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Dienstag, 13. August 2013

Ringgeist - Nichts los auf Kos?


Der Glaube an das Gute ist doch tief verwurzelt in mir, manchmal findet man es an einem unerwarteten Ort in  Gestalt eines Menschen. So am 18.10.2004 wie folgt beschrieben.

Am liebsten hätte ich aus dem Bus gewinkt, als ich unsere Wirtin der Epikouros-Taverne sah. Es war am
Ende eines schönen Herbsturlaubstags und wir sind auf dem Weg zum Flughafen. Wie immer geht sie fast suchend durch das Lokal, um ja nichts und niemanden zu vergessen. Dabei bezeichnet sie sich als Angestellte, die dort nur arbeitet. Wir kosteten gern vom leckeren Schokoladenkuchen, der nach dem Rezept der Großmutter gebacken wurde und tranken gern den Wein, den sie schon seit 11 Jahren in gleichbleibender Qualität von der Insel Patmos bezieht.
Ihr Lokal war die Insel vor einem großen modernen Dienstleistungsresort und unsere Rettung. Es erhielt unseren Glauben an die griechische Gastfreundschaft aufrecht und nährt damit den Wunsch zur Wiederkehr und den Glauben an eine bessere Welt.

Samstag, 3. August 2013

Ringgeist - Tag der deutschen Einheit

Am 4.10.2004 bemerkte ich zum "Tag der deutschen Einheit" treffender "Tag der deutschen Reisefreiheit": 

Unterwegs meinte meine bessere Hälfte zu mir, sie wisse nicht, warum sie eigentlich immer zu ihrer Familie fahre. Gerade war ich auf die Autobahn gefahren, eine Stunde Stau und schleppender Verkehr warteten auf mich, danach dann die Routine einer weiteren vielstündigen Fahrt über Bundes- und Landstraßen, bis man nass geschwitzt aus dem Auto steigt. Ich dachte, wir hätten einen Kindergeburtstag gefeiert. Und das wäre es wert gewesen. Aber vielleciht habe ich was falsch verstanden. Morgens hatten uns mein Patenkind und  sein Bruder geweckt, nachdem sie zuvor an unserem Matratzenlager standen und sich fragten, warum ich?
Ich hatte mich noch ein bisschen schlafend gestellt. Mein Patenkind muss uns noch verraten, warum er lieber bei uns ist als wir bei ihm sein sollen. Er fand unsere Abreise blöde.

Montag, 29. Juli 2013

Ringgeist - Ein Ring, sie zu knechten,


sie alle zufinden, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden.

Diese Überschrift brachte dem Beitrag vom 29.9.2004 185 Zugriffe und Platz 7 der Top-Beiträge ein. Klar, woran, es liegt, am Ring natürlich. Ob es wieder klappt?

Das wäre wohl die Lösung für viele Gedanken. Tagebuchschreiben soll ungesund machen, so stand es in der Zeitung. Zum Glück schreibe ich keins. Denn all diese Gedanken frei zu lassen, wäre ja wohl abscheulich. Andererseits wird einem geraten, es zu tun, wie wohl ein Tagebuch gegenüber dem Weblog den Vorteil bietet, dass es diskret ist.
Mein Vater ist momentan sehr diskret. Er geht ins Krankenhaus und lässt sich an der Halsschlagader operieren, ohne mir mal einen Tipp zu geben. Ich wunderte mich nur wegen seiner Nichterreichbarkeit am Telefon. Jetzt habe ich mit ihm gesprochen, er hörte sich heiser an, weil eines der Stimmbänder noch nicht wieder richtig vibriert. Er hat es an den Händen gemerkt, die nicht mehr richtig durchblutet wurden. Daraufhin ließ er sich eine Überweisung zum Gefäßchirurg geben, wurde geröntgt und die Verstopfung der linken Halsschlagader festgestellt. Schließlich war es dann soweit, mein Vater packte seinen Koffer und fuhr zum Hauptbahnhof. Er freute sich über die schöne Zugfahrt nach Volkmarsen. Dort gibt es eine Spezialklinik. Von da aus schrieb er mir eine Geburtstagskarte. Beschwerden hatte er ja noch keine. Es ist alles gut verlaufen, eine Narbe am Hals bleibt zurück. Er schilderte mir in allen Einzelheiten Details zur OP. Jetzt sei er noch ein bisschen kaputt, aber er fährt wieder jeden Tag Rad (10-15km). Bewegung sei das ein und alles.
Meine Erleichterung war riesengroß, auch wenn mir gleichzeitig klar wurde, wie wenig er seine Kinder in sein Leben einbindet. Mit meinem Bruder hatte er schon gesprochen. Der wollte allerdings nur eins: Geld.

Montag, 22. Juli 2013

Ringgeist - Happy

Ja, der 12.9. war auch in 2004 ein besonderer Tag, auch wenn er mich oft genug ärgert. Zudem läutete ich bereits damals meinen beruflichen Abstieg ein. Oder war es ein geordneter Rückzug? Danach sah es am 1.9. noch nicht aus. Da war es noch makellose Selbsterkenntnis. Beide Beiträge poppten naturgemäß die Leser schon damals nicht, sodass es nicht für die Top 25 des Blogs reichte.

Mein Vater hat mir zu meinem Geburtstag per Karte gratuliert. Das erleichterte mich einigermaßen, denn ich konnte ihn die letzten Tage telefonisch nicht erreichen.
Die nächste Woche wird im Büro noch einmal im Zeichen der Arbeit an unserer Online-Recherche stehen. Ich habe mit meinem Kollegen vereinbart, dass wir ein Projektteam bilden und das somit die Arbeit nicht nur auf meinen Schultern ruht, sondern auch ganz offiziell wir beide verantwortlich sind. Das ist in der Praxis ohnehin so. Wir müssen es nun unserem Chef noch verklickern.

Wenn die Projekte nicht mehr wichtig sind, an denen man gerade arbeitet und einem die Kollegen das Wort im Mund herum drehen, spätestens dann, sollte einem klar sein, dass es nur noch ein Projekt gibt, was sich wirklich lohnt: Abstand gewinnen. In diesem Haus regiert die IT. Die IT ist kein Dienstleister, sondern bestimmt letztlich, was gemacht wird und mit wem sie zusammen arbeitet. Verstehen werde ich das auf meine alten Tage nicht mehr. Der Ärger wird kein Ende mehr nehmen, soviel weiß ich, also muss mir die Psychologie wieder einmal helfen. Im Prinzip regt es mich noch nicht einmal mehr auf, weil die Abläufe erkannt sind.

Freitag, 19. Juli 2013

Der "Tschick" ist da.

Wolfgang Herrndorf setzt mit seinem Blog "Arbeit und Struktur" einfach mal ein Zeichen, ein Ausrufezeichen. Es bleibt zu hoffen, dass es ihm vergönnt ist, noch ein Buch zu schreiben oder zumindest soviel Material zu hinterlassen, dass irgend jemand seine Gedanken fertig formulieren kann.
"Tschick" wiederum ist fertig und einer der Protagonisten des gleichnamigen und wohl bekanntesten Romans von Herrndorf. Bevor ich nun anfange, hier nach zu erzählen, was ohnehin überall steht, muss ich sagen: bei mir war das alles anders.
Meine Mutter sprach auch dem Alkohol zu, aber sie dachte gar nicht über eine Entziehungskur nach. Das fand ich nicht sympathisch und auch nicht, wie man heute sagt, cool. Mein Vater schlug mich nur, wenn die Mutter ihn zu sehr nötigte, eigentlich ging es ihm gegen den Strich und er hörte später damit auf. Er hat mich anders klein gekriegt.
Leider haben mich meine Eltern auch nie während der Ferienzeit allein gelassen und es stand auch kein Tschick mit einem kaputten Auto vor der Tür, um mit mir in die Wallachei zu fahren.(Da war ich ja auch bereits.)
Stattdessen hatte ich einen kleinen Bruder, dessen Aggressionen von mir beherrscht werden wollten.
Wir waren eben eine ganz normale, noch nicht mal bürgerliche Familie. Es war eben alles nur halb Scheiße und nicht richtig wirklich, nicht romanhaft genug.
Wie Maik Klingenberg fiel ich allerdings während der Ferien in ein großes Loch, was ich eher in einer Art Schockstarre durch lebte, ohne außerhalb meiner Fantasien aktiv zu werden.
Besonders in diesem einen Sommer, wo die Mädchen unserer Klasse anlässlich einer Klassenfeier in der Wohnung unserer Klassenlehrerin auf die Idee kamen, mit den Jungs Brüderschaft zu trinken.
Warum auch immer, wir Jungens hatte meistens die Hemden aus zu der Zeit. Leider nicht die Mädchen.
Die obligatorischen Küsschen zwischen uns wurden zu einem Knutschfestival, wo man sich schnell von den unterschiedlichen Entwicklungen der Mädchen überzeugen konnte. Sicher dachte auch jeder von uns, er kann's am besten. Danach war ich verliebt, hatte aber sechs lange Wochen Pause. Mir wäre es im Traum nicht eingefallen, ein Bild für meine Angebetete zu malen, obwohl ich damals gezeichnet habe.
Das Zeichensetzen fiel mir schon immer schwer.
Da ist Maik schon wesentlich weiter, allerdings so einen Traumkumpel wie den Tschick gibt es auch kaum. So ein Underdog, der keine Chancen bei den Frauen hat, Dich bewundert und durch die Gegend chauffiert, um dann auch noch eine Issa zu treffen. Sehr schöne Nebenfiguren gibt es auch noch, z.b. den um sich schießenden Weltkriegsveteran. (Ich habe die Generationen ab Ende der zwanziger bis Ende der Vierziger Jahr des letzten Jahrhunderts schon immer für verkorkst gehalten.)
Sehr romantisch fügt sich am Ende alles, Maik verpfeift seinen Kumpel nicht vor Gericht, wie es der Vater verlangt und die Issa meldet sich am Ende brieflich zurück.
Sehr humorvoll und merkwürdig rührend geschrieben, das Werk.

Mittwoch, 17. Juli 2013

Der Kopte


Wer ist wir, möchte man fragen. Ich weiß es nicht. Es handelt sich ja um einen Traum, da wird nichts erklärt. 
Ein Wir, wo jeder Einzelne für sich ist und doch nicht allein. Ein gutes Gefühl eben.

Wie alle kannten uns und trafen uns auf dieser Reise wieder. Eine Wochenendfahrt, Anlass war das Treffen mit dem Kopten. Er strahlte eine unglaubliche Freundlichkeit und Herzlichkeit aus, war letztlich aber immer nur er selbst. Ein dunkelhäutiger, grauhaariger Mann, schlank und mit einem kleinen Bart.
Die Umgebung war moslemisch geprägt, dennoch sollten wir einen christlichen Gottesdienst besuchen, der eher einer Jubelveranstaltung glich. Das Lachen und Singen steckte uns alle irgendwie an. Innerlich war ich dennoch sehr verblüfft über mich selbst, denn eigentlich war ich nur einer  Einladung gefolgt, seiner.
Bei der Messe sahen wir ihn nicht. Nachts sehe ich einen Träger mit einem kleinen Sarg auf dem Kopf in der Dunkelheit laufen. Nahezu unerkannt.
Am nächsten Tag erfahren wir es: er war gestorben und hatte uns zu sich gerufen, ohne lange mit uns zu verweilen.
Freiheit, die ich meine, so ging es mir durch meinen Kopf. Und zum ersten Mal versuchte ich, die Melodie dazu zu singen.

Mittwoch, 22. Mai 2013

Alles verloren

Im Laufe des Lebens verlierst Du alle Menschen, die Dir einmal etwas bedeutet haben, früher oder später. Menschen, die Dir was gelehrt haben, die Dir eine Chance gaben oder die Du einfach ein bisschen zu viel geliebt hast. Das alles war mit tiefem Innern Hoffen und Bangen verbunden, hatte was mit Mühe zu tun und mit Glück, wenn etwas klappte, mit tiefer Trauer, wenn was schief ging. 
Getreu der Ideologie der Siebziger, Wissen ist Macht, solltest Du also was gelernt haben. 
Man soll sich nicht binden, aber wer ist man? Ohne Bindung ist ein Mensch aber nichts. Dein Wissen und die Erfahrung nutzen der Seele nichts. Das Leben geht weiter. Heute lernt man sich zuhause am PC kennen. Da unterhalten sich User, die Profile lesen und nach Bildern beurteilen, wer der andere am Ende der Leitung ist. Das Leben im eigentlichen Sinne ist vorbei, es folgt der Abspann und manchmal fehlt auch der wie im modernen Fernsehfilm. 
Und wenn Du einen Menschen in dieses Kino mitnehmen kannst, dann ist es gut. Der Film heißt dann wahrscheinlich "Rente" oder "Ruhestand". Manchmal, so sagte mein Vater, fehle sie ihm. Das war Jahre nach dem Tod der Mutter. Sie fehlte ihm immer.

Freitag, 3. Mai 2013

Ohne Dich


Ohne Dich

lebe ich, lebe ich nicht.
Mein Leben lang
stiehlst Du mir meinen Sinn.
Am Tagesende
muss ich an uns denken
und morgens
meinen Weg doch anders lenken.

Mittwoch, 13. Februar 2013

Gold - LXVI

Rachel war es nicht verborgen geblieben, dass er über die letzten zwei Tage des Lebens seines Vaters nicht berichtet hatte. So fragte sie Paul mit einem leichten Unterton in der Stimme, ob er seinen Vater denn nicht mehr gesehen habe. Paul antwortete ihr, wie sooft nicht direkt darauf.

"Ich betrat einen großen Saal mit Bühne.
Eine verhüllte Gestalt bewegte sich im Scheinwerferlicht, eine Kutte ragte spitz in die Luft und warf Schatten auf das Gesicht der überhöhten Statue. Schriftzeichen zierten den bunten und doch dunklen Umhang. Die Figur wandte sich mir zu und beobachtete mich. Sie schwebte, ich selbst konnte das auch. Ich fühlte mich bedroht, die Gestalt war so hoch und unheimlich. Panik stieg in mir hoch und gleichzeitig stieg meine Entschlossenheit. Ich schnappte mir eine zweizackige Gabel und näherte mich mit unheimlich starkem Willen und unter Aufbietung aller Kräfte sehr schnell an, ja ich flog eigentlich. Mein Vernichtungswille war groß und gab mir Kraft. Die Gestalt schien nicht überrascht, als erstes verlor ich meinen Zweizack. So benutzte ich meine Hände, um die irgendetwas zu greifen. Ich schaffte es trotz großer Gegenenergie, an den Hals der Person zu kommen. Ich blickte durch eine durchsichtige Gesichtsöffnung auf : Knochen! Durch den Umhang konnte ich sie schon spüren. Gleichzeitig mit der erneut aufkeimenden Angst kam die Erkenntnis. Ich kämpfte gegen mich selbst. Ich ließ sofort ab und fühlte mich erlöst Ruhe machte sich in mir breit und ich hatte einen Irrweg beendet. "(2002)







Freitag, 18. Januar 2013

Gold - City of ..

Ich habe die Burg nun erreicht. Mühselig den weichen, als Pflaster getarnten Belag der Straße überquert. Die Burg hat einen Laden, wahrscheinlich Souvenirs. Aber auch das ist ein Fake. Alles ist zugeklebt, keine Tür offen, die Wand steht vom Boden ab und hat einen Zwischenraum. 
Wie immer, wenn die äußere Situation ausweglos erscheint, spielt mein Gehirn mir Musik vor.
Wie in einem Kaufhaus, nur das ich mich hier selbst beriesele. Ich habe keinen Einfluss auf die Auswahl.

" There beyond the bounds of your weak imagination

Lie the noble towers of my city, bright and gold
Let me take you there and show you a living story
Let me show you others such as me
Why did I ever leave?"

Die Burg liegt auf einem kleinen Hügel auf dem Berg, den ich hinauf kam. Von hier aus sehe ich, die Straße geht weiter, aber ich weiß nicht wohin.
Und mein Lied war zu Ende.


"They've got no horns and they've got no tail
 They don't even know of our existance
 Am I wrong to believe in the city of gold
 That lies in the deep distance, he cried and wept..
Hello friend, welcome home!


Die letzten Worte waren in mir noch nicht verhallt. Wie sollte es jetzt weiter gehen? 
Müdigkeit kroch in mir hoch. Einfach hin legen, liegen bleiben. 
So schlimm war es nicht.

Vater ist da. Ich fühlte mich wie aus dem Blau des Wassers gezogen, er redet, aber es dauert, bis ich etwas  verstehe. Er erzählt mir von einem Streit mit seinem Vater. 

und dass er sich eine neue kleinere Wohnung in unserer Siedlung nehmen wollte. 
(Was mir recht gewesen wäre, meinen Plan, eine kleine Wohnung in Parterre zu kaufen, in der er wohnen könnte, den hatte er abgelehnt.)

Meine Zeit läuft ab, wir spazieren zurück zum Bahnhof. 

So wie er mich geholt hat, bringt er mich.
Er bleibt allein zurück, während ich in mein Leben zurück kehre.

Montag, 7. Januar 2013

Gold - LVIII

Eines schönen Wintertages fuhr Paul mit dem Zug in die Stadt, um seine Wiedereinstellung perfekt zu machen. Zum Glück war der Chef wegen des Studiums nicht nachtragend. Und es war auch für ihn eine einfache Lösung, Paul wieder einzustellen, denn die Stelle, die Paul vorher inne hatte, war wieder frei geworden. Damit war seine finanzielle Unabhängigkeit gesichert und Paul über den Verdacht erhaben, von seiner Freundin leben zu wollen. Was er einst als Stagnation empfunden hätte, sah er nun als die sichere Rettung. Wenngleich er schon ahnte, dass seine Unzufriedenheit zurück kehren könnte, denn an den Herrschaftsgebaren seines Chefs hatte sich naturgemäß nichts geändert. Er war Frauen gegenüber wesentlich aufgeschlossener und glaubte immer in jeder Äußerung eines Mannes, die seiner Meinung widersprach, einen Angriff auf sein Patriarchat sehen zu müssen. Das machte es Paul schwer, sich wohl zu fühlen, zumal er solche Verhaltensweisen bestens kannte. Die Personalpolitik des Chefs war eindeutig, hier arbeiteten überwiegend junge Frauen. Eine Kollegin zum Beispiel, die manche Äußerungen Pauls mit einem herzhaften Lachen quittierte. Sie lud ihn zu sich nach hause ein, um ihm einen Vogel zu zeigen (das meinte sie ernst), dabei war klar, sie hatte bereits einen Freund. Der Arbeitsplatz erschien Paul mehr und mehr als wenig gutes Pflaster für einen mühsam den Hafen der Ehe ansteuernden Mann. 
Paul näherte sich einem zurück haltenden, stets um Seriosität bedachten Mann an, der im Verlag als Autorenbetreuer arbeitete und zweifelsohne ein besseres Standing als er selbst genoss. 
Paul hatte geträumt und erzählte während eines gemeinsamen Kneipenbesuchs davon. Die Eltern waren beide gestorben und er empfand das Gefühl des Verlustes als entsetzlich. Sie sprachen also über seine Eltern, die zu dem damaligen Zeitpunkt beide noch sehr lebendig waren und insbesondere über den Vater.
Überraschenderweise fand Paul nun in seinem Gesprächspartner einen verständnisvollen Menschen, der ihm die Rolle des Vaters zu erklären suchte. Ob er denn meinen würde, dass der Vater alles so gewollt habe, wie es sei. Er habe doch immerhin eine Familie aufgebaut, seine Familie und suche sicher ab und zu seine Freiheit. Da fand sich Paul wider Willens in der Position eines Anklägers, dem die moralische Berechtigung für ein Urteil fehlte.
    

Samstag, 5. Januar 2013

Gold - LVII

Im Zug beachtet eine Dame gerade nicht meinen auf der Lehne liegenden Arm. Vielleicht ein Anstoß, um den Traum dieser Nacht Revue passieren zu lassen. 
Ich sehe zwei Kinder, die mit einem Schlitten eine Skipiste hinunter fahren wollen. Jedes Kind sitzt also auf seinem eigenen. Der weiße Schnee blendet mich. Ich weiß nicht, warum das zugelassen wird. Ich habe Angst um sie, kann aber nicht eingreifen. Vor meinem Auge kreuzen sich zwei weiße Streifen, die immer breiter werden. Ich sehe nur noch weiß. Sie können das nicht geschafft haben, da herunter.    
Ich wache auf, ich muss ins Licht sehen, um dieses Weiß allmählich loszuwerden.
Kinder, so erzählte Paul, waren für sie kein Thema. Zu sehr waren sie mit dem Aufbau ihrer Existenz und der Bewältigung ihrer Isolation beschäftigt. Die Nachbarn ihrer ersten gemeinsamen Wohnung waren eigentlich nicht so übel und ganz freundlich. Aber das Regiment führte in diesem Haus ein Herr Schulz. Frau Schulz sah manchmal etwas mitleidig zu ihnen herüber, aber Herr Schulz empfand Paul wohl als eine ziemliche Zumutung.
Paul hatte wohl vergessen, dass in Deutschland die Frauen immer nett und gesprächig zu sein hatten. Und sie sollten vor allem auch optisch wirken. Ja, und die Kinder? Man nimmt doch eine Frau nicht, weil man sie menschlich schätzt. Da nimmt Mann sich doch etwas Junges, so hatte es der Vater vorgegeben.
Paul interessierte das nicht, noch hatte er keine Arbeit und die neue Freundin sprach von Verlobung. Darunter konnte er sich nicht viel vorstellen. Sie trugen beide Kettchen mit den Initialen des anderen. Zwei Ignorierte, die sich beide wollten.  

Mittwoch, 21. November 2012

ISRAEL

2. März 1981
Abflug aus Frankfurt, beweise, dass ich nicht zu feige bin, nach Tel Aviv zu fliegen.
Ankunft 19.30 Uhr Ortszeit, nachdem ich das Gepäck bekommen habe, wechsle ich Geld, finde die Touristinformation nicht und verlasse den Flughafen. Statt den Bus zu nehmen, lasse ich mich mit einem Taxi für 96 Schekel in die Hayarkon Street fahren. Vorher wäre mir in dem Gewimmel von Taxifahrern, die dauernd auf mich einredeten, fast wäre mein Rucksack verloren gegangen! Wir werden (ein Mädchen aus Yorkshire ist auch dabei) zu einem privaten Jugendhotel gefahren.  Die Betten sind elendig, Frühstück gibt es nicht, dafür zahle ich nochmals 39 Schekel.
3. März 1981
Am anderen Morgen stehe ich sehr früh auf, dem Rat eines sehr netten Engländers folgend, und erreiche das Kibbutz-Office für Volontäre. 
Dort bin ich einer der ersten Volontäre und soll nach Massada fahren. Das liegt in der Gegend, die ich als ersten Wunsch geäußert hatte. Die Volontäre seien dort sehr zufrieden, die körperliche Arbeit tue mir gut. Die Formalitäten sind schnell erledigt, da ich meine Versicherung bereits abgeschlossen habe und nicht, wie die anderen, den Betrag, der niedriger ist als in Deutschland, erst auf der Bank einzahlen muss. Mein Bus geht erst um 12.00 Uhr, so lasse ich das Gepäck zunächst im Office und sitze am Strand von Tel Aviv mit meinen Gedanken über die verlorene Beziehung.  
Es muss schon ungefähr 11.00 Uhr gewesen sein, als ich in Englisch angesprochen werde. Ein Typ mit langen Haaren will von mir die Uhrzeit wissen und wir kommen ins Gespräch. Ich erzähle ihm, dass ich nach Massada fahre. Er kennt sich gut aus, ist seit zwei Jahren nicht mehr in Deutschland gewesen und sagt mir einiges über Massada. Obwohl er sagt, das es gut sei, veranlassen mich zwei Dinge, zum Office zurückzugehen. Der Kibbutz liegt an der Grenze und außerdem scheint die Arbeit schwer zu sein. Er kommt mit mir zum Office und amüsiert sich offensichtlich über meine Befürchtungen. In meinen Augen waren die Nachteile jedoch schwerwiegend genug, um auf Änderung zu drängen. Zurück im Office fand ich nun auch die Sekretärin vor, die etwas freundlicher war als ihr Chef. Ich bat sie, mich doch in ein anderes Kibbutz zu vermitteln mit der Begründung, ich wolle nach Gilboa, vielleicht nach Tel-Josef oder En Harod. Das waren die einzigen Namen von Kibbutzen in der Gegend, die ich kannte. In Tel-Josef war ein Platz frei und ich machte mich sofort auf den Weg zur Busstation, von wo aus ich fast ohne Wartezeit nach Afula weiterfuhr. Im Ganzen war ich froh, nach Tel-Josef zu kommen. 

Tel-Josef, warum? Meine verflossene Flamme schwärmte davon, dort hatte sie ihre unvergessene erste Liebe kennengelernt und mir schien das nun ein geeigneter Ort, um meine Wunde zu kurieren. Vielleicht wollte ich auch nur noch ein bisschen darin rumrühren. Denn die Hoffnung, dass es Leute gab, die sie kannten, war wohl eine der Motivationen. Tel-Josef wurde in den Zwanziger Jahren gegründet. Da das Land eigentlich sumpfig gewesen war und von den jüdischen Siedlern erst trocken gelegt werden musste, standen die Häuser für die Volontäre auf Pfählen. Sie waren aus Holz und im Winter mit Holzöfen in jedem Haus zu beheizen. Obwohl eigentlich, mit Etagenbetten ausgestattet, schliefen in der Regel nicht mehr als zwei Volontäre in jedem Haus. 
Gleich nach der Ankunft wurde mir das Zimmer zugewiesen und ich bekam meine Arbeitskleidung, blaues Hemd und Hose sowie Stiefel. Die Volontäre arbeiten 6 Stunden am Tag 6 Tage lang von 7 Uhr morgens bis 1 Uhr mittags, nachmittags und der Samstag (Shabbat) ist frei.  
Das Lager der Volontäre war etwas abseits des eigentlichen Kibbutz gelegen, die Kibbutzniks wohnten in Steinhäusern und nur gelegentlich hatten Volontäre engeren Kontakt oder wurden sogar in deren Wohnungen aufgenommen. 
Außer einigen Deutschen, die so wie ich nur einen Monat bleiben wollten, gab es u.a. Amerikaner, Engländer und Südafrikaner, die die Aufenthaltsdauer aus persönlichen Gründen so lange wie möglich hinauszögerten. Prinzipiell gabe es eine Aufenthaltserlaubnis nur für maximal drei Monate. Länger ging nur mit Zustimmung der Kibbutzverwaltung und Erteilung eines Verlängerungsvisums. 
Während die Deutschen meist religiöse Gründe für Ihren Aufenthalt angaben, Waren einige Amerikaner aus der Armee desertiert und auf der Flucht.   
Meine Arbeit bestand nun darin, morgens zur Grapefruiternte auszurücken. Die Bäume waren zum Glück nicht zu hoch, denn das Abreißen der Früchte von unten war nicht gern gesehen. Der Stiel in der Mitte der Frucht sollte nicht heraus gezogen werden. Am Vormittag gab es immer noch ein kleines Picknick zwischen drin. 
Gespräche zwischen Einheimischen und Volontären kamen je nach Herkunftsland zustande. Mit einem südafrikanischen Volontär wurde oft über von beiden Ländern erprobte Waffensysteme gesprochen.
Palästinenser kamen eigentlich nicht vor, wir sahen sie nicht und hörten immer nur von den "Indianern". 
Das meint wohl soviel wie die Eingeborenen. 
Natürlich gab es auch den Innendienst. Wer Küchendienst hatte, musste in der Regel den Abwasch besorgen. Wenn ich mit meinen Stiefelabsätzen durch die Küche knallte, erntete ich etliche angstvolle Blicke. Ältere Frauen, die dort arbeiteten hatten an deutsche Stiefelträger offensichtlich keine guten Erinnerungen. Meine Aufgabe war aber nur das Reinigen der Kübel in den großen Waschbecken.  
Auch der Kuhstall hatte mal einen neuen Anstrich nötig. An diesen Arbeitstag erinnere ich mich noch sehr intensiv wegen des Geruchs und der Dunkelheit. Somit war die Ernte draußen immer noch das beste.
Das Leben bot nicht viel Aufregendes, schnell relativierte sich die idealistische Geisteshaltung der Anfangstage. Nachmittags lagen die Volontäre in der Sonne und das Anfang März. Das frühe Aufstehen setzte mir jedoch arg zu und die Küche brachte nicht unbedingt zu Kräften.
Das vertraute Graubrot half etwas, aber ansonsten überwog das Abgebot an frischer Kost: Quark, Milch und Salate, Obst. Alles natürlich aus eigenem Anbau bzw. eigener Erzeugung. Wurst im vertrauten Sinne fand ich nicht, wenn es Fleisch gab, war es blutleer und fade. Zu den Spezialitäten der Küche, z.b. Fischköpfen fehlte mir der Zugang. 
Zu den Highlights gehörte noch die Zapfstelle für Mineralwasser. 
Es gab zwar Taschengeld, aber das war nicht zu reichlich bemessen, schließlich mussten das abendliche Bier und die Zigaretten bezahlt werden. Es gab eine kleiner Bar, in der wir uns trafen und schon bald wurde ich dort persönlich angesprochen: „Jetzt kommt das Leben.“ Aber immerhin bekam ich Komplimente für mein Englisch: „They teach you a proper English“.
Wir blieben unter uns und hatten auch nicht den Überblick über das, was
tatsächlich alles im Kibbutz hergestellt wurde. 
Denn nicht in jedem Bereich durften Volontäre arbeiten. Es ist passiert, dass Frauen z.b. drei Wochen „Dish wash“ machen mussten, ohne das diesbezügliche Beschwerden Erfolg hatten.  
Das Kibbutz war nachts bewacht und so fühlte ich mich wie in einem Lager in einem Lager. Eine Bedrohung durch eine fremde Umwelt lag immer in der Luft. Im Grunde lebten die Kibbutzniks an der Frontier. Wir erlebten nie kriegerische Handlungen, insgesamt schien diese Gegend jetzt ruhig (zwischen Afula und Bet She‘an).
Israel war groß geworden die Grenzen verschoben und wohl niemand dachte an die Rückgabe von erobertem Land. Wenn es eine politische Stimmung gab, so war die nach deutschen Maßstäben gemessen, ungefähr sozialdemokratisch. 
Es gab jemanden, der zuständig war für die Belange der Volontäre und das war im Großen und Ganzen der einzige Ansprechpartner. 
Ab und zu sah ich mich nachmittags in der Gegend um, kam bis zum Kibbutz Nir David und fand diesen natürlich viel schöner als Tel-Josef. Die Wochenenden bestanden ja nur aus einem Tag, der am Freitagabend mit dem Shabat-Essen begann. 
Am Samstag irgendwo hinzufahren war recht witzlos, die Busse verkehrten nicht so wie an den Werktagen und in den Orten gab es dann kein Leben. 
Manche Volontäre machten trotzdem Ausflüge, hatten aber Mühe, am Samstagabend wieder im Camp zurück zu sein. 
Es war mir insgesamt zu anstrengend. Meine Flamme hatte keinen so überragenden Eindruck im Kibbutz hinterlassen. Es erinnerte sich kaum einer an sie. Hier kam ich also auch nicht weiter. 
Es blieb bei kleinen nachmittäglichen Ausflügen in die nähere Umgebung: Afula und Bet She’an, wo es ein römisches Amphitheater zu sehen gab.    
Die rein israelischen Städte sagten mir nicht besonders zu. Es fehlte die Historie, alles hatte den gleichen, provisorisch wirkenden Stil. Weisse Flachdachzweckbauten ohne sonderlich gepflegte Umgebung, Tel Aviv hatte schon ähnlich gewirkt, nur größer, aber eben ohne die Vorzüge westlicher Großstädte. 
In Afula gab es an der Bushaltestelle einen Imbiss, wo ich zum ersten Mal Falafel probierte, das kulinarische Highlight meines Israelurlaubs. 
Die Tage verstrichen und ich bezweifelte, die volle Zeit hier hinter mich zu bringen. Das Fasching auch im Kibbutz gefeiert wurde, war eine neue Erfahrung. Die Kibbutzniks „adoptierten“ die Volontäre und statteten diese mit „Kostümen“ aus. Die besten Kostüme wurden dann prämiert. Ich betrieb insgesamt auch hier einen minimalistischen Aufwand. Mit Hut und Jacke und als klassischer Cowboy tat ich das, was ich am besten konnte: abhängen. Sehr zum Leidweisen eines amerikanischen Mädels aus L.A., die fand das alles viel lustiger als ich. 
Sie biss sich ebenso die Zähne aus wie das nette Schweizer Mädel, als wir nachmittags mal Richtung Nir David unterwegs waren. Wir wanderten und verliefen uns, aber schafften es doch zum Glück wieder zurück nach Tel-Josef.
Als sie dann abends in meine Hütte stolperte und Feuer für die Zigarette brauchte, gab ich ihr welches und das war’s..
Irgendwie stand mir der Sinn nach besserer Organisation, die Anlage von Nir David imponierte mir ebenso wie Hefzi Bah mit seinem japanischen Garten. Es war vielleicht doch ein Fehler, nach Tel-Josef gegangen zu sein, mir fehlte die Unvoreingenommenheit.
Ich musste also zur Kibbutzverwaltung und holte mir am 24. März meine Bestätigung über den Aufenthalt in Tel-Josef ab. 
Ich fuhr nach Nir David, nahm Abschied von allen Bekannten und bemühte mich dort um Aufnahme. 
Das war auch kein Problem, es gab zwar ein paar Fragen wegen des Wechsels, aber die Frau von der dortigen Verwaltung akzeptierte meine Gründe. 
Ich wurde dem Zimmer eines jungen Franzosen zugeteilt. Der Tag der Ankunft im Kibbutz ist ja arbeitsfrei, so hatte ich den Nachmittag Zeit, alles zu erkunden. 
Alles war besser als in Tel-Josef, so wohnten die Volontäre in Steinhäusern, aber auch straffer organisiert. So gab es Dienstpläne für die Volontäre und die Teilnahme an verschiedenen Veranstaltungen mit den Kibbutzniks war für die Volontäre Pflicht.
Schön und gut, das hörte sich eher nach mehr Aufwand an, war ich vom Regen in die Traufe gekommen? Die Stimmung schein hier eher sozialistisch zu sein.         
Ich ging zurück auf das neue Zimmer. Hier säuselte mich mein französischer Zimmernachbar an und äußerte unverhohlen seine Bewunderung für mich. 
Ich musste zurück, vermisste sofort die alten Holzhäuschen im Volonteers Camp von Tel-Josef und alle vertrauten Gesichter dort. 
So erklärte ich es auch der Frau von der Kibbutzverwaltung: ich habe Freunde dort. Sie verstand, es war kein Problem.
Nun fuhr ich also am gleichen Tag zurück nach Tel-Josef, wo meine Rückkehr  
großes Erstaunen weckte. Volontärinnen standen auf gepackten Koffern und wollten auch weg, konnten nicht mehr zurück. 
Mir war es egal, den Fehler musste ich so schnell wie möglich gut machen.   
Dieses Mal erwischte ich ein Häuschen auf der anderen Seite des Platzes, näher zur Toilette, das sollte sich bald als gut erweisen. Denn schon am Abend kam jemand in der Bar auf die Idee, israelischen Rotwein zu trinken. Ich schmecke noch heute das Fruchtfleisch auf meiner Zunge. Am nächsten Tag bekam ich Durchfall und musste mich krank melden. Im Medical Center bekam ich Kohletabletten, aber ich konnte keine Nahrung mehr bei mir behalten. Obwohl ich schon so gut wie nichts mehr zu mir nahm, musste ich jede Nacht mehrfach die Örtlichkeiten aufsuchen und Wasser von mir geben. Jede Kleinigkeit von Essen löste sofort Geräusche im Bauch aus, die mich fast unverzüglich zur Toilette zwangen. Nicht immer schaffte ich das in der Nacht. Zu allem Überfluss regnete es jetzt öfter. Der Boden weichte auf und die Holzhäuser boten keinen Schutz gegen die feuchte Luft. Da ich nicht mehr arbeiten konnte, quälte mich die Zeit und die Einsamkeit tagsüber. Ich wusste, ich würde es nicht mehr lange aushalten. Es galt zu warten, bis der Durchfall nachließ, also möglichst nicht mehr essen, und dann die letzte Kraft zu sammeln, um nach hause zu entkommen. Ich hatte Angst, nun aber richtig. Am 28. März war es soweit, ich teilte der Verwaltung meine Abreise mit, eine neue Bescheinigung brauchte ich ja nicht. Es könnte höchstens passieren, dass ich am Flughafen nach den Gründen für meine Abreise vor Monatsfrist gefragt werden würde. 
Ich nahm den Bus nach Afula, von dort aus weiter nach Tel Aviv-Yaffo (Ben- Gurion-Flughafen). Mein Flug nach Frankfurt ging erst am nächsten Vormittag.
Also verbrachte ich die Nacht auf den Gepäckförderbändern liegend, schlafend so gut es ging. Die Toilette brauchte ich nicht mehr und nach Tel-Aviv hatte ich keine Sehnsucht. Tatsächlich kam die Frage nach dem „Warum?“, die ich aber überzeugend beantworten konnte. So verließ ich das biblische Land am 29.März 1981.
Im El-AL-Jumbo saß ich neben zwei amerikanischen Damen, die zunächst nach Israel gereist waren und sich nun auf ihre Europarundreise freuten. Sie fanden mich wohl recht nett, aber davon hatte ich nicht viel, da ich meisten Teils wieder döste. Über Grenzschutzbeamte mit Maschinenpistolen in der Hand habe ich mich wohl nie wieder so gefreut, wie beim Ausrollen des Jumbos in Frankfurt. 
Die Amerikanerinnen fanden natürlich auch die sehr nett. 
Mein Gewicht war beim Rückflug etwa um 12 Kilo geschwunden und es dauerte Jahre, bis ich wieder den Stand von vor der Reise erreichen würde. Ein Jahr später hatte ich gerade erst 4 Kilo aufgeholt. 
Meine Flamme schlief nicht mehr in meiner Wohnung, hatte nur noch ihre Möbel dort. Sie kehrte ebenfalls nach Tel-Josef noch im gleichen Jahr zurück. Nach drei Wochen „Dishwash“ verließ sie den Kibbutz und ging nach Hefzi-Bah. Es trieb auch sie immer wieder nach Tel-Josef, obwohl die Arbeit im anderen Kibbutz „besser“ war. Sie traf dort einige Volontäre, die mich kannten und schrieb mir unter anderem: 
„Jane und Debbie verstehen nicht, dass Du nicht zu Ihnen geschrieben hast.“
Die Verdrängung der Kibbutz-Erlebnisse und mein gesundheitlicher Zustand mögen mich daran gehindert haben. Außerdem zählte ich im Kaufhaus M. Schneider die Besucher des Restaurants und las aufmerksam Anzeigen aller Art  in der Frankfurter Rundschau. 

Mittwoch, 7. November 2012

Gold - XXI

Rachel klappte das Buch zu. Es war ihr in letzter Zeit nicht gut gegangen und sie hätte einen Freund gebraucht. Stattdessen erlebte sie nur, wie er sich "indifferent" fühlte. Das obwohl sie ihm versichert hatte, er könne gar nichts falsch machen, sie würde ihm sowieso verzeihen. Sein Herz, so hatte er sie mal genannt.
Aber sie hatte ihre kleine Existenz mit Mann und Haus und das wollte sie doch nicht verlieren. Das wenigstens könnte er verstehen.
Dieses Schreiben über Züge, die mal Fahren und mal nicht und was die Leute so alles in ihnen machen, was sollte das denn?
Sie träumte und manch mal davon, mit ihm Hand in Hand durch einen geliebten Ort zu gehen. So real, dass sie glaubte, er sei da.
Aber sie schrieb nur, schaute den Mond an und fragte sich, was er wohl gerade machte.
Von all dem bekam ihr Schatz nichts mit.

Mittwoch, 24. Oktober 2012

Gold - XIX

Er konnte es innerlich kaum begreifen,, der Sinn all seiner Aktivitäten begann zu schwinden. Es war das erste Mal, das er nicht nur enttäuscht, sondern auch getroffen war. Weil er sich auf sie eingelassen hatte. Es wirkte solange nach, dass er sogar ihre Spuren verfolgte und in eben jenen Kibbuz nach Israel ging, in dem sie ihren englischen Bill als Volontär kennen und lieben gelernt hatte.
Er war allein, noch mehr als nach dem Auszug von zuhause, noch mehr als nach dem Umzug nach Frankfurt am Main.
Die Arbeit der Volontäre im Kibbuz war nicht zu schwer, aber die Nachmittage gleich und langweilig. Ausflüge lohnten sich meist kaum.
Eines Nachmittags lief er mit einer Schweizerin zu einem Nachbarkibbuz. Der sollte eine sehr schöne Gartenanlage haben. Bald konnte oder wollte sie nicht mehr laufen. Er spürte ihr Interesse nicht. Auch nicht, als sie abends in seine Holzhütte kam (die Volontäre waren in auf Pfählen gebauten Holzhütten untergebracht, denn das Gelände des Kibbuz war ursprünglich ein Sumpf) und um Feuer für ihre Zigarette bat. Er lag bereits in der Koje und knurrte nur "Ja, das habe ich." Sie zog ab, der Hinweis auf das vorhandene Feuer war einfach zu dezent.
Aber er sollte noch eine weitere Bekanntschaften machen, so mit einer Jüdin aus Los Angeles, deren Status unter den Volontären schon privilegiert war.
So wurde er zu einer Karnevalsveranstaltung der Kibbuzniks eingeladen, auf der Volontäre normalerweise nichts zu suchen hatten. Sie war ihm bei der Beschaffung eines Kostüms behilflich. Sie tanzten miteinander, aber es wurde nichts aus ihnen. Noch immer lebte er in einer ungeklärten Situation und war auf der Suche nach dem verlorenen Glück.

Freitag, 24. August 2012

2009 - III

Verliebt in Berlin?

War ich verliebt in Berlin?
Habe ich nur laut geschrien?
Fände ich in Osnabrück
Vielleicht das ganz große Glück?
Ich weiß es nicht,
wer kann es wissen?
Was man nicht kennt,
kann man nicht missen.
Schön wäre es in Potsdam
oder auch in Amsterdam.

Mittwoch, 22. August 2012

2009 - I

Wieder Neujahr
Wie wird man mit einem verlorenen Gefühl fertig? Ganz einfach, gar nicht. Gefühle verliert man nicht. Sie sind Teil des Selbst, sie lassen sich nicht ausbuchen. Welchen Termin man sich auch setzen mag, er ist von vorn herein nichtig. Mit der verlorenen Liebe ist es so, wie mit einem verstorbenen Menschen, den man geliebt hat. Auch er ist nicht mehr Teil des Alltags genau wie ein geliebter Mensch, der nicht da ist oder nicht da sein will oder kann. Aber würde man behaupten, den Verstorbenen, den habe es nicht gegeben? Das wäre ein Selbstbetrug, der höchstens im Kopf funktioniert. Um vergangene Liebe trauere ich so wie um einen Toten. Es bleibt aber im Gegensatz dazu immer die Hoffnung, dass die Trauer unerwartet unterbrochen wird. Und wenn nicht, wird auch die stärkste Trauer sich einmal mindern müssen. Sie wird weniger ein Teil sein als eine schöne Erinnerung.

Dienstag, 21. August 2012

2008 - VI

Un Angelo
Ein Mensch ist traurig,
den ich mag.
Eine Liebe zweifelt,
darf nicht sein.
Gib' mir die Energie
zu schützen
und die Strategie
zu sehen,
damit sie nicht zerbricht,
die Einsicht,
los zu lassen und
gewinnen:
erst dann kann das Spiel
beginnen.

2009 - III

Verliebt in Berlin?

War ich verliebt in Berlin?
Habe ich nur laut geschrien?
Fände ich in Osnabrück
Vielleicht das ganz große Glück?
Ich weiß es nicht,
wer kann es wissen?
Was man nicht kennt,
kann man nicht missen.
Schön wäre es in Pots-
oder auch in Amsterdam.

Montag, 20. August 2012

2008 - V

Der Liebe Wege

Meine Melancholie ist nichts
als eine Lüge.
Ich trinke meine Ideen vor mir her.
Ich verrate meine Liebe,
es ist so bequem.
Ich gehe,
weil ich stark sein will.
Ich bin's nicht,
aber das wird noch.
Did not want
to offend you,
just to say: ILY.
Did not want
to hurt you,
just to express
what I feel,
it is meanless
to say and will stay.
Was Leiden schafft
ist Leidenschaft.
Teile mein Herz
in Teilchen
so schwerelos und frei..
Es is' wirklich net zu fasse,
ei der Bub, er kann's net lasse.
Er muss immer wider schreibe
von Liebe und dem ganzen Treibe.
Damit des Gedicht sein Ende find':
entreisst ihm den Stift, ganz geschwind!