Mittwoch, 30. März 2011

Jonathan Franzen - The Corrections

Jonathan Franzen schaut hinter den Spiegel und zwar so scharfsinnig beobachtend, dass
einem schlecht wird. Jeder Mann kennt die Situation: gerade wenn ein handwerkliches Problem am kniffligsten zu sein scheint, ruft die Frau. Alfred Lambert, kurz Al genannt, ist ein pensionierter Ingenieur mit hauseigenem Labor und hat aber noch ein ganz anderes Problem. Er leidet an Parkinson und Demenz zugleich und so ist jedes kleine Handwerk ein Riesenproblem, dass ihn an den Rand seiner begrenzten Möglichkeiten führt.
Und da taucht dann seine Ehefrau Enid auf, die bis zu seinem Lebensende nicht aufhören wird, ihm zu sagen, was er falsch gemacht hat. Beide leben in einem Haus in dem beschaulichen St. Jude, einem Städtchen im Mittleren Westen der USA, wo die Welt noch in Ordnung zu sein scheint. Enid als Mutter möchte, dass ihre drei Kinder möglichst zusammen mit ihren Familien, noch einmal zu einem letzten Weihnachtsfest nach St. Jude kommen. Man hätte dem Buch Franzens auch durchaus den Titel „Probleme“ geben können, denn die werden nun offenbar. Gary, Finanzinvestor ohne Überstunden und der scheinbar solideste Sohn, kann weder seine Frau noch seinen Lieblingssohn zu einem gemeinsamen Weihnachten in St. Jude überreden und erscheint allein. Er meint das Schicksal seiner Eltern durch den Hausverkauf regeln zu können und will so entstehendem Finanzbedarf der beiden Eltern vorbeugen. Chip, genannt Chipper, ist erst gar nicht verheiratet und betreibt dubiose Finanzgeschäfte in Litauen. Ein Regierungssturz in Litauen zwingt ihn zur Heimkehr, die er aber nicht pünktlich schafft. Denise schließlich ist auch kein Beispiel für Enids Familienplanung. Sie ist nicht verheiratet und verliert ihren Job als verantwortliche Leiterin eines renommierten Restaurants, weil sie sowohl mit ihrem Chef als auch mit dessen Frau ein Verhältnis hat. Jedes der Kinder bringt also sein Päckchen mit zu dieser Bescherung ohne dass es dort geöffnet werden kann.
Immerhin kommen alle nun zusammen und das Drama nimmt seinen Lauf. Enid muss erkennen, dass es zu spät für Alfred ist, eine geplante Therapie zu beginnen, weil Denise feststellt, dass er simpelste Bewegungsübungen nicht mehr kontrolliert ausführen kann. Denise erkennt, dass ihr Vater von einem Verhältnis eines seiner Arbeiter mit ihr gewusst und dies verschwiegen hat. Der Arbeiter versuchte später Alfred zu erpressen, aus Scham ging dieser in den Vorruhestand. Denise sieht auch, dass der sonst so hart kritisierte Chip der Lieblingssohn des Vaters ist, dessen Stimme ihn immer wieder aus dem Nebel seiner Demenz zieht. Und Gary muss erkennen, dass er für den Hausverkauf keinen Grund mehr hat, den Alfred wird in dem Haus nicht mehr leben können.
Es sind ganz andere „Korrekturen“ also, als die, die man erwartet hätte. Chip und Denise werden ihre Mutter bis zum Tod des Vaters unterstützen. Chip wird in eine jüdische Familie einheiraten und Denise wieder eine Anstellung bekommen. Enid wird das Krankenhaus nach dem Tod ihres Mannes verlassen und beschließen, dass sie auch mit 75 noch viel zu ändern hat. Soweit eine versuchte Zusammenfassung des Geschehens, dass den Rahmen bildet für die immer gleiche Dramatik des Lebens. Die scheinbare Zusammenhanglosigkeit menschlichen Tuns und Vergeblichkeit mancher menschlichen Sehnsüchte verhindern nicht, dass der Mensch immer wieder seinen Bildern von Liebe und Richtigkeit nach läuft und zwar für sich allein. Das Leben ist der große Korrektor.
Franzens Roman offenbart natürlich autobiographische Züge. So ist der Protagonist Alfred ebenso wie der Autor in Illinois geboren. Die lebensfeindliche Haltung, die eine Abscheu gegenüber jeglicher Lust beinhaltet sowie eine Kühle gegenüber den engsten Angehörigen, scheinen ihm wohl bekannt. Die Schilderung der einzelnen Charaktere ist packend bis ins Detail, jeder für sich wird in Form einer Novelle dargestellt und immer dann, wenn es gerade sehr spannend ist, beginnt eine neue Geschichte. Franzen ist nicht nur Erzähler, er ist ein gnadenloser Beobachter und Meister der Analyse.

Montag, 21. März 2011

Im März

Dein Telefon
zeigt meine Nachricht,
den Anruf
den Du nicht hörtest.
Ich lösche,
was zu löschen ist.
Ich weiß ja,
dass Du nicht mehr bist.

Du meintest,
wenn Du etwas merkst:
Du rufst an,
ich wüsste es dann.
So anders
war unser Ende.
ergeben
und ohne Wende.

Ich fühle,
was zu fühlen ist,
doch weiß ja,
dass Du nicht mehr bist.

Mittwoch, 2. März 2011

Ein Briefwechsel

in seiner Zeit ist ein Weg
der Gemeinsamkeit.
Später aber legt er dar:
es ist nicht alles Geschriebene wahr.
Die Worte liegen schwer wie Blei
im Schrank, in der Schublade, in der Kartei.
Wer etwas mitzuteilen hat,
der prüfe den Wert auf einem Blatt.
Was leicht ist, wird hier wirklich schwer.

Papier ist geduldig, das ist wohl wahr.
Da liegt das Manko, sonnenklar.

Mittwoch, 16. Februar 2011

Hallo, geht’s noch?

Die moderne zwischenmenschliche Kommunikation drückt in erster Linie den Verlust an Bedeutung der Worte aus, der durch eine Inflation von neuen Begriffen und anderen Verwendungen alter Worte übertüncht wird. Mann nehme das Wort ‚Hallo’. Früher mal als harmlose und unverbindliche Begrüßung benutzt oder als Anruf, taucht dieses Wort jetzt mitten in ganzen Sätzen auf und zwar als betonte Frage ‚Hallo?!’. ‚Hallo’ verkommt also nun zu einem Ausdruck der Irritation und des Unverständnisses und paart sich gern mit der Zusatzfrage: „Geht’s noch?“. Während früher die Frage „Geht’s noch?“ eher höchste Besorgnis und Anteilnahme ausdrückte, so sind diese Worte nun als Hinweis oder bestenfalls witzig mit einem Schuss Ironie gemeinte Bemerkung zu verstehen. Die heutige Welt hat der früheren ihren Sinn genommen und keinen neuen gefunden.
So mag es früher Sinn gehabt haben, wenn die Mutter ihr Kleinkind mit einem aufmunternden „Hallo“ begrüßte, heute praktizieren das aber auch junge Frauen mit älteren Männern in aller Öffentlichkeit und gern auch am Hotline-Telefon. Da mag ein übler Trick dahinter stecken, denn als Kind ist man Frauen gegenüber ja machtlos. Die Betonung des ‚Hallo’ hat sich geändert. Das ‚Hall..’ steht im Vordergrund und wird mit einer verstärkten Stimme zelebriert, die bisweilen, wenn sie eigentlich nicht so stark ist, etwas quäkig herüber kommt. Das ‚..o’ versinkt dagegen im Nirvana ganz im Gegensatz zum gefragten ‚Hallo?“, wo es eher als doppeltes oder dreifaches ‚o’ betont wird. Immerhin erspart einem diese 'Hallo' die gestelzte Frage: 'Was kann ich für Sie tun?'. 
Das gefragte ‚Hallo?!’ jedoch soll sicher Aufmerksamkeit erzeugen und verhindern, dass die Erzählung langweilig wird, in einer Zeit in der keiner mehr Zeit hat. Mich irritiert das immer, weil ich ja als Gesprächspartner schon da bin und auch zu höre. Ich frage mich also ‚Geht’s noch?“ und antworte mir selbst mit einer Frage: ‚Ja, aber mit wem geht es?“.      

Sonntag, 13. Februar 2011

10.2.2011

Ein Jahr ohne Dich,
was hat es verändert?
Das ich nicht mehr an Dich denke,
stimmt nicht.
Das das Gefühl verschwindet,
ist nicht wahr.
Das Jahr war so sonderbar.

Es bleibt eine Hoffnung
so seltsam verborgen,
im Alltag ergeben
sich andere Sorgen.
Sag’ mir, in welcher Welt
Du lebst
und ob Du noch nach
Erfüllung strebst.

Da bleibe ich nun so einfach zurück,
in welchem Akt,
in welchem Stück?

Freitag, 4. Februar 2011

Memento Mori

In mitten all der Vergänglichkeit
bleiben Momente
glänzend und ohne Zeit.
„Memento Mori“
gilt nicht im ewigen Kleid.

Donnerstag, 13. Januar 2011

Wundervolle Tage




Wenn einen der Fluss
überschwemmt,
die alten Äste
hinweg trägt
und am Horizont
ins Licht fließt.