchter wurden in den Ablauf allerdings auch nicht eingebunden. Auch stand es nach dem Trauerfeier im Raum, dass nun ein Erbfall eingetreten wäre. Diese Diskussion kam für uns zu früh. Nun war also der zweite Gast unserer Hochzeit verstorben, denn auch Ruths Cousine hatte ihre Leukämie nicht überlebt. Das lag allerdings schon länger zurück. 

Ich fing in diesem Jahr an, eine eigene Homepage ins Internet zu stellen. Anfangs gab es sogar noch ein positives Feedback aus dem Netz. Das sollte sich nicht mehr oft wiederholen.  


Das Bild zeigt den Stand aus dem Jahr 2000

Das Weihnachtsfest 1997 verbrachten wir in Fieberbrunn, also in einer Gegend, die wir schon kannten. Letztlich waren wir aber auch da froh, als wir noch im alten Jahr nach hause fahren konnten. Unsere Urlaubsreise ging aber weiter: Thüringen statteten wir im Mai 98 einen Besuch ab. Weimar, Erfurt und Eisenach waren unsere Stationen. "Die Thüringer sind keine lauten Leute, eher zurückhaltend, manchmal muffelig besonders in Supermärkten, im Dienstleistungsbereich freundlich und auskunftsfreudig." So war mein Fazit damals. Meinen Geburtstag verbrachte ich in Portugal an der Algarve. Leider war unser gebuchtes Hotel überbucht und wieder einmal mussten wir mit einem Ersatzhotel vorlieb nehmen. Eine malerische Fahrt im Bus brachte uns an meinem Geburtstag nach Lissabon. Pinienwälder, Korkeichen, Eukalyptus- und Mandelbäume säumten oft den Weg, der uns über das Monchique-Gebirge führte. "Lissabon ist chaotisch, es gibt nur Sitz-Cafés ohne Toiletten. Letztlich landeten wir wieder bei McDonalds, kurz bevor dort die Toiletten wegen Überlastung geschlossen wurden." Solcherlei Impressionen nahm ich immer gern schriftlich auf. Das Monchique-Gebirge besuchten wir noch einmal und fuhren mit dem Mietauto bis nach Monte Gordo in Spanien und auf der anderen Seite nach Sagres, dem westlichsten Punkt Europas. An den Praias fanden sich auch kleine Buchten, wo das Nacktbaden ungestört möglich war. Alles in allem ein schöner Urlaub trotz Widrigkeiten, aus dem ich sogar vom Strand aus mal zuhause anrief, um mit Mutter meine Eindrücke zu teilen. 

In der Firma spitzten sich die Gerüchte um ein Verhältnis meinerseits mit Tatjana zu. Eine der Datenerfasserinnen behauptete sogar, dass wir ein Verhältnis hätten. Das war Tatjana unangenehmer als mir. Das Ganze ging aufgrund Ihrer Beschwerde bis in die Geschäftsführung. Ein neuer Geschäftsführer Herr H. musste schlichten. Auf die Abteilung warf das kein gutes Bild. Die Respektlosigkeit der Damen war aus dem Ruder gelaufen. Tatjana verließ die Firma noch im gleichen Jahr, nicht ohne das ich ihr ein Gedicht nach schrieb. Mittlerweile war die Datenerfassung für die Investmentfondspreise den Wertpapier-Mitteilungen zugeordnet worden. Diese hatten tatsächlich spät erkannt, dass man mit der elektronischen Auslieferung der Preisdaten Geld verdienen konnte. Die Kursredaktion war nun dem Verlagsleiter, Herrn W., unterstellt. Es wartete viel Arbeit auf uns. Nicht nur die Euro-Umstellung war vorzubereiten, auch, nachdem endlich die Webpräsenz der Zeitung entstanden war, ein Informationssystem für Stammdaten und Kurse/Preise aller in der Zeitung veröffentlichten Wertpapiere sollte als Zusatznutzen für die Abonnenten der Printausgabe entstehen. Die Realisierung wurde extern vergeben. Ich hatte damit Glück, denn es zog sich wie ein roter Faden durch meine Berufstätigkeit, dass ich stets bei Kunden und Lieferanten als Ansprechpartner besser angesehen war als in der Firma, für die ich arbeitete. Mit der Geschäftsführerin und ihren Mitarbeitern verstand ich mich recht gut und so durfte ich sogar einmal nach München reisen, wo die Firma ansässig war. Im Haus selbst hatte ich durch die Konkurrenzsituation mit meinem direkten Kollegen schlechtere Karten. Lediglich beim Verlagsleiter war das etwas besser, weil der scheidende ehemalige Geschäftsführer mich ihm empfohlen hatte. Was mich nervte, waren die ständigen Sitzungen, die nun notwendig wurden. Dichterisch war das zu verarbeiten:
"ASAP sagte der Herr und das Gescherr blieb draußen.
Der Master der unlesbaren Terminpläne lächelte unwissend.
Die Indianer schwiegen und der große Boater fragte in ihre unbeirrbare Runde:
Müssen wir das umsetzen oder ist es nur: nice to have?
Der Gringo mit dem Sombrero unter ihnen murmelte:
Wir machen es quick und dirty, eh?
Es fand sich keine Schürze, um die vielen herrenlosen Fragezeichen einzufangen,
die im Raum umherschwebten.
Auch die Bewegung der aufstehenden Krieger vertrieb sie nicht.
"ASAP" bedeutete ihnen der große Häuptling,
bereit die Friedenspfeife anzuzünden, obwohl es noch keinen Krieg gegeben hatte.
Als sich die Versammlung im Rauch auflöste,
blieben die großen Terminpläne für immer,
leider hielt das Papier nicht ewig."        

Neue Mitspieler hatten die Bühne betreten. Doch während ich der Szenerie noch etwas Humoriges abgewinnen konnte, entwickelte sich in Kassel ein unumkehrbares Drama.
"Sie saugt den Hauch der Welt hinein,
        hört sich nicht mehr und sagt nie nein."
So könnte man es beschreiben. Sie war 64 Jahre alt geworden und kur danach kamen wir noch einmal auf ein Stippvisite vorbei. Seit wir einmal in meiner elterlichen Wohnung übernachtet hatten und es damit endete, dass Mutter abends vollkommen alkoholisiert und vor Wut schäumend in mein ehemaliges Kinderzimmer eindringen wollte, haben wir uns nicht mehr länger dort aufgehalten. Auch wegen des starken Tabakgeruchs in der ganzen Wohnung und ihrer ständigen Raucherei war ein längerer Aufenthalt gar nicht möglich. Sie selbst schien mir immer kleiner werdend und immer weniger an Person. Sie hustete oft verlegen, schien irgendeine Regung meinerseits zu suchen. Ich war aber selbst viel zu entsetzt über das, was ich sah. Zum Abschied drehte sie sich ab, unfähig, den Schmerz zu empfinden, es war zu viel für sie. Ich würde die Zigarette meiner Mutter nicht ausmachen, ebenso wenig wie der Vater die abendliche Weinration der Mutter verhinderte. Oft genug hatte ich mit Vater versucht, eine Basis für eine gemeinsame Hilfe zu schaffen. Doch er stand zu ihr und im Zweifel gegen mich. Bei unserem Besuch tauchte er erst gar nicht auf, hatte das Bett vorgezogen. 

Weihnachten 1998 verbrachten wir mal wieder in Adelboden im Berner Oberland. Dort war uns das Hotel Bristol noch in guter Erinnerung. Erstmals nach fünf Jahren waren wir wieder da. Am Vortag des heiligen Abends waren wir angereist und überlegten nun, wie wir den Tag verbringen wollten. Wir entschieden uns, die Dorfseilbahn zu benutzen und von der Talstation aus zum Ortsteil Boden zu gehen. Es war sehr kalt und es schneite. Das tat der weihnachtlichen Stimmung keinen Abbruch. Zu Füßen des Chuenisbärgli fanden wir eine gemütliche Einkehr in einer Holzhütte. Wir setzten uns, um etwas zu trinken. Eine ältere Frau mit ungepflegten Haaren saß allein auf einer Bank und starrte mich die ganze Zeit an. Mir wurde das allmählich unheimlich, Ruth bemerkte es nicht. Ich war froh, als wir das Lokal verlassen konnten, um zum Hotel zurück zu kehren. Das Abendessen in mehreren Gängen war vorzüglich, genauso wie der gute Rotwein. Meist gab es, wenn man am späten Nachmittag herein kam noch ein paar Häppli. Die Familie Johner war sehr gastfreundlich. Ich war mittlerweile stolzer Besitzer eines sogenannten Handys der Marke Bosch, das wollte ich aber für die paar Tage nicht anschalten. Schließlich würden wir ja auch schon am 27.12. zurück fahren. Ein paar Stunden der heiligen Nacht standen uns bevor. Draußen schneite es wieder, wir überlegten noch, ob wir in die Kirche gehen sollten, bleiben aber lieber im Hotel.

Kein neues Jahr, ein neuer Tod. Als wir zuhause von der Reise zurück kamen, fand ich auf dem Anrufbeantworter die Nachricht meines Vaters. "Deine Mutter ist tot." Diese Worte brachte er gerade noch voller Erschütterung heraus. Sie starb am 25.12. im Krankenhaus. Bereits am Heiligabend gegen 23 Uhr verlor sie das Bewusstsein. Sie hatte sich mit einem Bier ins Schlafzimmer zurück gezogen. Meinem Vater hatte sie eingebläut, er dürfe sie nicht ins Krankenhaus bringen. Ihr Herz wurde wieder belebt, aber innere Blutungen hatten das Ende besiegelt. Vater war am Heiligabend nicht ins Krankenhaus mitgefahren, hatte sich ins Bett gelegt und abgewartet. Mutter wollte eingeäschert und anonym bestattet werden.    
"Eine Trauerfeier wird es nach dem Willen meines Vaters nicht geben. Zu einem Urnenbegräbnis auf dem Westfriedhof konnte ich ihn noch überreden. Hoffentlich bleibt es dabei."

Meine mir vollkommen unbekannte Tante Ursula Klatt geb. Keßler schrieb mir am 4.1.1999:

"Deine Mutter kannte ich sehr gut, sie ist in Glauchau geboren, wie ich auch. Ich habe sie als junges Mädchen oft spazieren gefahren. Sie war ein süßes kleines Mädchen. Warum wir uns alle so aus den Augen verloren haben, ich weiß es nicht. Es ist geschehen, es tut mir heute leid, aber es ist zu spät. Ich glaube, ihr Leben war nicht leicht, denn sie hat es sich selbst nicht leicht gemacht." 

Das Lachen der Rosi war erloschen. 

      

 

 

 

      

     



Dienstag, 2. Februar 2021

MyLife 1989 - 1992

Das Leben ist wie eine Triebfeder, die sich bis zum Ende immer wieder selbst neue Energie gibt.

Das Jahr 1989 begann in der Kursredaktion der Börsen-Zeitung. Diese Zeit endete allerdings bereits Ende Januar. Es folgte ein Stressdurchlauf verschiedener Abteilungen der Wertpapier-Mitteilungen. 

Meine Probezeit wurde verlängert. Nicht nur, dass ich die geforderte Gehaltserhöhung bekam, sondern es wurde diese auch vor allem in Hinblick auf meine engagierte Einarbeitung und in Anerkennu8ng meiner guten Leistungen gewährt, wie es in einem Brief hieß, den mir der Geschäftsführer, Herr E., persönlich übergab. Ein ganz anderer Ton also, als der den ich ein Jahr zuvor zu hören bzw. zu lesen bekam. Es geisterten allerdings Gerüchte in der Abteilung herum, die eine Assistenz meinerseits mit gewissen Prüfungsfunktionen beinhalteten. Dabei hatte ich noch am Anfang meiner Eingabetätigkeiten unter Augenflimmern gelitten. Ich musste mich erst an die blau und grüne Schrift auf den Bildschirmen gewöhnen. Im Widerspruch zu meiner Belobigung stand allerdings der Zustand meiner jeweiligen Arbeitsplätze. Es kam sogar vor, dass sich eine Kollegin dafür einsetzen musste, dass ich wenigstens einen halbwegs anständigen Schreibtisch bekam. 

Musik machte ich immer noch gern. Der Kräfteverschleiß war allerdings schon bemerkbar. Ich litt zudem unter Störungen beim Autobahnfahren, musste ab und an das Steuer entnervt abgeben. Aufgrund meiner Schwierigkeiten, die Augen zum räumlichen Sehen auf eine Achse zu bringen, wusste ich manchmal nicht, ob ich bei langen Geradeausfahrten bergauf oder bergab fuhr. Die Augenmuskeln waren bei dem abweichenden Auge oft rot.

Zur Musik schrieb ich: "Die Musik ist wie eine Sucht und das Auftreten Wollen letztlich eine Verlockung, der ich nicht widerstehen kann."

Je mehr Anforderungen ich real zu bewältigen hatte, desto mehr lebte ich traumhaft meine Fantasien aus. Das konnte neben sexuellen Verlockungen auch reale Bezüge enthalten und auch die Realität führte mich manchmal in Versuchung.   

"Heute Nacht fuhr ich mit der U-Bahn nach Island, um von dort zum Nordpol zu gehen. Obwohl oberirdisch Schnee lag, hatten die U-Bahnstationen Palmenpflanzen und tropische Gewächse aufzuweisen. Wir hatten ein schönes Zimmer und wurden freundlich empfangen.-"

"Man hätte uns die Scheibe unseres Golf eingeschlagen und eine Kiste Mist auf den Rücksitz gestellt. Ich sehe die Scheißwürste noch vor mir. -"

Wir machten eine Busfahrt zu den Schlössern der Loire.

"In Orleans französische Frauen studiert. Wetter heute schwül bis gewittrig. Bin ziemlich mitgenommen gewesen vom gestrigen Abend. Es gab einen Aperitif und dummerweise habe ich noch Bier getrunken. Unsere Reiseleiterin ist die Tochter des Bäckers Girault, der mir noch aus Zeiten des Lang Verlags in Eschersheim bekannt ist. -"

"Busreisen - nie wieder. Die Leute haben uns fast ignoriert, nachdem wir uns einen Ruhetag gegönnt haben. irgendwie versauen einem diese verkalkten Typen immer alles, obwohl so eine Scheißbesichtigungstour eigentlich nicht schlecht ist, wenn sie menschenwürdiger organisiert würde. -

Zur Liebe: "Ich bereite den Menschen, die mich lieben, nicht viel Freude, aber umso unnachsichtiger gehen sie mit mir um, was die menschliche Liebesfähigkeit doch sehr in Frage stellt. -"

"Heute meine Traumfrau gesehen, schwarzes Kleid, schlank, blond, blaue Augen, setzte sich in der U-Bahn mir gegenüber und warf mir beim Aussteigen einen sehnsüchtigen Blick zu. -"

Zweifel: "Ich überlege, ob ich die Eintragungen in diesem Buch nicht beende, denn sooft ich nach lese, ist nur von Stress und ähnlichen negativen Dingen die Rede und das entspricht auch nicht meiner eigentlich positiven Einstellung. Es führt zu einer Überbewertung der Mühen, die ein Leben nun einmal beinhaltet, soll es einigermaßen sinnvoll sein. Verschiedenes ist zum Abschluss gekommen.                  "- Manchmal denke ich an meine Eltern als fast harmlose, liebe nette, Menschen, wenn ich das verstockte, hinterhältige Bauerngebaren mancher Leute betrachte. -"

Nachklapp Lang Verlag: " ,The Great Escape' gibt es nun nicht mehr, denn die Frauengilde des Verlags hat sich erst im Juli von mir verabschiedet, nicht ohne mir ihre Eingeschnapptheit zu zeigen. Ich bin zu resigniert, den Trieb zu verfolgen. Keine Peepshows, keine Videokabinen, stattdessen kaufe ich in der Mittagspause Briefmarkenalben und lese in der Pause Fachbücher. -"

Ab und zu traf ich noch meine ehemaligen Kolleginnen vom Lang Verlag. Sie waren mit der Situation im Verlag nicht zufrieden, beneideten mich um meine neue berufliche Zukunft. Mit Irene M. speziell gab es mehrere Telefonate.  

Kassel: "Ich werde nun nicht mehr zuhause anrufen, habe ohnehin das Gefühl, das dies nicht mehr notwendig ist, seit mein Vater in Vorruhestand ist und kein Lückenbüßer für meine Mutter mehr erforderlich ist. -"

Frankfurt interessierte mich und stieß mich ab: "Am Freitag Fotoapparat mitgenommen und Fotos vom Messeturm gemacht. -"

"Überhaupt die Leute hier. Neulich gehe ich zum Hauptbahnhof und will, wie jeden Abend, meine Fahrkarte am Automaten ziehen. Eine Frau sagt mir: der Apparat ist kaputt. Ein Mann wird aufmerksam und fragt: wie viel haben Sie denn eingeworfen? Ein Fünfmarkstück. Er: ja, da müssen Sie oben zum FW-Schalter gehen. Ich frage wo, denn ich kenne nur den FVV in der B-Ebene der hautwache. Trotzdem lasse ich mich verwirren und ziehe Leine. Er verklebt die Einwurfschlitze auch noch einiger anderer Apparate. Anschließend holen er und noch ein anderer Blaumann die Geldstücke aus dem Automaten. Oben laufe ich an geschlossenen DB-Schaltern vorbei, natürlich kein FVV-Schalter zu sehen. Da ich kein Kleingeld für den Automaten mehr besitze, fahre ich schwarz zur              Konstableıwache. -"

Sommerurlaub wieder einmal auf Mallorca: "Seit gestern sind wir hier in Cala d'Or, Mallorca, im Hotel Rocador. Die Betten sind hier spanisch, alles verrutscht. Das Zimmer hat den üblichen Steinfußboden und ist sehr hellhörig. Gestern nervten die Nachbarn mit lautem Säufergeplärre. Unser Blick vom Balkon geht auf einen Teil dieser Bucht und die Pinien der Gartenanlage. -"

Weitere Selbstzweifel: "Während eine nervige Fliege über meine Füße krabbelt, versuche ich meine Gedanken zu ordnen. Wenn Jesus heute am Kreuz hinge und fragen würde: Mein Gott, warum hast Du mich verlassen? Was könnte er antworten, etwa: Weil ich solche dürren Jammerlappen wie Dich nicht leiden kann. Die dickbäuchigen, zufriedenen, mit ihren kleinen Sorgen beschäftigten, Menschen sind mir lieber. Die ihren Weg klaglos gehen, alles akzeptieren, die schweigende Mehrheit, die Du zu kritisieren wagst, die dafür sorgen, dass alles weitergeht und große Änderungen, die ich nicht wünsche, auch nicht statt finden. Die Menschen wollen kein Seelenheil, keine reine Lehre. Sie wollen Farbfernseher, Videorecorder, Autos etc., wie Du sehen würdest, wenn Du 2000 Jahre Zeit hättest. -

Immer noch Urlaub: "lm Wasser der kleinen Buchten um Cala d'Or braucht es nachmittags kaum noch Schwimmzüge, um oben zu bleiben. Die Sonnenmilch und das -öl trägt, Fett schwimmt eben immer oben. Es zeigt sich außerdem in außer Form geratenen menschlichen Daseinszuständen und deren Verkörperungen. - So erklärt sich manches Gläschen und ich glaube, ich habe das auch bald nötig, bevor ich den letzten Rest Verstand in der Sonne verbraten lasse. -"

Abschied: "Film ab. Der Zug rollt gen Frankfurt. Es ist dunkel, sodass ich nicht viel sehe. Mein Vater bleibt mit hängenden Schultern am Gleis zurück." "Ich grabe und hebe Erde aus. Die Erde ist mit feinen Wurzeln durchsät. Als ich einen Teil der Erde abgetragen habe, merke ich, dass es sich um die Form eines Menschen handelt. Trotzdem empfinde ich kein Entsetzen und keine Angst, grabe weiter bzw. nehme mit bloßen Händen Zugriff und löse die Erdklumpen mit den feinen Verwurzelungen."

Grenzöffnung 1989 - für mich als Kasselaner etwas Besonderes: "Heute in Kassel und Hann. Münden gewesen. In Kassel Trabis fotografiert. -" Jubelszenen haben wir in Kassel nicht erlebt.  


Das Herrhausen-Attentat: "Vorweihnachten, ich möchte Konflikte lösen und schenken. Sonntag in Homburg gewesen, beim Herrhausen-Haus. In Gedanken und tatsächlich erstmals den Weg nachvollzogen, wenn man sich dann vorstellt: plötzlich eine Explosion und alles aus. Noch vor kurzem war ich, wenn auch kurz, zum Sonnen in der Taunus-Therme. Der Platz ist mir also vertraut. Das erste Mal habe ich bei einem Anschlag das Gefühl, betroffen zu sein. -"

Wiedervereinigung?: "Macht hoch die Tür, aber den Geldbeutel schön weit. Inmitten des menschlichen Nihilismusgetöses faselt ein Vorsitzender etwas von Vereinigung und die Menge ruft: Helmut, rette uns. Das ganze Leben georbeidet.. sächselt es uns entgegen. "

Weihnachten: "Gambacher Kreuz und Einmündung in die Menge der roten Heckleuchten, die sich einer Schlange gleich durch den Taunus windet. Diese Lichter sind Belastung und Wärme zugleich. Die Weihnachtslichter waren dieses Jahr kalt. Brachten keine Bewegung von außen. Am Heiligabend spielten wir in Kalbach in der Kirche und nachdem ich tagsüber noch einmal geprobt hatte, klappte es sehr gut. Es machte viel Spaß, an diesem Tag aktiv zu sein. Wie überhaupt das Schlimmste an den Weihnachtsfeiertagen die Passivität und das Rumsitzen Müssen ist. -"

Auch 1990 träume ich weiter: "Draußen tobt nun schon der vierte orkanartige Sturm der letzten Tage. lm Bett liegend, fühle ich wie der Wind durch die undichten Fenster der Wohnung dringt. Der Sog wird stärker, ich greife zum Schalter meiner Nachttischlampe. Als ich den Schalter in der Hand halte und das licht anknipsen will, zieht der Sog die Leitung aus meiner Hand, wird immer stärker und reißt an allen Gegenständen. Plötzlich bricht das Fenster des Schlafzimmers und ein Feuerstrahl bricht kreisförmig durch. Ich schreie und wache auf, ohne besonders erschreckt zu sein. Das alles nach einem Weltuntergangszenario im öffentlich-rechtlichen Programm des Fernsehens, unterstützt von den chaotischen Wetterverhältnissen dieses Winters. -"

"Wir sind irgendwo bei Zwickau. Wir fragen nach dem Weg, wollen weiter. Die Luft ist schweflig gelb. Erde wird verbrannt, dann in eine Kiste getan. Dazu kommen Flaschen mit Roséwein. Das alles soll vergären zu etwas ganz Leckerem. Mir kommt die Erde so fruchtbar vor, fast essbar wie das Leben. Ich sehe die feuchten Krumen. Vermischt mit irgendwelchem Abfall. Neues soll daraus entstehen. -"

"Ein schmales Frauengesicht sieht mich an. Ich habe Angst vor der zudringlichen Art und der schlangenhaften Umklammerung. Versuche mich zu entwinden, wende Gewalt an. Immer wieder Gegenangriffe. Ein langer Kampf. Dann das Gefühl, sie verlassen zu können. Ich schicke einen Löwen in den Kampf, um sie an meiner Verfolgung zu hindern. Ich verlasse sie auf einem umzäunten Grundstück und beobachte, dass sie, den Löwen an die Leine nehmend, sich zurück zieht. Naja, Raubtiere sind unberechenbar. Ob ich sie wiedersehe, denke ich und fahre. -"

Doch real passierte auch einiges. Wir fuhren über Fladungen in die DDR , tranken Kaffee auf der Burg Landsberg, einem ehemaligen Renommierrestaurant. Bedrückende Eindrücke sammelten wir beim Anblick der Computerfabrik "Robotron" in Zella-Melis. Über Mellrichstadt ging es zurück. In der Firma kämpfte ich immer noch um einen anständigen Stuhl, den ich mir gegen den Widerstand meiner direkten Vorgesetzten mittels orthopädischen Rezepts verschaffte. Auf Oscar Lafontaine wurde ein Attentat verübt, es war der einzige Politiker, der auf die Kosten der möglichen deutschen Einheit hinwies.

Verspätet erfuhr ich vom Tod meines Halbonkels Siegward. Er war nach drei Wochen an Tumoren in der Lunge und der Blase verstorben. Sicher wusste meine Mutter früher davon, da sie in telefonischen Kontakt mit seiner Frau Jenny stand. Wieder drängte sich mir die Frage auf: " Wer war der Vater meines Vaters? .. Was mich erbittert, das ist das die Generation der älteren Dreyers, z.B. ein Herr Egbert Dreyer in Peine darüber keine Auskunft geben will. Hätte Paula Dreyer sie gegeben? Aber wie kann man Siegward dafür verantwortlich machen, der letztlich schon zu alt war, um meinen Vater ein Bruderersatz sein zu können." Auf Kosten der Familie machte sich Vater stark für die sinnlose Fehde mit ihm. "Vielleicht ist es aber auch eine Krankheit, die nicht zum Ausbruch kommt und sich in meinem Bruder Frank äußert." mutmaßte ich. Entgegen aller Ankündigungen gingen meine Eltern nicht zur Beerdigung und besuchten auch seine Witwe nicht. Im Gegenteil, für meinen Vater war die Sache Siegward seit 20 Jahren erledigt. Umso mehr bedauerte ich es, Siegwards Einladung zu seinem 70. Geburtstag im Vorjahr urlaubsbedingt nicht angenommen zu haben. Er kannte sehr viele Leute in Kassel und hatte im besten Hotel am Platz. Sein schwermütiger pommerscher Humor bleibt in meiner Erinnerung. 

Mein Schwiegervater feierte seinen 75. Geburtstag, Anzeichen von Parkinson waren bei ihm nun deutlich bemerkbar. Wir setzten uns schnell von der Feier ab. Ich joggte, wo immer es ging. Auch in Lemgo, von Matorf aus, wo unser Hotel war, über Entrup und Leese wieder zurück. Wir flüchteten auch wegen der Anekdote des Bruders meiner Schwiegermutter: "Man brauche nur einer Ratte mit einer glühenden Forke sie Augen auszustechen, ihre Schreie würden die anderen vertreiben. Dann lachte er noch schriller, als es meiner Schwiegermutter überhaupt möglich wäre." Vermutlich hat man das in Ostpreußen früher so gemacht.      

Während ich zuhause sehr viel mit Renovierungsarbeiten beschäftigt war, lief es bei den Wertpapier-Mitteilungen unrund. Meine Zeit in der Abteilung "Deutsche Aktien" lief ab. Es gab Widerstand bei der Einarbeitung und Beschwerden dagegen schadeten meine Ruf. Der Rundlauf war nicht gut für mich, denn niemand arbeitet gern Kollegen ein, die bald wieder verschwinden. Zudem wurde es bald so hingestellt, als sei das alles meine Idee gewesen.   

Ich beschäftigte mich mit Mutter: "Sie fragt immer direkt und ich wundere mich, warum sie noch so gut gelaunt ist. Obwohl nichts mehr stimmt. Oft erkenne ich meine eigene idealistische, ja weltfremde und doch so reale Welt in ihr wieder. Du liebst den Müßiggang und gute Gespräche, bist offen und zeigst Gefühl, frei von Argwohn. Du liebst und tust nichts dafür. Entwaffnend und frei von Konventionen. Doch Du zahlst dafür, wenn Du sprichst, drehen Menschen ab. Sie scheuen sich, Gefühle zu sehen. Sie strafen für die Sehnsucht nach Kontakt. Sie beobachten und lassen im entscheidenden Augenblick allein. Sie lesen in Dir und sind einen Schritt voraus. Sie erkennen sich in Dir selbst und haben Angst davor. Sie glauben. Dich gefahrlos verletzen und missachten zu können, nur weil Du Dich nicht verbirgst. Tust Du es doch, so strafen sie. Die Liebe, die sie vermeintlich geben, ist vernichtend, weil sie Deine Persönlichkeit nicht erkennen und glauben, Du hättest kein Bewusstsein, nur weil Du Dich nicht verstellst. Deine Worte sind wahr und doch werden sie nicht beachtet. Du hast die Wahl zwischen der weiten und doch so unerbittlichen Mauer der Einsamkeit und dem dichten Netz eines Liebenden. Eines ist sicher: Du gehst daran zugrunde. Möge die Kraft mit uns sein.-"

Da war dieses Gefühl des Verständnisses für meine machtlose Mutter. Ich fuhr unangemeldet nach Kassel. "Zuvor folgte ich einer fixen Idee und fuhr zum Hauptfriedhof, um das Grab von Rudolph Ullrich zu besuchen. Ich fragte eine ältere Dame, wo die Urnengräber wären (aus den Siebziger Jahren) und sie zeigte mir das bereitwillig. Meinte, ja verbrennen wäre auch besser. Man müsse sich, wenn man alt sei, darüber Gedanken machen. Derartig eingestimmt suchte ich die Reihengräber ab, ohne auf den Namen Ullrich zu stoßen. Verschiedene Plätze waren leer. Mir kam der Gedanke, dass er sich unter Umständen bei seiner Schwester hat bestatten lassen. Das bleibt also von einem Menschen. Wenn die Gräber nicht gepflegt werden, wächst alles zu und je nach Material der Platte ist die Schrift kaum noch zu lesen. -"

Die Hoffnung stirbt zuletzt: "lm Keller liegen zwei weiße Skelette. Ob die wohl jemand als Modelle gekauft hat oder ob sie echt sind? Ich sehe Ullrich, der an der Wand lehnt, auf der Erde sitzend. Er will sterben, ich sehe förmlich, wie er mit weit aufgerissenen Augen ringt. Ich beschwöre ihn, am Leben zu bleiben. Merke, wie ich mich innerlich anspanne, um Kraft auf ihn zu übertragen. Es gelingt und ich bin erschöpft."

"Eigentlich stirbt man von Geburt an. man verliert eine Hoffnung nach der anderen. Und muss sich doch dagegen wehren. -"

Mein Kassel-Besuch bei meinen Eltern und Frank, der noch zuhause wohnte, führte zu einer Zurechtweisung durch meinen Vater. Er hatte es nicht verwunden, dass wir Siegward noch im Vorjahr in seiner Wohnung besucht hatten und dabei erwähnten, dass wir nicht bei ihm waren. Meine Schwägerin holte mich abends in Kassel ab und wir fuhren nach Lemgo weiter. Abends meinte sie, ich würde mich mit meinem  Alten messen wollen, was gar nicht ginge, da er mich nicht verstehen könne. Ich solle ihn gewähren und seine Freude an gelegentlichen Triumphen lassen. Nachgiebigkeit war nicht meine Stärke. Dafür entwickelte ich eine Flugangst, die zur Abbuchung eines geplanten Portugal-Urlaubs führte. Dafür urlaubten wir am Weißenhäuser Strand an der Ostsee und bekamen Einblicke in die DDR. Wismar, die Insel Poel und Schwerin waren unsere Stationen. Auf der Insel Poel schlecht, aber billig gegessen. An der Wand des Lokals hingen Ostmarkscheine eingerahmt. Vom außenliegenden Kloohäuschen hatte man Ausblick. 

In der Firma verstand ich mich wieder mal gut mit einer Kollegin. Angeblich tranken wir sogar Brüderschaft anlässlich eines abendlichen Zusammenseins mit weiteren Kollegen. Ich hatte einen ordentlichen Filmriss, der uns aber nicht davon abhielt, am nächsten Tag nach Levico in Italien zu fahren. Kleines Hotel mit hervorragender Küche gefunden. Wir machten eine größere Exkursion bis zum Gardasee , über Costermano bis Lago di Garda. In Costermano den Hinweis auf den deutschen Soldatenfriedhof gesehen, auf dem mein Namensvetter begraben liegt. Der Ort liegt sehr schön auf einem Hügel und bietet einen herrlichen Blick auf den Gardasee. Geht fast ohne Übergang in den Lago di Garda über. 


Ab November war ich in der Abteilung "Ausländische Aktien" tätig. Die Abteilungsleiterin war der Liebling eines der vier Geschäftsführer und für mich wurde nichts besser. Außer einem alten, meist schlecht gelaunten Mitarbeiter, gab es dort nur Frauen, die alle als Müslifans verschrien waren. Erst im Lauf der Zeit gelang es mir bis zur Mitte des Jahres 1991 ein machbares Verhältnis zur Gruppe aufzubauen. Im Juni bekam ich ein recht ordentliches Zwischenzeugnis. Zudem bekamen wir neue Büromöbel in einem neuen Arbeitsraum. Nun war ich auch offiziell dort Sachbearbeiter. Ich wertete u.a. italienische Wirtschaftszeitungen aus. Lesen konnte ich es halbwegs. Dennoch blieb da eine Wand mir gegenüber seitens der Kolleginnen. Zuhause dagegen war ich zufrieden, hatte die Wohnung in Schuss gebracht, war mit unseren Autos zufrieden und arbeitete nun auch privat am PC. Ich konnte kleine Batchdateien schreiben und kam mit der Textverarbeitung gut klar.  

"Ich schreibe bald einen großen Roman: der Editor oder Zeilenausgleich und kein Ende. Will aus der Gewerkschaft und dem Kunstverein austreten. -"

In Lemgo hatte es sich angedeutet, dass mein Schwager wohl Haus und Grundstück der Eltern erbt und für Ruth und ihre Schwester allenfalls ein kleiner finanzieller Ausgleich vorgesehen war. Zudem verschlechterte sich die Stimmung bei unseren Besuchen. Meine Schwiegermutter war immer voll des Lobes für ihren Sohn. Eine Mutterliebe, die ich nie erfahren durfte. "Es ist anstrengend, in dem alten Fachwerkhaus zu übernachten. Es ist kühl und feucht und fördert die Herzbeschwerden meiner Schwiegermutter sicherlich. Sie klagte wieder über ihn. Er sieht Männer bei ihr im Bett und beobachtet sie nachts Die Männer verschwinden dann durch die Wand. "

Das Weltgeschehen belastete mich, es war Krieg im Irak. lm Fernsehen wurden die Leute ständig in Panik gehalten. Das entschlossene Angreifen der USA bewegte mich. Es wurde jeden Tag demonstriert gegen die USA. Wenn Nostradamus den dritten Weltkrieg voraussagte, dann sollte er vom Nahen Osten ausgehen. Es sieht so aus, als behielte er recht. In den arabischen Ländern demonstrierte man für Krieg. Berlin sollte nun die deutsche Hauptstadt werden. An die Steuergelder durfte man nicht denken. 

"Nach dem Peter-Prinzip bin ich drauf und dran, die Stufe meiner Unfähigkeit durch freiwillige Selbstbeschränkung zu vermeiden. -"

Aus unserem Gran Canaria-Urlaub schrieb ich eine Karte nach hause. Sie kam wohl noch nicht an. Auf dem Hinflug filmte uns ein Fernsehteam im Flieger. Meine Eltern sahen mich im fertigen Bericht nicht, wir waren auch nur kurz zu sehen. Sie hielten sicher wieder irgend jemand anders für mich. Nachträglich ärgerte mich die grob geratene WDR-Etikettierung von Gran Canaria als Billigabsteige mit Müllproblemen. 

In der UdSSR hat es einen Putsch gegeben, der nun heute endgültig zugunsten Gorbatschows wurde. Jelzin dürfte der neue starke Mann sein. Die Republiken werden jetzt noch selbstständiger. 

Hier sitze ich nun, ich armer Tor und bin so schlau wie eh zuvor. Vom Geschäftsführer Herrn E. wurde mir die Stelle eines Gruppenleiters in der Kursredaktion angeboten. Das Ganze entpuppte sich als großer Bluff.  "Herr E. meinte, Herr B. habe seine Bewerbung betrieben, aber er habe ihm den Wind aus den Segeln genommen. Angeblich erhalte ich Bescheid. -" "Herr E. hat mir auf mein Drängen hin nun endlich mitgeteilt, wie er sich die Arbeit in der Abteilung vorstellt. An die Ernennung eines Gruppenleiters nicht mehr denkend."

Nebenbei war ein große Zahnoperation notwendig, bei der die alten Amalganfüllungen größtenteils entfernt wurden. Die Überkronung der Zähne kostete über 7000 DM.

Herr E.  verschränkt bei Besprechungen  die Arme hinter dem Kopf, gibt Anweisungen mit gesenktem Kopf und nach Kratzen unter der Achselhöhle. Wie ich erfahren habe, will er nun doch eine direkte Dateneinspielung aus dem WM-Datenbestand.  Er ist aber gegen jeden Komfort, so nennt er eine bessere Anwenderfreundlichkeit. Sagen tut er das natürlich nicht. Mein Vorstoß bei unserem anderen Geschäftsführer Herrn P. war also erfolgreich. Nachdem ich ihm meine Gedanken schriftlich vorgelegt hatte, fragte er nur: "Warum wird das nicht gemacht?"

Gestern fühlte es sich an, als könnte ich alle Fräulein V's gleichzeitig befriedigen. Morgen hole ich mir das ersehnte Plakat vom Kunstverein Der Kunstverein war kaum zu finden. Die Frau wusste schon, welches Bild ich wollte und rollte es in Pappe ein. Es zeigte ein sehr erotisches Bild einer schlanken nackten Frau. Kunst eben..

Die Eltern besuchten Frank mit dem Taxi von Kassel aus und bezahlten dafür 85,-DM. Frank ist in einer gläsernen Zelle untergebracht, er darf weder Messer, noch Batterien für das Radio bekommen. Er steht unter Überwachung und geht in Begleitung von Pflegern zum Baden und zur Toilette.  Frank hatte einen älteren Mitpatienten im Krankenhaus Merxhausen aus nichtigem Anlass geschlagen. Das Krankenhaus erstattete Strafanzeige. Die Folge war ein gerichtlicher Beschluss, den auch ich trotz mehrerer Eingaben sowohl beim behandelnden Arzt als auch beim Richter nicht verhindern konnte. Die Ärzte gingen von einer Minderbegabung Franks aus, die zu seinen psychischen Störungen geführt hat. Die Akten des Stadtkrankenhaus in Kassel zu seiner Behandlung als Säugling wurden nicht eingesehen, obwohl die lebensbedrohliche Situation Franks damals bekannt war. 

Wir selbst hatten genügend Probleme. Ruth kämpfte wegen des neuen Geschäftsführers um eine Abfindung und bei mir ging es wegen der Kursteilumstellung in der Firma sehr turbulent zu.            "Ich fragte Herrn E., warum von dem Vorschlag eines Gruppenleiters abgegangen wurde und er wies daraufhin, das mir alle Entwicklungsmöglichkeiten offen ständen. Somit war das Gespräch beendet.-"Heute Nachmittag das Problem V. gelöst, es kam zur Aussprache. Sie war wieder unverschämt, warf mir infantiles Verhalten vor, sprach von Leuten meines Schlages und gab im Prinzip zu, mit anderen über mich geredet zu haben. Prinzipiell haben wir die Sache begraben, weil wir nicht weiter kamen. Konnte aber nun durchsetzen, dass wir feste Verteilungen kriegen. -"

Meine Eltern betätigten sich als Tierquäler: "Von meiner Mutter erfuhr ich heute, dass mein Vater die Katze auf den Balkon gesperrt hat. Ein Fall für den Tierschutz. - Gestern, gegen 18.30 Uhr, ist unsere Katze eingeschlafen. Sie war zuletzt im Bad eingesperrt. -" Mir ging das sehr nahe. Unsere Katze war ganz klein zu uns gekommen und ich hatte gern mit ihr gespielt. Später musste sie die Missachtung meiner Eltern ertragen und Frank ging nicht gerade zimperlich mit ihr um.                                            Ich kam dennoch zu folgender Einsicht: "Welcher Satz ging mir vorhin durch den Kopf, als ich Procol Harum hörte, an meinen Vater dachte: wenn man Menschen so sehr liebt wie ich, will man nichts mehr mit ihnen zu tun haben.-"

Urlaubserlebnisse gab es weiterhin: "Österreich hatte uns bereits auf der Anreise gegrüßt. Wegen Lawinengefahr war die Zufahrt durch das Lechtal an einer Stelle gesperrt. Die Umleitung war nicht genau ausgeschildert, sodass wir unser Auto durch Schlammberge und vereist schneematschige Stellen eines kleinen Wegs fuhren, wo es einmal aufsetzte. Als wir dann in der Ortschaft wieder auf die Hauptstraße fahren wollten, versperrte uns ein Einheimischer den Weg. Er musste erst aussteigen und uns sagen, dass das alles nicht passiert wäre, wenn wir auf der Hauptstraße geblieben wären. Mittlerweile sagte mir abends mein mittags im Tannheimer Tal verspeistes Wiener Schnitzel "Guten Tag" oder "Grüß Gott". -"

"Vier Sterne in Österreich: stierig blöde Schwimmbadbenutzer, ansonsten das ewige "Was haste, was kannste, was biste-Getaste" und Skifahren - natürlich das einzig Wahre. -"

Und sonst: "Heute Nacht ein schweres Erdbeben verpasst. Gegen drei Uhr muss es so schwer gerappelt haben, dass Ruth wach wurde. Ich kann mich nur an ein Klappern der Rollläden erinnern. -"

Ich selbst unterzog mich einer urologischen OP und war erstmals stationär in einem Krankenhaus.    "Der erste Tag im Krankenhaus. Heute morgen um ca. 8.30 Uhr hier angekommen. Eigentlich wollte ich gleich wieder weg. Der Pfleger auf der Station redete über mich als Sechunddreißigenjährigen, der wie dreiundzwanzig aussieht. - Morgen am späten Vormittag soll die Operation sein und allmählich werde ich nervös." Alles ging schließlich gut. "Das Zimmer ist mit fünf Mann belegt, zwei davon halbtot. Glaube, das ich noch einmal in den Park gehe. Die Art und Weise, wie man sich hier über alles äußern muss, ist gewöhnungsbedürftig. Ebenso der Anblick von Patienten, die ihren Urin in einer Plastiktasche bei sich tragen und von anderen, die ständig stöhnen. - Die Versorgung funktioniert hier nach dem Zufallsprinzip. Nicht jeder kriegt hier, was er braucht, schon gar nicht von den Ärzten. Erst der Pfleger gestern abends war in der Lage, dem Dauerhuster etwas gegen seinen Husten zu geben und zu veranlassen, dass der Patient, der ständig aufs Kloo musste, endlich einen Katheder gesetzt bekam. - Wenn man sieht, wie Menschen verzweifeln, wenn sie ans Bett gefesselt werden von einem Tag auf den anderen, gewinnt man andere Eindrücke über die wichtigen Dinge im Leben. " Nicht vergessen werde ich die grünen Augen der OP-Schwester und die angenehme Hand auf meiner Wange, die in mir die Überzeugung weckte, ich könne alles überstehen.-

"Als wir heute Richtung Lemgo fuhren, über die Landstraße nach Kassel, überkamen mich wieder heimatliche Gefühle und der Wunsch, meine Eltern zu sehen. Frank ist mir bis auf ca. 50 km nahe gekommen, ich werde ihn besuchen. Am Rasthof Bühleck hinter Kassel meinte einer: "Da kenne ich mich doch usse, Holzminden, der schärfste Strip, nachdem vorher ein Mädchen nach dem Weg dorthin gefragt hatte. Ob sie nach Warburg oder Marburg müsse. Das war dann das Ende meiner heimatlichen Gefühle. -"

"Mein Telefonat mir meiner Mutter offenbarte nur, dass sie weiter auf Geld von ihrer verstorbenen Schwester Gertraud spekuliert. Sie wollen sich ein Mietauto nehmen und nach Gießen zu meinem Bruder und nach Mainz zu meiner Großmutter zu fahren. Nüchtern kommen die eigentlichen Absichten bei ihr besser und unverblümter herüber.-"

"Ab morgen wird mein Name im Impressum der Zeitung erscheinen. Meine Anregung diesbezüglich wurde nun doch verwirklicht. -"

"Das Kursteilprojekt läuft und momentan herrscht für mich gute Stimmung. -"

"Wir schauen nun wieder nach Eigentumswohnungen. Die Preise sind noch einmal angezogen, unter 200000,- DM gibt es selbst gebraucht nichts mehr. Die Zinsen gehen dabei auf 10% zu. -"

"lm Impressum unserer Zeitung steht nun die halbe Firma. -"

"Mit meiner Mutter gesprochen, gab sich sehr moderat. Er soll Gicht haben. Das Haus wird wohl renoviert. Sie zahlen 650,- DM kalt. -"

"Heute habe ich es endlich gepackt und bin allein nach Kassel gefahren. Ich war ganz gut in Form, es gab keine Spannungen. Das Essen war schlimm, trockenes Fleisch (zwei Stunden gekocht) und gleich einen Riesentopf voll Soße. Die schmeckte sehr fad, nur ein bisschen salzig. Wenn ich die Uralttöpfe sehe, mit denen gekocht wird, wird mir schlecht. -"

"Der Kursteil macht wirklich Fortschritte. Die Legenden sind eingebaut, die Sonderzeichenproblematik gelöst, die Bereinigungsarbeiten am Datenstamm gehen voran, obwohl mir die Datenbank wie ein Fass ohne Boden vorkommt. -"

Das war nun tatsächlich mein Baby: die Schnittstellenautomation, mit der Daten von einer Datenbank in die andere übertragen wurden. Die automatische Erstellung des Kursteils, was die Stammdaten anbelangte, rückte in greifbare Nähe. Natürlich würden verschiedene manuelle Eingaben erforderlich sein wegen der zeitungsgerechten Formatierung. Aber diese würden nun bei uns in der Abteilung und nicht mehr extern erfolgen.

"Die Umstellung wird per 23.10.92 wohl vollzogen. Vorher soll ein neuer Rechner angeschafft werden und die DWZ dank BÖGA die Kurse früher liefern. -"

"Die Stadt ist voll von durchgeistigten Buchhändlern, die zu den Frankfurter Banktürmen aufblicken. -"

"Buchmesse: unser Testbesuch beim Lang Verlag war leider wenig erfolgreich. J. lauerte wieder wie ein Luchs auf Kundschaft. Zwei weitere mir unbekannte Personen hielten sich am Stand auf. Aus Kostengründen scheiterte unser Versuch, auf der Messe zu essen. -"

"Gestern habe ich das formuliert, was alle meinen. Die Aufteilung der Zuständigkeiten und die Urlaubsvertretungssituation der KR. Herr E. meinte heute, das sehe gut aus und man müsse abwarten.-"

"Mein Vater sucht eine offene Kneipe. Wir waren heute abends in der Stadt und haben das Geläut der Frankfurter Glocken gehört. Es war einmal eine andere Art Heiligabend. Der Platz vor dem Römer war recht voll. -"

"Ansonsten beschäftige ich mich mit Horoskopen und Collagen. Das eigentlich komplizierte an der Horoskopiererei scheint die Deutung der ermittelten Werte, ihrer Gewichtung entsprechend. Mit dem rechnerischen Teil bin ich fertig."

So endete wieder mal ein Jahr. Viele Bemühungen waren umsonst, andere mühevoll erkämpft. Die von mir angestrebte Betreuung meines Bruders fand keine Unterstützung. Er hatte einen gerichtlichen Beschluss bekommen und saß in der gerichtlichen Psychiatrie in Gießen, danach wieder in Haina. In der Firma gab es personelle Veränderungen und ein Rätselraten über die Politik des für uns zuständigen Geschäftsführers. Immerhin, alle am Projekt Kursteil Beteiligten bekamen eine Gratifikation. Auch der Bereich Investmentfonds mussten wegen des sprunghaften Anstiegs der Anzahl von Fonds neu strukturiert werden. Die Datenerfassung erfolgte in unsere Datenbank im Haus. Die beiden Erfasserinnen waren sich nicht grün und spielten uns als Kollegen wegen der unklaren Hierarchie in der Abteilung ständig gegeneinander aus.                                                                                                    Ruth hatte ihre Abfindung durchgekämpft, einen Nachfolgejob schon aufgegeben und war nun in einer gut bezahlten Teilzeitbeschäftigung. Fern war die Versöhnung mit meinem Vater. Also alles wie gehabt.

Das Jahr endete in Lemgo nach einem Besuch bei Frank, der sich nun in Haina befand. "Es geht ihm offensichtlich nicht so gut, obwohl er sagt, es gefiele ihm besser als in Gießen. Der Speichel läuft unkontrolliert aus seinem Mund und er schämt sich dafür. Sein Zustand rein äußerlich: blass, ungekämmt und zu viel Gewicht. Er hatte keine Uhr mehr, fragte nach meiner Swatch. Ruth will ihm zum Geburtstag die Uhr zukommen lassen." 

In Leese einen Spaziergang mit meinem Schwiegervater gemacht, der sich aufgrund seiner Parkinson-Erkrankung kaum gerade halten konnte, aber die kleine Runde Richtung Papenhausen gut durch hielt. Zuviel gegessen, gesessen und geredet. 



Samstag, 23. Januar 2021

Soldat

Ein Untermieter von mir sagte einmal, ich habe eine große Seele. Ein Neurologe meinte, ich sei eine treue Seele. Manche denken vielleicht, ich sei sozial eingestellt. Ein Arbeitskollege von mir meinte einfach, ich sei blöd. Was stimmt denn nun? Viele sind ja auf der Suche nach ihrem Selbst. "Sei du selbst." Das ist ein sehr beliebter Spruch, der ebenso sinnlos ist, wie der, dass man nach vorn schauen soll. Dieter Hildebrandt meinte dazu einmal, vorn habe er nichts gesehen. Es scheint allerdings so, dass es so wie es weiter gehen wird auch schon in der Vergangenheit ausgesehen hat. Als meine eigene Konstante habe ich immer den "Soldat des Lebens" gesehen. Der ist Teil von mir. Es ist ein bisschen von allem: Pflichterfüllung, Verantwortungsbewusstsein, Treue dem gegenüber, was ich einmal als wahr zu erkennen glaubte. Ich kann mir nahestehende Menschen nicht verlassen, wenn ich weiß, es geht ihnen dann schlecht. Ich selbst habe das oft genug erlebt. Empathie gehört zu einem solchen Gefühl. Woher das alles kommt, der Schlüssel dazu liegt in der Familie. Hier herrschte in der väterlichen Erziehung diese Strenge und ein Konservatismus, der keinen Ausbruch erlaubte. Das habe ich aufgesogen. Mein Vater hätte allen Grund gehabt, meine Mutter zu verlassen. Sie hat ihre mütterlichen Aufgaben vernachlässigt und konnte aufgrund ihres Alkohol- und Nikotinmissbrauchs noch nicht einmal sie selbst sein. Er hat es nicht getan und sogar ihren Wunsch respektiert, nicht ins Krankenhaus gehen zu wollen, obwohl dies notwendig gewesen wäre. Dadurch hat er sie doch verloren. Ist das Liebe oder einfach Angst vor einer Veränderung?

Auch im Beruf glaubte ich stets, durch gute Arbeit andere zu überzeugen. Vor allem aber für mich selbst war es wichtig, auch wenn ich beim Erfolg bei anderen zweifelte. Mir war es nicht möglich, geringem Aufwand großen Erfolg zu haben. Da machte ich lieber das, was andere nicht wollten: mit großem Aufwand wenig Erfolg bei anderen zu haben. Ein Soldat lehnt sich eben nicht auf. Das mag blöd sein, ist aber ein Teil von mir. Ein Teil meiner vielschichtigen Welten. Ich bin nicht ich selbst, ich habe mich und brauche nicht mehr. 

Montag, 4. Januar 2021

Down gelockt

 Nun sollen wir wahrscheinlich weiter dafür her halten, um eine Viruserkrankung angeblich in den Griff zu bekommen. Das Infektionsschutzgesetz macht es möglich. Eine Opposition zu dieser desaströsen Regierungspolitik scheint kaum möglich. Die merkwürdige Einkaufspolitik in Sachen Impfstoff wird uns von den Staatsmedien schön geredet. Generell wird Widerspruch zu den Corona-Schutzmaßnahmen nicht geduldet. Zwar sperrt man niemanden ein, aber man diffamiert und ignoriert die Andersdenkenden. Zudem suggerieren uns auch wieder die Medien eine Zufriedenheit der Bevölkerung mit der Regierungspolitik. Die Regierung will uns angeblich schützen und beschneidet dabei unsere wesentlichen Grundrechte. Sie fragt nicht danach, ob wir geschützt werden wollen. Sie informiert nicht, sie macht Meinung mit aufwendigen Spots im Fernsehen. Zu ihren Fehlern muss sie nicht stehen. dabei ploppt nun alles auf. Das fehlende Krankenhauspersonal aufgrund der Schließungen und Sparmaßnahmen von und in den Kliniken in der Vergangenheit. Die mangelhafte Ausstattung und der schlechte Zustand unserer Schulen, daran hat sich seit dem Sommer nichts geändert. Die Zustände in den Alten- und Pflegeheimen, den Hotspots für Corona schlechthin, auch hier war noch nicht einmal das Geld für Coronatests des Personals da. Das fehlende Personal auch hier, weil wir in Deutschland unsere Anforderungen an die Pflegekräfte durchsetzen wollen und ausländische Qualifikationen teilweise nicht anerkannt werden. Das sind die Ursachen, warum wir alle noch länger eingesperrt werden, die Wirtschaft blockiert wird. Darüber gibt es nichts im Fernsehen, stattdessen Hubschrauber über den Städten, die zeigen sollen, dass die Bevölkerung schön brav zuhause bleibt. Aufregung über Schlitten fahrende Kinder und Coronapartys, das sind die Themen. Filmerei auf Intensivstationen, wo es scheinbar nur noch Coronakranke gibt. Jedem, der die Coronamaßnahmen der Regierung unterstützt, dem wird Sendeplatz im Fernsehen gegeben, die treuen Virologen und die Ärzte der Intensivstationen, die anscheinend Zeit genug für Fernsehauftritte und Präsenz in den sozialen Medien haben. On top die unerträgliche Medienpräsenz der Regierungsclique, an der Spitze mit den Herrn Söder und Spahn, die ja so eine tolle Arbeit leisten. Geleistet hat sich die Politik viel. Eine Corona-App, die nichts bringt und milliardenschwere Subventionen für Großunternehmen. Nebenbei haben wir eines der größten Parlamente der Welt, in Sachen Lockdown wird es gar nicht gefragt, und ein Bundeskanzleramt, das auch noch schöner werden soll. Ach ja, und der Flughafen BER muss auch noch wegen Corona weiter gestützt werden. Da nehmen sich die ca. 500 Millionen, die Herr Scheuer mit der missglückten PKW-Maut versenkte, noch wie Peanuts aus. Aber Herr Scholz hat ja Geld, woher, das sagt er nicht. Es ist auch sehr unpopulär, darüber nachzudenken. Aber es hilft ja nichts. Vielleicht wäre der Lockdown  unserer Regierung die beste Lösung.