Dienstag, 29. Januar 2019

Wein und Spiele

Fünf Gläser Weißwein standen vor mir und ich versuchte, mein eigenes Glas zu finden. Die Gläser waren unterschiedlich voll, ich entschied mich für ein volles. Während dessen spielten zwei Kinder mit mir Verstecken. Ich fand sie natürlich nicht. Nun trat eine Frau auf mich zu. Sie kniff mich in die Wange und meinte, ich sei dicker geworden. Ihre Anwesenheit und ihre freundschaftliche Art überraschten mich angenehm. Bevor wir uns verabschiedeten, erwähnte sie noch, dass sie mich fotografieren wolle und zwar in einem, wie sie sagte, "Arme-Menschen-Kostüm".
Das schmeichelte mir und ich dachte über den Begriff nach, vergaß aber dabei meinen Hund.
Der hatte die Gunst der Stunde genutzt, war zur Tür hinaus gelaufen auf die Straße. Als ich mich auf die Suche machte, sah ich gerade noch, wie Straßenbahntüren sich öffneten und mein Hund hinein sprang, die Hundeleine hinter sich her ziehend. So schnell ich auch lief, die Tür war zu und ich konnte die Leine ergreifen, in der Hoffnung, die Bahn führe nicht ab. Das war leider ein Trugschluß und ich musste die Leine los lassen, um nicht mitgezogen zu werden. 
Das ich meinen Hund verlieren sollte, erschütterte mich sehr. Ich müsste schnellstens die Verkehrsbetriebe informieren.

Donnerstag, 24. Januar 2019

Großmutter und Enkel


Links: Mein Großmutter (Bildmitte) in Kolberg 1928 (geb. 30.11.1914)     
       Rechts: Ich am Obersee 1969 ( geb. 12.9.1955)


Wir waren beide zum Zeitpunkt der Aufnahmen 13 Jahre alt.

Sonntag, 20. Januar 2019

Amore

Der Mensch ist ein komisches Tier.
Während Tiere die Fortpflanzung ihrer Art recht zeitsparend erledigen und sich danach ihrem eigenen Überleben widmen,
ist der Mensch den sagenhaften Erfindungen seines Verstandes ausgeliefert. Dazu gehört zum Beispiel die Idee der "ewigen Liebe",, die praktisch dazu führt, dass Männer und Frauen sich lebenslang aneinander Ketten müssen, um dieser zu frönen. Liebe als Empfindung ist  aber sehr kurzlebige Angelegenheit. Ein Ausnahmezustand, bei dem es sicher nicht ratsam wäre, ihn auf das ganze Leben, also auf ewig, auszudehnen.
Das die mit dem Glauben an die Liebe verbundene Monogamie dennoch von so vielen Menschen gelebt wird, hat andere Gründe. Die sind meist rein praktischer Natur (Versorgung, Angst vor Veränderungen, Gewohnheit). Und natürlich ist die Liebe auch ein schönes Geschäftsmodell. Es lässt sich besser konsumieren, wenn man zu zweit lebenslang Geld einsammelt.
Instinktiv sind uns hier die Tiere alle überlegen. Sie wissen auch genauso wenig wie wir, warum es Leben gibt und glauben an nichts. Sie leben eben einfach.

Donnerstag, 10. Januar 2019

Brandung


Wie anders sind meine Syltbesuche heutzutage geworden. Konnte ich früher noch in Erinnerungen an noch früher schwelgen, so habe ich jetzt vieles vergessen. Manches erkenne ich erst wieder, wenn ich direkt damit konfrontiert werde. Und die Beschwerlichkeiten scheinen manches Erfreuliche zu überdecken. Dies ist wohl so unumgänglich wie die Brandung der Wellen am Sylter Strand.


Samstag, 5. Januar 2019

Sowjetunion 1926

Wie weit man gesellschaftlich schon damals war.
Joseph Roth Zitat aus: Journalistische Schriften + Essays:
'Viel revolutionärer als die Sitte ist das Gesetz. Es macht keinen Unterschied zwischen ehelichen und unehelichen Müttern und Kindern. Es bestimmt, daß einer arbeitenden schwangeren Frau nicht gekündigt werden dürfe; daß ihr zwei Monate vor, zwei Monate nach der Entbindung Urlaub gegeben werde; daß der Monat, in den die Geburt fällt, doppelt entlohnt werde; es bestimmt, daß die Alimente der Vater zahle (wenn er nicht ohne Einkommen ist), daß eventuell einige Männer sich in die Alimentenlast teilen, wenn die Mutter es vorzieht, einige Männer als eventuelle Väter anzugeben; es gestattet den künstlichen Abortus, es befiehlt die Trennung der Ehe, auch wenn nur ein Teil sie lösen will, es stellt das sogenannte »Konkubinat« der vor dem Standesamt geschlossenen Ehe vollkommen gleich; es berechtigt theoretisch auch den Mann unter gewissen Bedingungen, auf materielle Unterhaltung Anspruch zu erheben; es anerkennt keine Gütergemeinschaft in der Ehe; es fördert die vielen Mütter-und Kinderheime, Schutzkommissionen, Säuglingsfürsorgestellen. Es ist ein im modernen Sinn humanes Gesetz, das allerdings in der Praxis ebenso zu Schwierigkeiten wie zu Lächerlichkeiten führen kann. Die Gerichte, die vor kurzer Zeit noch mit Alimenten-Prozessen überlastet waren, sind heute immer noch mit ihnen beschäftigt."

Freitag, 4. Januar 2019

Putin

Mit Putin fuhr ich durch die Lande. Warum er ausgerechnet mein Fahrer war, weiss ich nicht. Wir kamen durch ganz Europa und schifften uns ein nach Amerika. Eine Weltreise also.
Putin machte stets einen souveränen Eindruck in sein schweren Audi.
Audi, eine Automarke, deren Fan ich mal war, als sie noch das Image des aufstrebenden Underdogs hatte und nicht so prollig arrogant daher kam wie heutzutage  Meine Audikarriere war allerdings schnell vorbei, nachdem mein erster und bisher einziger Audi ständig Lackprobleme aufwies und unerklärlicherweise dauernd Flüssigkeit verlor, was keine Werkstatt je beheben konnte. Zu Putin aber passte das Fahrzeug. Ob wir auf breiten Highways fuhren oder enge Tunnels passierten, Putin was the man.
Ende der Reise war ein großes und gleichzeitig ehrwürdiges Tagungshotel, wo ich ein Projekt präsentieren sollte.
Gleichzeitig checkte eine Jugendgruppe dort ein und mir schien es so, als ob mir zwei Gesichter besonders bekannt erschienen, meine Kinder. Wir hatten uns lange schon aus den Augen verloren.
Aber keiner von uns nahm Kontakt auf. Wir zögerten und hatten uns bald nicht mehr im Auge. Ich stolperte stattdessen durch endlose Räumlichkeiten, treppauf, treppab, um den Seminarraum zu erreichen.
Putin jedenfalls war weg.