Mittwoch, 28. Dezember 2011

Phänomenal

Da glaubte man über der Römerberg-Ostzeile eine biblische Erscheinung zu sehen an diesem so heiligen Abend. Und als man dann noch hörte, dass sicher Herr Heesters nun doch entscheiden hat, mit dem Tod mitzugehen und nicht länger nach Simone zu rufen,
da war ja eigentlich klar, das war ein Zeichen. Des Niedergangs oder des Aufstiegs? Es ging deutlich nach unten, es war ja nur Schrott, immerhin Weltraumschrott. Nun werden die Phänomene wieder alltäglicher. Jeder kennt ja das Hoch- oder Runter-Syndrom beim Kloodeckel, jeder Mann zumindest hat davon gehört. Und auch das Fenster auf- oder Fenster zu-Problem ist bekannt. Man muss also nicht in den Himmel sehen, um unerklärliche Vorgänge zu betrachten. Und um eine Entscheidungshilfe zu geben: im Zweifelsfalle geht das Licht immer aus, auch wenn es manchmal an ist.
Das ist im Übrigen auch im neuen Jahr so.

Donnerstag, 22. Dezember 2011

Glückstraum

Weihnachten ist da und wer hat es bestellt?
All das Grün, das viele Geld.
Moralisch wirst Du nun vermessen,
hast Du Geschenke, hast Du Vergessen?
Die Entscheidung unterm Weihnachtsbaum
entpuppt sich schnell als kruder Traum. 
Die Toten werden nicht mehr lebend,
Zeit ist vergänglich, nicht vergebend

Mittwoch, 14. Dezember 2011

Contestant

Nachdem ich ein paar Bilder geflickrt habe, tumblr ich weiter, um mir via Instagram einen zu twittern. Ich hätte aber auch mit dem Facebook ins Haus fallen können.
Kontakt mit meinen Kollegen habe ich kaum noch, bin einfach zu beschäftigt. Außer wenn ich gerade ein gebrauchtes Theraband um einen Schädel gelegt habe, um meine Halsmuskulatur zu dehnen. "Rücken fit" nennt sich so etwas. Dabei hat mein Rücken gar keine Chance gegen mein iPad (2 wohl gemerkt). Oder doch?
Da fragt mich neulich der tumblrbot vom tumblr, was mein liebster materieller Gegenstand sei. Das iPad ist mir nicht eingefallen, er war beleidigt, der Roboter.

Donnerstag, 1. Dezember 2011

John M. Coetzee – Summertime

Das Buch des südafrikanischen Schriftstellers ist Fiktion und dennoch autobiographisch.
Mehrere wichtige Personen im Leben des Alter Ego kommen zu Wort, interviewt von dem stets im Hintergrund bleibenden englischen Ph.D.-Studenten, dessen Fragen aber den Charakter des zu erforschenden, vermeintlich bereits verstorbenen, Autors John M. Coetzee
ein ums andere mal heraus arbeiten. Da tritt in den Schilderungen der Zeitzeugen ein recht spröder und weltfremder Mensch hervor, der seine Cousine als Kind lieb hatte, ein kurzes Verhältnis mit einer betrogenen Ehefrau eingeht, eine brasilianische Sambatänzerin stalkt und deren Tochter unterricht und eine Liebe zu einer französischen Lehrerkollegin hatte.
Ein Mensch, der von den Frauen als zu leicht empfunden wird, zu wenig gefühlvoll und zu andersartig, um als richtiger Mann durchzugehen. Und auch der übrige Erfolg im Leben stellt sich kaum ein. Dieser John M. Coetzee ist in die U.S.A. ausgewandert, muss das Land verlassen, weil er dort Probleme wegen seiner Einstellung zum Vietnamkrieg bekommt und lebt dann bei seinem Vater.
Szenen aus Kapstadt und dem Outback wechseln sich ab, Szenen aus der Zeit der Apartheid in den Siebziger Jahren. Einer Zeit, in der schon viele Weiße wussten, dass das Paradies ihrer eingezäunten Vorstädte nicht ewig bestehen würde..
Dieser Coetzee kann nichts richtig und arbeitet doch immer weiter. Er versucht, das Haus des Vaters zu erneuern und unterschätzt die damit verbundene Arbeit. Er gibt Nachhilfeunterricht an der Uni, ohne ein richtiger Hochschullehrer zu sein. Er bleibt mit dem uralten Pickup, den er vergeblich zu reparieren versucht, bei einem Ausflug mit seiner Cousine in der Wüste stecken.
Das große Geheimnis des Buches ist: wie viel John M. Coetzee ist dieser John M. Coetzee?
Er schreibt Poesie, das macht ihn für seine Farmerfamilie nicht besser. Er ist kein Rassist und doch nicht politisch.
Da man diese Frage dennoch nicht beantworten kann, liest man einfach das Buch, als das, was ist: ein sehr menschliches Portrait des untergegangenen südafrikanischen Apartheidstaates.
Und eines Menschen, dessen Bemühen im Vordergrund steht, der beschreibt und nicht handelt.  
John M. Coetzee erhielt 2003 den Nobelpreis für Literatur. Er ist Vater zweier Töchter und Witwer. Und lebt in Australien.