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Abschluß - Brief an keinen Unbekannten

Hallo Herr, ihr Blog "Arbeit und Struktur" hat mich sehr beeindruckt. Ich hoffe, Sie haben noch möglichst viel Zeit, um daran weiter zu schreiben. Als vor 1993 Geborener habe ich ja das Recht, Ihnen einen Brief zu schreiben. Als typischem Computer-Hocker fällt mir das gar nicht so leicht. So trainiere ich meine Handschrift mal wieder, aber das nur am Rande. Das Sie sehr geehrt sind, ist klar, obwohl ich es in der Anrede nicht zum Ausdruck bringe. Sonst würde ich Ihnen wohl auch nicht schreiben. Ich fliege zur Zeit über ihren Blog gerade zu hinweg. Es ist keine leichte Lektüre, die sie da anbieten, aber sie ist wenigstens der Wahrheit gemäß. Sie schreiben in Ihrem Blog Wahrheiten auf und das ehrt sie. Es ist beeindruckend, wie Sie den Irrwitz des Lebens auf den Punkt bringen. "Wenn ich etwas merke, rufe ich Dich an." Das steht ganz im Gegensatz zu ganz im Gegensatz zu der Szene vor ihres Zusammenbruchs vor einer Krankenhaus-Einlieferung, die von Kontrollverlust und d

Stille

Die Leseliste meines Blogs hat unwiederbringlich einen Verlust hinzunehmen. "Schluss" steht da als Überschrift des letzten, nicht mehr von ihm erlebten Beitrags. In einem anderen Blog schwadroniert ein kanadisches Hobbymodell "Buy my prints" über eine Fotozusammenstellung namens "Babefest". Hier präsentieren sich junge Frauen, die gern mehr oder weniger nackt rum laufen und sich dabei gegenseitig fotografieren. Unterschiedlicher kann die Welt kaum sein. Bevor ich mir die Frage stelle, warum ich das alles lese (Antwort: weil es das gibt.), schließe ich einfach mal daraus, dass jeder eben gern leben will. Herr Herrndorf konnte und wollte es nicht mehr. Die Stille jedenfalls geht mir auf den Wecker, ich habe zuviel davon gehabt. Da ist mir Babefest lieber.

Meldungen

Gestern Abend erzählte mir meine Frau, Wolfgang Herrndorf sei tot, das sei die Meldung des Tages. Ich hatte ihr den "Tschick" zum Lesen empfohlen. Daher kannte sie den Namen. Gestern wurde aber auch über einen Mann berichtet, der seinem vor sechs Wochen verstorbenen Frau ein Liebeslied geschrieben hatte, das er aber selbst nicht singen könne.Ein kleines Label hat es nun heraus gebracht, gesungen von einem richtigen Sänger. "Sweet Lorraine" heißt es. 75 Jahre werden wir nicht schaffen, dazu haben wir zu spät geheiratet. Was hat die Frau nun davon, dass er ihr dieses Lied geschrieben hat, war mein erster Gedanke. Die, um die es geht, haben halt nichts mehr davon. Solange man lebt, ist es anders. Es ist also zu spät, eine Laudatio auf Herrndorf heraus zu bringen und das Rühren im Betroffenheitsquark hätte er wohl nicht gemocht. Der letzte Eintrag seines Blogs jedenfalls enthält die Vermeldung seines Suizids. Korrekt und nicht geschönt, so wie er es wohl auch wollte. Da

Der "Tschick" ist da.

Wolfgang Herrndorf setzt mit seinem Blog "Arbeit und Struktur" einfach mal ein Zeichen, ein Ausrufezeichen. Es bleibt zu hoffen, dass es ihm vergönnt ist, noch ein Buch zu schreiben oder zumindest soviel Material zu hinterlassen, dass irgend jemand seine Gedanken fertig formulieren kann. "Tschick" wiederum ist fertig und einer der Protagonisten des gleichnamigen und wohl bekanntesten Romans von Herrndorf. Bevor ich nun anfange, hier nach zu erzählen, was ohnehin überall steht, muss ich sagen: bei mir war das alles anders. Meine Mutter sprach auch dem Alkohol zu, aber sie dachte gar nicht über eine Entziehungskur nach. Das fand ich nicht sympathisch und auch nicht, wie man heute sagt, cool. Mein Vater schlug mich nur, wenn die Mutter ihn zu sehr nötigte, eigentlich ging es ihm gegen den Strich und er hörte später damit auf. Er hat mich anders klein gekriegt. Leider haben mich meine Eltern auch nie während der Ferienzeit allein gelassen und es stand auch kein Tschick

Krank

Um mit Herrn Herrndorf zu sprechen, ich bin nicht so der Experte im Kranksein. da war ich noch nie so gut drin. aber. Ab und zu muss ich mal, zum Arzt, meine ich. Der sieht ganz nett aus und begrüßt mich so, als wenn er freundlich wäre. Untersucht mich und hat es gleich, was mir schwer imponiert. Ich stehe nämlich total auf Leute, die einen sicheren Eindruck machen, auch wenn das nur gespielt ist. es beruhigt eben. Ein Jahr bis anderthalb würde das dauern, sagt er, so als müsse mir das alles nichts ausmachen. Jetzt soll ich erst mal einen Monat lang ein Medikament nehmen. Das gibt es als Pulver oder als Tablette. Vier Mal am Tag, aber das schafft eigentlich Keiner. Regelmäßig wären drei Mal am Tag genug. Mir ist es eigentlich egal wie oft, lästig ist es allemal. Ich bin nämlich geschulter Medikamenteneinnehmer, das kann er aber nicht wissen. Dann komme ich nach einem Monat wieder, sage ich, seine Sicherheit in mir aufsaugend. So machen wir das, meint er. Ich frage sicherheitshalber noc