Mittwoch, 28. August 2013

Meldungen

Gestern Abend erzählte mir meine Frau, Wolfgang Herrndorf sei tot, das sei die Meldung des Tages. Ich hatte ihr den "Tschick" zum Lesen empfohlen. Daher kannte sie den Namen.
Gestern wurde aber auch über einen Mann berichtet, der seinem vor sechs Wochen verstorbenen Frau ein Liebeslied geschrieben hatte, das er aber selbst nicht singen könne.Ein kleines Label hat es nun heraus gebracht, gesungen von einem richtigen Sänger. "Sweet Lorraine" heißt es.
75 Jahre werden wir nicht schaffen, dazu haben wir zu spät geheiratet.
Was hat die Frau nun davon, dass er ihr dieses Lied geschrieben hat, war mein erster Gedanke.
Die, um die es geht, haben halt nichts mehr davon. Solange man lebt, ist es anders.
Es ist also zu spät, eine Laudatio auf Herrndorf heraus zu bringen und das Rühren im Betroffenheitsquark hätte er wohl nicht gemocht. Der letzte Eintrag seines Blogs jedenfalls enthält die Vermeldung seines Suizids.
Korrekt und nicht geschönt, so wie er es wohl auch wollte.
Das Schreiben eines solchen Blogs mit dem Wissen um die eigene Krankheit und das unvermeidlich aus ihr resultierende Ende beeindruckte mich und ich habe es ihm auch geschrieben.
Er hat aber wohl soviel Post, vor allem zu seiner Krankheit bekommen, dass er vieles nicht beantwortete.
Mir ist auch selbst schon die Unmöglichkeit eines solchen Briefes, den ich da schrieb, aufgegangen.
Eine Fassung habe ich dann auch gar nicht erst abgeschickt.
Ihn selbst hat es wohl nicht gefallen, dass er sich zum Schluss nicht mehr so ausdrücken konnte wie er wollte.
Der Kontrollverlust und die Veränderung seiner Persönlichkeit, die er bei sich selbst bemerkte, haben ihn erschreckt. Er war trotz aller Freunde allein mit seiner Endlichkeit und er wusste das. Dennoch hat er die schönen Momente, die ihm noch blieben, soweit er konnte, auch im Blog festgehalten.
Ob es überhaupt möglich ist, in einem Blog auch nur annähernd das wieder zu geben, was an Mensch an Gefühlen empfindet, ist eine andere Frage.
Er selbst hat zum Schluss daran gezweifelt, den Zweifel geteilt, mit denen, die lesen wollten.
Ich selbst wollte und will und es bleibt zu hoffen, dass sich gute Menschen seiner möglicherweise hinterlassenen Texte annehmen und so noch einmal etwas was zu lesen sein wird von diesem Wolfgang Herrndorf.

 

Montag, 26. August 2013

Einweisung

Das Leben ist so, sagte der Platzanweiser. Sie nehmen bitte hier Platz und schauen sich das an.
Es werden einige Leute kommen und Interesse an Ihnen vorgeben. Nehmen Sie das nicht zu ernst.
Ich frage nach: Sie meinen, wenn jemand sein Popcorn gerade neben mir essen will, soll ich mir nichts dabei denken? Genau, erwidert der Platzanweiser, Sie sehen sich nur den Film an. Dafür haben sie ja bezahlt.
Und lassen Sie sich auch nicht von den Remplern beeindrucken.
Und wenn die nun während der Vorstellung über ihre eigenen Probleme reden wollen?
Das gehört zu einer Vorstellung schließlich dazu. Nein, mein Herr, Sie befinden sich in einer Vorführung.
Sie fangen damit bitte nicht an.
Gut, ich wollte das Thema nicht vertiefen.
Übrigens, im Gehen sagte er noch, wenn der Film zu Ende sei, sei er auch zu Ende. Ich solle dann gehen und nicht sitzen bleiben. Sie müssten schließlich für die nächste Vorstellung die Sitze sauber machen.  

Sonntag, 25. August 2013

Ringgeist - That's the way..

Meine Blogentsorgung schreitet voran, auch dieser Beitrag "zeichnet das Selige", nein, segnet das Zeitige.  Bin nun bereits beim 2.12.2004. Überflüssig zu sagen, dass ich das Thema 50 längst durch habe.


Von Zeit zu Zeit sollte man sich neu erfinden, um das Leben wieder zu erfahren. Das Leben ist einfach, die Umstände sind kompliziert.
Ab 50 sollte sich jeder darum bemühen, sich eine Perspektive für das Alter aufzubauen. Alterswohngemeinschaften kommen sehr in Mode. Denn die Wichtigkeit sozialer Kontakte ist gerade in den späteren Jahren unbestritten. Ich freue mich auf eine Zeit, in der ich noch etwas kann, aber nicht mehr alles muß. Ich lerne verstehen, wie meine Eltern gedacht haben mögen. Aber verstehen heißt ja nicht: akzeptieren. Deswegen werde ich mich nicht im Nest einigeln, an Ideen für den Ausgang hat es mir noch nie gemangelt.

Samstag, 24. August 2013

Ringgeist - Umsonst ist der Tod..

25.11.2004: angesichts der leider bevorstehenden Wahlen ist das durchaus aktuell, wenn gleich unsere aller Merkel ja auch zu diesem Thema schon gar nichts mehr sagt.

Nicht geträumt ist der Unsinn, den unsere Politiker täglich über unseren Köpfen ausschütten.
Der Sozialismusgedanke ist sehr groß in Deutschland und zwar in allen Parteien. Dabei äußert er sich eher immanent, offiziell gilt natürlich: „Freie Fahrt für freie Bürger“. Der Zweck heiligt die Mittel, man kann sagen, er ist urdeutsch. Nun schwenken sie wieder das soziale Fähnchen, in dem Kinderlose mehr in die Pflegeversicherung einzahlen sollen, selbstverständlich vom Einkommen unabhängig. Um den Wahnsinn auf die Spitze zu treiben, sollen auch tote Kinder den Eltern angerechnet werden. Wenn das alles richtig sein soll, ist es also so, das eigentlich die Kinder ihre Eltern pflegen müssen und daher die Pflegeversicherung weniger oder garnicht in Anspruch genommen wird. Und die Kinderlosen liegen der Pflegeversicherung notorisch auf der Tasche, weil sie sich bis zum Abwinken pflegen lassen.
Ich nehme das wohl alles zu ernst, gemeint ist wohl nur, dass auf elegante Art und Weise die Beiträge erhöht werden. Der Quatsch mit dem Generationenvertrag ist auch anderweitig nicht tot zu kriegen, obwohl die Rentenkasse pleite ist. Wer sagt denn eigentlich, dass all die lieben Kinderlein später auch fleißig für ihre Eltern bezahlen? In einer Zeit des maßlosen „Gürtel-enger-Schnallens“ und der Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland sind sie womöglich arbeitslos oder ale Existenzgründer zum Unternehmer geworden, der als Beitragszahler ausfällt. Jeder sorgt für sich selber, daran werden wir uns gewöhnen müssen.
Statt nur dem Einzelnen ständig in die Pflicht zu nehmen, sollte auch der Staat mit gutem Beispiel voran gehen und mit dem Geld marktwirtschaftlich arbeiten. Aber so wie in Deutschland der sozialistische Gedanke nicht dem Sozialismus dient und die Freiheit des Einzelnen nur beim Geldausgeben liegt, leitet sich der Name Tobias womöglich vom Verb Toben ab.

Freitag, 23. August 2013

Ringgeist - Telefonitis am Totensonntag

Glück ist eine relative Sache, besonders an einem Totensonntag. Der Text unten stammt vom 21.11.2004,
ist aber eigentlich zeitlos.

Die Tage rasen dahin, die Weihnachtszeit mit ihrem Plunder droht. Die Zeit der Familientelefonate bricht an. Eine dunkle Zeit. Zudem müssen nun etliche Festivitäten und Events vorgeplant werden. Ein Puzzle aus 1000 Teilen wartet auf mich. Werde ich je etwas über meine innerlichen Beweggründe erfahren, die mich immer wieder zwanghaft verführen? Wird das Bild ähnlich bruchstückhaft aussehen wie das Puzzle? Wird es mir gelingen, eine Zeit der Ruhe zu finden?
Harmonie scheint momentan unmöglich, zu gegensätzlich sind meine Motivationen.
Dabei ist doch alles so einfach, du willst doch nur glücklich sein auch an einem Totensonntag.

Mittwoch, 21. August 2013

Ringgeist - Malte


November, die dunkle Jahreszeit beginnt und am 18.11.2004 beeindruckte mich der folgende Text.

„Da strahlt Samen aus, und sie halten sich unter wie Dirnen und spielen damit, oder er fällt, während sie daliegen in ihren ungetanen Befriedigungen, wie Samen Onans zwischen sie alle.

Wo aber, Herr, ein Jungfräulicher unbeschlafenen Ohrs läge bei deinem Klang: er stürbe an Seligkeit oder er trüge Unendliches aus und sein unbefruchtetes Hirn müsste bersten an lauter Geburt.“

Aus Rainer Maria Rilke, Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge

Lassen wir Malte (welch schöner Name) weiter schwer krank durch Paris wandern.
Es strömt ja geradezu aus ihm heraus und ob er dereinst erreichen kann, was ihm heute noch normal und alltäglich erscheint ?
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt: im Zitat geht es um Musik.

Dienstag, 20. August 2013

Ringgeist - Ich bin kein Star, holt mich hier raus!


Ja, Sein oder Scheinen, das ist hier wohl die Frage am 10.11.2004 oder wohl auch nicht, wenn man nach der Textzeile aus dem Song lebt.

Echte Holztüren, massive Fußleisten, eine Schiebtür aus Holz, Linoleumböden, die Wohnung hatte, was das Herz begehrt, der Preis ist günstig, nur der Ort falsch.
Leider kann ich nicht jeden Tag von Kassel zur Arbeit pendeln. Also, Adieu, Gedanke!
Es war wohl wieder eine Reminiszenz an früher, die mich so euphorisch machte.
Und meine Bessere teilt die Erinnerung nicht, zu negativ waren unsere Besuche in dieser Stadt zu lange gewesen.
Und leider verdiene ich noch eine ganze Zeit lang mein Brot woanders. Apropos Brot: wird mein Blog tatsächlich gelesen oder leide ich an Verfolgungswahn? Wahrscheinlich ist Letzteres. Ich gehe in einem Meer von Geschwalle zugrunde.
Wie sagt mein Patenkind sehr schlau immer: das muss ich mir noch überlegen. Dabei sind Überlegungen das Letzte, was ich brauche. Das Gesetz des Handelns ist außer Kraft in meinem Leben, obwohl das meine eigentliche Maxime ist. Eine Überlegung kann höchstens ein Abwägen eventueller Risiken sein und nicht ein Gegeneinander-Aufschaukeln von Unsicherheiten. No risk, no fun und im Ernstfall no life. Auf was warte ich noch? Vielleicht auf Kinder oder auf den großen Drachen, der mich mit nimmt?
Der Mensch kommt und geht allein, dazwischen liegt die Welt. Wie sang es einst Frank Zappa: There is no way to delay that trouble comin’ every day.