Mittwoch, 24. August 2011

1998 - V

In mir spielte einst ein kleines Lied,
Armeen von Bildern brachten mich dazu,
es nicht mehr zu hören.
Die Zahlenkolonnen marschieren in wirrer Ordnung
und zertrampeln die Noten im Takt eines ekstatischen Hammers.
Sie nisten in meinem Gehirn und bringen es dazu,
wie ein Computer zu reagieren.
Einst kannte ich Menschen und litt.
Nun beherrsche ich den Zustand und fühle mich leidlos.
Ich trinke kein fremdes Bier (in Anlehnung an ein Sprichwort) und singe
niemandes Lied. Aber wo ist das kleine Lied?
Gefühlsschwankungen formieren sich zu Aktienkursen.
Tabellarisch vermittelt das Chaos
auf dem Papier ein Gefühl der Ordnung.
Kurvenreich so manche Darstellung,
aber was bewegt Dich eigentlich?
Warum nutze ich den Wirtschafsteil
einer Tageszeitung, ich brauche doch auch
keine Noten. –

Dienstag, 23. August 2011

1998 - IV

Der Pool am Hotel ist, wie wohl überall üblich, bereits am Mittag belegt. Das Hotel ist eigentlich so, wie wir es nicht wollten: groß, kastig und von durchschnittlicher, mediterraner Qualität. Wenn man bedenkt, welche Überwindung die Anreise hierher kostet, so steht das Ergebnis, mal abgesehen vom Strand und schönem Wetter, eigentlich nicht dafür. –
Das Bett hier ist eher einfach. Eine aufgelegte Spanholzplatte mit einer knüppelharten Federmatratze. –

Montag, 22. August 2011

1998 - III

Ich wollte, ich könnte die Zeitung verstehen,
ein Bild der Welt mir machen, unbesehen.
Mein Leben ist jedoch ganz anders,
ich heiße auch nicht Lilo Wanders.
Ich bin erschreckend und normal,
keine Headline ziert mein Initial. –

Donnerstag, 18. August 2011

1998 - II


Die Buchstaben verwandelten sich in Begriffe, die auf dem Bildschirm flimmern. Scheinbar gestochen scharf, doch nur ein Auf und Ab von Hell und Dunkel, formen die Begriffe die Gedanken,
bestimmen den Ablauf, setzen regeln.
Sie erzeugen mehr Material als ein mühsamer Schreiber jemals.
Herrscher über den Kopf: die Programme,
immer nach dem gleichen Prinzip wie ein Ritual zwingen sie den Denker in die Bahn,
sagen ihm, dass seiner Kreativität Grenzen gesetzt sind.
Je mehr Aktivität, desto mehr der Wunsch nach unerfüllter Erfüllung.
Dein Gehirn ist auf Sommerfrische, lieber Freund und der Sommer ist der PC. –

Mittwoch, 17. August 2011

1998 - I


Ihm war, als zeigte sie ihm ihr Innerstes, dabei trafen sich ihre Blicke. Sie sprachen wie in vertrauter Atmosphäre der Nacht und er glaubte, schon alles erlebt zu haben. Entsprechend behutsam und vorsichtig verlief das Gespräch, denn sie musste nicht mehr viel sagen. Da er alles kannte, endete die Geschichte, bevor sie begann. –

Dienstag, 16. August 2011

1997 - XII


Wenn es weihnachtet in Tirol,
dann fühlst Du Dich wohl.
Wenn Du denkst an die Lieben,
die Dich von zuhaus’ vertrieben,
dann schaust Du, ob es schneit
und Du bist wie befreit. –

Montag, 15. August 2011

1997 - XI


Die Melodie ist immer dieselbe,
nur die Instrumente sind unterschiedlich,
sagte er zu ihr.
Sie lächelte und zog ihr kurzes Kleid über den nackten Po.
So spielen sie immer weiter
Auf ein- und derselben Leiter
In Formen der Phantasie,
befreit im Kopf wie nie. –