Dienstag, 31. Januar 2012

1980 - XXII

Liebe

Wie den schreienden Mund beruhigen,
die zitternden Hände halten,
den Augen entgegensehen,
die Sorgen beruhigen,
die Angst besiegen,
den Mut gewinnen,
die Schwäche erkennen,
sich Selbst sein,
Dir das geben, was Du verlangst ?
Im Strom der Zeitlosigkeit,
die aufhört und endlos beginnt uns zu imponieren
und abzulenken bis zur letzten Ungewißheit,
die uns sagt: wir leben !
Und nur in uns ist alles Gebrauchte,
deshalb mag ich Dich wie mich !

Montag, 30. Januar 2012

1980 - XXI

König des Schmerzes

Im strömenden Regen
waten durch den Sumpf
unserer Beziehung
und doch mit Erleichterung
feststellen,
es ist niemand da.
Und wenn die Nässe
den Anorak durchdringt,
spüre die Seele,
die sich wärmt über
dem alten Zeitungspapierfetzen,
zertretenen Kaugummis
und den leeren Konservendosen,
die hohl glotzen wie Fischaugen,
König des Schmerzes.

Sonntag, 29. Januar 2012

1980 - XX

Heißer Stein

Der Krug geht zu Bruch, bis er am Wasser liegt.
Dort angekommen, füllt er sich bis zum Rand,
doch schon bald treten aus unsichtbaren Ritzen einzelne Tropfen aus,
die langsam, der Wölbung des Gefäßes folgend,
zu Boden perlen.
Einige verdunsten in der Sonne
und schaffen es nicht, in die Erde einzudringen.
Andere vereinen sich und geraten durch Verkettung
glücklicher Umstände in ein Rinnsal.
Sie verästeln, verzweigen sich kegelförmig, wobei viele im Sande verlaufen
oder von saugenden Wurzeln aufgenommen werden.

Wie eine Ader geben sie in großer Zahl den Pflanzen
die Kraft zum Leben. Scheinbar lösen sie sich in Nichts auf,
dabei bewegen sich ihre Bestandteile bereits im nächsten Prozeß.
In verdampfter Form erwarten sie Abkühlung,
die sie zum Krug zurückkehren läßt.
Wenn ich ein Tropfen bin, dann hoffentlich nicht der berühmte auf den heißen Stein.
Eher möchte ich einem Kaktus zum Leben verhelfen,
als zu verduften.

Samstag, 28. Januar 2012

1980 - XIX

Mann nehme

Weiße Beine im Wickelrock, Spargel im Salat,
Ein praktischer Arzt, der Klappstuhl,
Frische Brötchen auf dem Tisch,
Rollende Augen in der Küche,
Schnaps, Zigarette, die Interpunktion
Eines Gespräches ohne Pause,
Wiedergeburt auf der Straße,
Zieh' Dein Hemd aus, geharzter Weißwein;
Dazu etwas schlechte Rockmusik einstreuen,
Aber nur eine Prise.
Ein Schuß Versöhnung nach einem nackten
Gespräch mit einer Zehe verfolgt,
Der gute Rat: nicht einlegen !
Weiter wickeln und mit schwarzem Garn
Nähen, aber nicht zu fest.
Die Entwicklung des Rocks, eine
Ohne Vorbereitung undenkbare Prozedur.
Zumal wegen der vielen Köche, die
Schon immer den Brei verderben.
Die Anbindung mit Mehl bringt
Sie zum schwitzen, daher nur
Kurz knusprig anbraten.
Im eigenen Saft schmoren lassen,
Gegebenenfalls mit etwas Brühe aufgießen.
Schnell noch etwas Blondtönung dazu,
Zur Dekoration Lippenstift,
Bunte Kleidung und ein kleines
Ausgeflipptes Notizbuch,
Wo dieses Rezept Platz findet.

Haare im Mund, ein gebratenes Hähnchen dazu:
Der Appetit kommt erst beim Essen !

Freitag, 27. Januar 2012

1980 - XVIII

Tanz

Augen liegen auf mir,
während Pläne wachsen,
Zeit vergeht, ohne wirklich
zu laufen, solange wir unsere
Brillen nicht wechseln.
Die Einsamkeit sieht uns gestärkt,
zweifellos haben wir sie verdrängt
und lassen sie warten.
Viel gab ich ihr,
der Giftmischerin und
drehe mich mit Dir helleren Sternen entgegen,
oder schweben wir ?

Donnerstag, 26. Januar 2012

1980 - XVII

Zärtlichkeit

Wir reden vom Alleinsein
und der Angst davor
und meinen den warmen Körper,
der uns abends beim Einschlafen
und morgens beim Aufstehen fehlt.
Die Berührung, die uns Vergessen schenkt,
sie verlangt von uns einen Preis.
Wir ändern die Welt,
weil wir unseren Liebsten gefallen möchten,
nicht einsam sein wollen
und wissen, daß wir es sind.

Mittwoch, 25. Januar 2012

1980 - XVI

Spiegelkabinett

Auf der Suche nach dem Selbst
gibt es viele Angebote.
Wie in einem zerbrochenen Spiegel die Scherben auslesen,
die, neu zusammen gefügt, wieder ein ganzes Bild ergeben ?
Der Wahrsager deutet sein Spiegelbild selbst,
doch es gibt viele falsche Propheten.
So sieht sich der Besucher in konvexer, konkaver, perplexer Methaper
und löst allgemeine Erheiterung aus.

Lehrstuhl für iPathologie

Eingeschworene iPad-Fans raten mir weiterhin davon ab, mir eine Displayschutzfolie auf das iPad aufzukleben. Es gelingt auch nicht wirklich. Zwar hatte ich die Blasen einigermaßen heraus, dann aber musste ich im Zug das iPad vorsichtshalber senkrecht stellen, als sich neben mir ein Herr ganz plötzlich setzen musste. Die Folie hat dann am Rand Luft bekommen und ich hatte Bläschen in unbekannter Anzahl auf meinem Display.
Noch kann ich mich nicht entscheiden, die Folie ganz abzureißen. Denn wenn das Display ungeschützt ist, nutzen die Mitreisenden gern mal die Chance, Kontakt mit ihm aufzunehmen.
Das kann dann ein Reißverschluss einer eilig ausgezogenen Jacke sein oder die Kordel irgendeiner Tasche oder sonst eines durch Gegend fliegenden Gegenstandes. Das macht mir Angst insbesondere im Hinblick auf die grob motorisch veranlagten Menschen, die in Deutschland und insbesondere in Regionalzügen der Deutschen Bahn unterwegs sind. Das soll keine diskriminierende Äußerung sein, es basiert alles auf eigenen Beobachtungen.
Das große Display ist wirklich schön, führt nur leider auch dazu, dass meine Mitreisenden zudem genau verfolgen können, wie viel Monster ich gerade abgeschossen habe oder wie dämlich ich mich mal wieder im Schach anstelle. Vom Email lesen mal ganz abgesehen, es ist kaum zu vermeiden, dass jemand Einblick nimmt.
So bleibt mir nur das Lesen der Zeitung, wobei meine wischenden, zusammen- und auseinderziehenden Fingerbewegungen genauestens registriert werden. Sie fallen ja auch deutlicher aus als die eines iPhone-Nutzers.
Letztlich bin ich glücklich, meine herunter geladenen Podcasts gefunden zu haben, sie verstecken sich unter dem Musik-Symbol, was sich mir nicht ohne weiteres erschloss.
Die Spiele im Übrigen sind auf Zukauf von Funktionalitäten angelegt und meist mit Werbung gepflastert, wenn sie kostenlos sind. Noch immer ist mein iPad eine Insel.
Das Übertragen von Fotos ist mir noch nicht gelungen. Ich habe meine erste kostenpflichtige App geladen, mit der es gelingen soll.

Dienstag, 24. Januar 2012

1980 - XV

Träume

Träume dürfen nicht in Erfüllung gehen,
tun sie es doch - was dann ?
Dann wird ein neues Kartenhaus errichtet,
ein Plan geschmiedet, eine Idee verfolgt,
ein Ziel gesucht, als ob es wichtig wäre,
sich und die Welt ständig zu überfordern,
statt die Einsamkeit zu vergessen -
zeig' mir Dein wahres Gesicht,
damit ich Dich lieben kann

Montag, 23. Januar 2012

1980 - XIV

Schatten

Nie weichst Du von meiner Seite,
wie ein angeklebter Schatten begleitest Du mich,
das Gesicht aufgerissen,
als ich Dich beiseite schleudere,
verformend zu der gräßlichen Maske,
der Film reißt,
zerstört die Dekoration,
statt Liebe wartet die Angst auf mich,
die mich in ihren Sog zieht.
Bleischwere Gewichte hängen an meinen Füßen,
als Zielscheibe bin ich leicht ausgemacht.
Und Du sagst, Du hast es schon immer gewußt.
Der Tag meiner Freiheit wird Deine Wiedergeburt.
Dein Gewicht ist mein eigenes.

Sonntag, 22. Januar 2012

1980 - XIII

Du und Ich

Ich sehe Dich, siehst Du mich auch ?
Wir stehen auf einer Klippe und beobachten die heranrollenden Wellen,
manche schlingen sich um die vereinzelten Felsbrocken, andere verlieren sich in der wie eine schiefe Ebene angelegten Weite des schmalen Sandbandes unter uns.

Über uns ein wolkenloses Universum,
unter uns die scheinbare Ewigkeit des auf und ab wiegenden Wassers,
fühle ich mich weit von Dir entfernt und doch so nah, daß ich Eins mit Dir werde,
Dein Haar berühren möchte und Dir in die Augen sehen kann ...

Samstag, 21. Januar 2012

1980 - XII

Gedankenwelt

Gedanken - schon wieder,
wieder einmal auch wiederholt
oder flüchtig, unbewußt bewußt
bestimmt nicht einzigartig,
flüssig, klar, logisch - prägnant
oder fließend verworren - intensiv
lebensfroh irreal, grausam todesnah:

Gedanken - noch immer,
Erinnerungen an Personen, Handlungen
oder Assoziationen, Verbindungen
vielleicht auch erlebt,
Bilder, Abbildungen, Gemälde gemalt
oder Entwürfe umrissen, Skizzen gestochen
wie gewonnen so verloren:

Gedanken - trotz alledem,
einzig sein in tausendmilliardenfacher
oder unbegrenzter unfaßbarer
Gleichförmigkeiten naher Materie,
Material zum Aufarbeiten
oder Gestik lieber Menschen,
wie Gedanke zu Traum,
so Traum zum Leben.

Freitag, 20. Januar 2012

1980 - XI

Freud oder Leid

Was ist das für ein Gefühl, Freud oder Leid ?
Einerlei, ob ich weine oder lache, bin ich doch gleich bewegt dabei und selbst das Gesicht verrät nicht, ob die wahren Gefühle dem Gelächter oder dem Geheul zu neigen.
Der Verstand registriert nur eine Stimmung, die unabhängig von der Vernunft alle Barrieren niederreißt und die der Freiheit entgegen strebt.
Einer subjektiven Freiheit, die sich zur Realität erhebt.

Donnerstag, 19. Januar 2012

1980 - X

Haben oder Sein

"Haben oder Sein" - kann das wahr sein ?
Wenn ich nichts habe, bin ich dann etwas ?
Die Selbsterhaltung meines Körpers, des einzigen wirklichen Besitzes bestimmt doch dieses Sein, gibt ihm erst Sinn.
Das Sein erstreckt sich nur auf die Materie, sie hat nichts, weil sie nichts ist.
Die Materie zerfällt in die Bewegung der kleinsten Bestandteile, das Sein als Energie, motiviert durch die Sehnsucht Besitz - Leben.

Montag, 16. Januar 2012

1980 - IX

Rad-Schlag

Warum erstickst Du Dein Leben und legst es ins Bett ?
Du glaubst, Du bist allein, weil die anderen nicht so sind, wie Du es willst.
Das Leben beachtet Deine Spielregeln nicht und läßt Dich nicht Herr sein.
Nun willst Du Dich selbst vernichten: sei kein Narr, Du stirbst sowieso.
Nutze die Zeit und kämpfe um Dein Glück. Gestalte Dein Leben, schaffe Dir etwas, um Dich zu beschäftigen, aber vergesse nicht, daß Du alles wieder verlierst.
Es ist ein Spiel.
Trotz aller Verschiedenheit wollen wir alle dasselbe: Glück.

Sonntag, 15. Januar 2012

1980 - VIII

Unwissenheit

Eine Stelle der Labsal und Ruhe, ein großes Ziel.
Breite die Flügel aus und fliege, laß alles hinter Dir.
Alles oder Nichts ?
Kärgliche Versuche des Verstehens, Gespräche im Nebeneinander, die wie Luftballons zerplatzen, Eindrücke der Imagination. Weiter im Labyrinth, Mühsal heißt das Leben mit glatten und rauhen Flächen, der Geschickte kommt durch, behält die Bahn. Weiter !

Samstag, 14. Januar 2012

1980 - VII

Wanderung

Das Lichtermeer bewegte sich, Erleuchten und Löschen, Unablässigkeit und Ziellosigkeit drückte sich in Geräuschen aus un im Konzert der Einzelheiten entwickelte sich der gleichmäßige Lärmpegel.
Trotz allem irritieren den Wanderer Einzelheiten, sodaß er sich ablenken ließ und enttäuscht ging.

Freitag, 13. Januar 2012

1980 - VI

Ende der Zeit - Endzeit,

die wir erleben, alles schon mal Dagewesene wiederholt sich, ob in der Mode, in der Musik, es gibt einfach nichts Neues und wenn, dann nur das, das die Seele stirbt und durch Technik ersetzt wird, alles so sinnlos wie die ausgefranzte Kleidung der hoch technisierten und synthetischen Musiker, das Mittelalter begegnet der Technik und wird als Hülle vorgezeigt. Hat diese Zeit keine Hoffnung wie die Jahre zuvor: die Fünfziger mit dem Rockn' Roll, die Sechziger mit der Rebellion und den Beatles, die Siebziger mit den Rockbands und der Liberalisierung ? Doch - das Ende ist nicht zu übersehen, erst jetzt im Angesicht der sterbenden Bäume; der hochgereckten Raketen, die phallusartig dastehen, bis jemand den Knopf zum Blow drückt, um seine Angst abzuschießen; der beginnenden Überwachung; der Sinnlosigkeit des Arbeitslosendaseins und des Abbaus der so lange erkämpften Rechte; der Lebensgrundlagen für unsere Kinder; erst jetzt läßt sich das Leben so richtig genießen.
Die Achtung vor der Zeit fehlt mir, vor allem vor den Zeitgenossen, keine Ehrlichkeit, nur Gefasel, kein Mut zu bekennen: wir gehen kaputt und das ganze Leben rollt noch einmal als Film vor uns ab, spult zurück. Unsere Endlichkeit erlöst uns von den Faxen, Vielheit wird zur Einheit des Endes, wir merken es bloß nicht und doch hat alles einen Sinn, den wir nicht verstehen.
Noch nie erlangten wir solche Freiheit und Vielheit wie heute, doch sie ist kein Selbstzweck und wir müssen bezahlen, gerade deshalb das Leben genießen !

Der 13.

An einem Samstag, dem 13. Januar 1945, also vor 66 Jahren, begann die Rote Armee ihre Offensive, die zum Verlust der deutschen Ostgebiete führen sollte und die das Ziel hatte, Berlin zu erobern.
Mit einem bisher nicht dagewesenen Trommelfeuer der Artillerie und starker Luftunterstützung wurde die mehrmals geschlagene Wehrmacht überrollt. Bereits Ende Januar 1945 hatten sowjetische Truppen einen Brückenkopf an der Westseite der Oder gebildet.
Die Militärs beider Seiten hatten das Ergebnis voraus geahnt. Hitler aber hörte nicht auf seine Generäle. Das Gros der deutschen Luftwaffe wurde schon Anfang Januar bei dem sinnlosen Versuch, die Lufthoheit im Westen zu gewinnen, verheizt. Die Ardennenoffensive kam auch wegen Treibstoffmangels von selbst zum Erliegen. Sie führte überdies dazu, dass die Westalliierten Stalin dazu drängten, so bald wie möglich im Osten entlastend anzugreifen. Doch statt Truppen an die zusammen brechende Ostfront zu verlegen, gefiel es dem größten Feldherrn aller Zeiten, seine Panzer lieber in Ungarn beim Entsatz von Budapest zu verbrennen. Auch diese Verluste waren nicht zu ersetzen. Über all dies waren die sowjetischen Truppen bestens informiert. Sie wussten um die Schwäche der Deutschen und konnten es sich leisten, sie mit russischen Liedern und Tanzmusik unmittelbar vor Beginn der Offensive zu verhöhnen.
Doch Hitler glaubte weiterhin an „Feste Plätze“, eine Verteidigung gegen eine bis zu zehnfache Übermacht und ließ noch im März bei der Rückeroberung von Lauban die „Wende“ zelebrieren. Mit dem Glauben ist es aber so eine Sache. Die Zivilbevölkerung wurde gezielt desinformiert und dazu gebracht, an manchen Orten bis unmittelbar vor dem Einmarsch der Roten Armee ihrem Alltagsleben nachzugehen
Viele Soldaten wurden aber vom schnellen Vormarsch der Russen überrascht und eingekesselt. Sie kämpften verzweifelt und oft vergeblich um ihr Leben.
Die Zivilbevölkerung in Panik und heimat- und rechtlos, das allein ist die Schuld des Kunstmalers Hitler und seiner Vasallen ebenso wie der Untergang der ostdeutschen Länder und derer Kultur.
Wäre der Angriff nicht 1939 von Deutschland ausgegangen, dann wäre das alles nicht passiert. Insofern ist der 13. tatsächlich kein entscheidender Tag.      

Mittwoch, 11. Januar 2012

Dienstag, 10. Januar 2012

1980 - IV

Bewußt-Sein

Das Bewußtsein in Aktenkoffer eingesperrt, dauernd drängen wir das Gewissen ab, abgestorben und als Teil einer Funktion läuft die Zeit ab, warum kommen wir über ewige Halbheiten und Kompromisse nicht hinaus und tun grundsätzlich nicht das, was wir wollen ?
Ist es die Angst vor uns selbst, was für eine Menschlichkeit fürchten wir so sehr, das wir uns vor ihr verschließen ?
Wir wollen nicht fragen und nicht leiden, uns keine Blöße geben, kein Leid sehen und nicht verpflichtet sein, immer gute Laune und möglichst viele schöne Dinge erleben. Dafür scheuen wir uns nicht, anderen mal auf den Fuß zu treten, sie zu kriminalisieren und zu radikalisieren, wenn uns deren Meinung zuviel wird und wir unsere "Werte" von denen schlecht behandelt sehen. Wir streben nach Reichtum jeder Art und Glück und leiden dabei unter dem größten menschlichen Schmerz: die Menge der Ausgestoßenen wächst.
Eines Tages lösen wir unsere Unzufriedenheit aus, als Gemeinschaft der radikalen Einzelkämpfer erzielen wir größte Wirkung und potenziert ins Philosophische führt es uns zum nuklearen Wahnsinn, der uns die letzte Sorge nimmt.

Montag, 9. Januar 2012

1980 - III

Maskenball

Nach fünf bis sechs Tagen Maskenball an seiner Arbeitsstelle (das kam dort öfter vor) begab sich der Werktätige K.S. aus F. in sein wohl verdientes Wochenende. Er wollte sich eben nur schnell einen neuen Aufzug verpassen und hatte es längst gelernt, was natürlich transpirieren heißt, welcher Duftstoff die größte Wirkung erzielt, die ein Parfüm nicht erreicht ...
Er verbrachte ein Wochenende mit Sport, danach die abgestimmte Sendung im Fernsehen, das nette Tanzlokal, darauf bereitete er sich immer gut vor, ein längeres Sonntagsschläfchen mit dem folgenden, abgerundeten Sonntagsmahl, ein Sonntagsspaziergang, der Gedanke, notwendigerweise, an die nächste Woche. Diese letzte Phase zeigt ihn nachdenklich, doch: überzeugend sein pünktlicher Arbeitsantritt. Eines Montages fand der Werktätige K.S. aus F. weder Kostüm noch Maske, dabei ging es diese Woche um das beste Kostüm. Selbst der Chef nutzte die Möglichkeit der Verkleidung. Was soll K.S. aus F. nun unternehmen ?
Ohne Kostüm und Maske gehen scheint nicht sehr förderlich, oder etwa ein neues erstehen, wo das alte so gut paßte (sowas ist teuer)... Reichliche Hinweise zur Belohnung ausgesetzt.

Dienstag, 3. Januar 2012

1980 - II

Herr Robinson

Herr Robinson, Leiter oder viel mehr leitender Angestellter einer Werbeagentur, nannte eine schmucke Segeljacht sein eigen. Eines Tages nahm er seinen kompletten Jahresurlaub, ließ Streß Streß sein und segelte von der Nord- bis in die Südsee. Wie auch im Dschungel von Frankfurt spielte sich seine Crew glänzend aufeinander ein. Diese bestand aus der Lebensgefährtin Liane, braungebrannt, und zwei seiner besten Freunde, Grafiker und Fotograf von Beruf.
Alles stand im Banne von Palmen, Sand und glasklarem Wasser, bis der Sturm den Mast von 'Antigone' umknickte wie ein Streichholz, sie antriebslos hinterließ und außerdem dafür sorgte. daß ein Leck das Schiff schneller sinken ließ, als ein Notruf braucht, um gesendet zu werden. Herr Robinson in Seenot: gerade ein Stück der Deckverkleidung diente ihm als Floß, die Gefährten verlor er aus den Augen. Vor Trauer und Sehnsucht nach Liane krank, der Einsamkeit überdrüssig und zu Tode erschöpft, strandete er auf einer Insel, die ihm als winziges Eiland erschien. Feiner weißer Sandstrand, die letzte Empfindung vor der Ohnmacht. Das Meer so unendlich blau, die Brandung so lieblich, die Sonne so gelb, als habe es nie einen Sturm gegeben. Und jetzt tauchte auch noch ein Kreuzfahrerschiff am Horizont auf. Groß, weiß und bedächtig ging es vor Anker.
Kleine Boote mit neugierigen, kamerabehängten, kurzhosigen Touristen schwärmten aus. Die Anführerin der ersten Gruppe schien erstaunt, als sie den so gut wie unbekleideten Herrn Robinson sah, den langbärtigen, farbigen, etwas wirr blickenden Sonderling. Er wollte sich vor den klickenden, surrenden Film- und Fotokameras schützen und den entsetzten, teilweise belustigten Blicken der älteren Frauen entgehen. Dann begann er zu sprechen, wollte erklären, aber die Kreuzfahrer hasteten weiter zu irgendeiner angekündigten roten Grotte, wie jemand murmelte. Vollgepackt das Programm der Reisenden, keine Zeit für Small-Talk mit Eingeborenen, das war nicht vorher arrangiert, sogar ärgerlich.
Doch Robinson wollte zurück ins Dunkle seines schattigen, klimatisierten, Büros. Das glaubt mir kein Mensch, durchzuckte es ihn, er bemerkte Bewegungen. Jemand faßte auf seine Schulter, er schnellte herum. " He, Dein Rücken ist schon ganz rot, das gibt Sonnenbrand ! ", unverkennbar die Stimme von Liane. " Komm', laß' uns was trinken gehen, wir haben genug Sonne getankt ! " Ja, murmelte Herr Robinson, fühlend das große Schwitzen, bloß zurück zum Hotelzimmer in den Schatten.
Du, sagt er später zu Liane, eigentlich hätten wir auch was anderes machen können als so einen Pauschalurlaub. Ja, ja, spottet Liane, Deine ewige Unzufriedenheit, Du wolltest doch segeln !

1980 - I

Das Nichts sagte zum Etwas:
Hoffentlich nimmst Du es mir nicht übel,
daß ich Dich geboren habe.
Darauf antwortete das Etwas:
I never mind being born !


(Geschrieben in großer Sinnlosigkeit und
momentan unterwegs zum Titan mit der Huygens-Mission der ESA)

2012

Ein neues Jahr, ohne dass es etwas wirklich Neues passiert. Vorsätze habe ich keine, ohnehin ist der Jahresanfang eine Zeit der endlosen Wiederholungen. Gute Wünsche werden gemurmelt und allseits hat man noch Urlaub. Man wundert sich, dass Menschen immer nur ihren Vorteil im Kopf haben, so wie unser Bundespräsi. Und das alte Feindschaften neu weiter leben.
Mir fehlt momentan der Glaube, dass ein Mensch so etwas 108 mal erleben will, schon 50 bewusste Male finde ich ermüdend, auch wenn ich zugeben muss, eine vernünftige Alternative fehlt. Also blende ich mit den folgenden Beiträgen zurück.