Dienstag, 31. Juli 2012

2005 - VI

Sex

Alle Dinge im Leben, die etwas werden, gehen schnell.
Dinge, die nichts werden, dauern ewig.

Montag, 30. Juli 2012

2005 - V

Der Umzug

Ich lief durch die Bahnhofshalle mit einer angezündeten Zigarette. Warum ich eigentlich rauchte, wusste ich nicht. Ich fühlte nur die Gewohnheit des Giftes. Der Rauch brannte in meine Lunge. Ich nahm einen letzten Zug und schnippte den Stummel weg. Ich gemoß den ersten frischen Atemzug und zog ihn tief ein. Wahrscheinlich rauchte ich, weil mein Urgroßvater sich zu Tode geraucht hatte. Er war Metzgermeister und zog mit seiner Frau von einer Feier zur anderen.
Ich war auf der Suche, Ramschläden mit Billigangeboten begeisterten mich. Es brachte mir nur Unruhe, wenn ich meiner Sucht nicht nachginge.
Zum Glück gibt es Gasthäuser, die Ruhepausen versprechen. Ich beschloß etwas zu essen.
Zunächst schöpfte ich keinen Verdacht, als ich eine Dame in höfischer Kleidung erblickte. Die Zeiten waren unruhig. Kammerzofen versuchten Hofdamen zu werden und so weiter.
Nachdem ich meine Mahlzeit beendet hatte, sprach mich die Dame jedoch an. "Mein Herr, wenn Sie wünschen, können Sie einen Tag in der Vergangenheit verbringen. Der König von Schweden speist gerade in diesem Lokal und lädt sie dazu ein." Ich blickte mich um und sah zwei große und kräftige Männer beim Essen tafeln. Wie um mich zu retten, stürzte in diesem Moment ein deutscher Schauspieler herein, näherte sich rasch dem Tisch des Königs und packte ihn am Kragen. "Wie können Sie es wagen, hier zu speisen, während ihr Volk verhungert?" schrie er den König an. Der König und sein Begleiter schüttelten den lästigen Gast ab wie eine Fliege. Sie ließen sich nicht weiter beirren. Unter Protest warf der herbei geeilte Wirt den ungebetenen Gast hinaus. Offensichtlich sah der König von einer Strafe ab, winkte mir als verdutztem Zuschauer zu. Ich erhob mich und ging meinerseits zu seinem Tisch. Dort blieb ich wortlos stehen. "Sehen Sie," sagte der König "hier kommt gerade der frische Weißwein. Ich lade sie gern dazu ein, aber nun zu meinen Regeln." Er öffnete gleichzeitig eine große Flasche und sah mich verwirrt. " Was tun Sie hier?" fragte er nach.
"Nun," (ich vermied eine Anrede)"ich ziehe um." Der König lachte.

Sonntag, 29. Juli 2012

2005 - IV

An_die_Gedanken

Gedanken
ranken wie Efeu
um den Baum
der Erkenntnis und
dabei will
ich doch nur eines:
dir nah sein!

Samstag, 28. Juli 2012

2005 - III

Versteck'

dein Lachen
im Gesicht,
es könnte stören,
grinse nicht!
Sei unbeteiligt
lieber still,
das ist es, was dein
Mitmensch will.

Freitag, 27. Juli 2012

2005 - II

io

Ich bin der
den ihr in mir seht,
ich könnte
einfach nur der sein,
der ich bin.

So aber
fahre ich weiter
den Schlitten, den die
Ignoranz
treibt und deren
Unwissen
Versteck bietet.

Donnerstag, 26. Juli 2012

2005 - I

Ich werd' verrückt und zieh' aufs Land!

Da streifte ich nun im Sommer nach den ersten Tagen unseres Einzugs in der Kätcheslachmulde herum, um den neuen Wohnort zu erkunden.
Betonierte Feldwege und Felder, wohin das Auge blickt. Diese Kombination kannte ich nicht so aus meiner Heimat. Uns war es als jungem Paar gelungen (brav erkämpft nach Vorlage der Verdienstbescheinigung), eine Mietwohnung in Frankfurt zu finden, aber im Grunde lebten wir weiterhin in einem Dorf.. Vor einem Einzug hätte ich nicht geglaubt, dass es zu Frankfurt gehört: Kalbach. Der historische Name ist Kahlbach und so würde ich den Namen aussprechen, die Einheimischen entscheiden sich aber das a kurz auszusprechen. Hier hatte ich mich auf dem Weg zur Arbeit schon einmal restlos verfahren. Am Weißkirchener Berg drehte ich entnervt um, der Ort schien kein Ende zu nehmen und war es für mich gleichzeitig.
Nun hatten wir also die Wohnung, sie war mit einem dicken gelben Teppichboden und ebenso gelber Rauhfaser ausgestattet und wir änderten das nur zum Teil um bei unserem Einzug.
Wir konnten nun nach kurzer Fahrt direkt eine U-Bahn erreichen und waren darüber sehr erleichtert. Die Lage der Wohnung erschien mir geradezu idyllisch. Man fuhr direkt auf einem freien asphaltierten Platz vor, hatte einen kurzen Weg zu dem am Feldrand gelegenen Haus.
Schon der Straßenname kündete von der Feldnähe: Am Hasensprung. Und im Sommer sprangen dort teilweise auch tatsächlich ab und zu die Hasen. Das war zwar auf einer reinen Anliegerstraße nicht so gefährlich, stürzte den verirrten Meister Lampe aber doch in heller Aufruhr. Auch die Hasen hatten sich verlaufen.
Vom Balkon aus blickten wir nun direkt zum Riedberg und dahinter lugte direkt der Fernsehturm hervor. Als einziges Zeichen der Stadt, die sich ansonsten hinter dem Hügel versteckte.
In der Kätcheslachmulde war die Trauerweide der einzige größere Baum, abgesehen ein paar auf der Anhöhe Richtung Kalbach stehenden Apfelbäumen. Unter dem Baum stand eine Bank.
Eine Zuflucht, so schien es mir, denn ich mochte das freie Feld nicht besonders. Nur wenn das Getreide hoch stand, fand ich das erträglich, aber der Wald fehlt nun einmal. So pfeift der Wind beständig über die Felder, die Jahre vergehen. Ein kleiner Tannenbaum vor dem Haus wird größer und spendet Schutz vor Wind und Sonne, bietet Vögeln Unterschlupf.
Die Kätcheslachmulde soll wichtig sein für den Luftaustausch vom Taunus zur Innnenstadt.
Da wird wohl nicht gebaut werden.
Und doch ändert sich so einiges. Die amerikanischen Hubschrauber, die im Sommer manchmal stundenlang mit laufenden Rotoren auf dem nahe gelegenen Flugplatz stehen, ziehen ab. Tapeten und Fenster werden nicht mehr so schnell schwarz. Ein paar Bäume werden auf dem Hügel gegenüber angepflanzt, ein Vogelschutzgehölz. Aber die Stadt kommt näher. Autobahnen werden voller, weil es eine neue Ostumgehung für Frankfurt gibt. Aus der A 661 wird nun eine Umgehungsstrecke und Abkürzung für die Fahrt vom Offenbacher Kreuz zum Bad Homburger Kreuz. Auch gibt es neue Umgehungsstraßen; der Bürgersteig in Kalbachs Mitte wird sicherer. Der Platz vor dem Haus ist längst belegt. Container der Kalbacher Schule stehen dort. Sicher nur vorübergehend, irgendwo müssen die kleinen Würmer ja hin. Die Stadt wächst von Heddernheim hinaus, Boden wird jahrelang entgiftet, das neue Mertonviertel entsteht. Dann künden große Schilder von der Riedbergstadt. Bis wohin soll sie gehen? Man nimmt es nicht ernst. Das wird alles dauern. Der Ökodoktor vom Nachbarhaus klebt sich ein Schild der Bürgerinitiative auf das Auto. Der Riedberg soll Spazierberg bleiben, so wollen es die meisten Kalbacher. Aber die Bauern werden zwangsenteignet, die Stadt macht ein Geschäft, ersteht das Land relativ billig und auch der Investor bekommt seinen Teil. Vom bezahlbaren Wohnraum nicht eine Spur. Kalbach wächst, neue Baugebiete, eines vor der Haustür. Der Hasensprung wird zur Durchgangsstraße. Wer rückwärts aus der Garage fährt, muss warten. Das erwarten die neuen Anwohner, Tempo 30 ist hier kein Thema.
Bei all dem ist Kalbach ruhig geblieben. Weder gibt es hier mehr Lokale, noch Einkaufsmöglichkeiten, die Busse sind kleiner als früher. Nur der Lärmpegel steigt.



Die Kätcheslachmulde wird zum Kätcheslachpark, die Trauerweide hat man im Zuge der Bauarbeiten einfach gefällt. Nun entbrennt die Debatte um eine Silberweide, die neu gepflanzt werden soll. Aber nicht an alter Stelle, das wäre zu dicht am künstlich angelegten Teich.
Und noch ein Baum steht nicht mehr, der vor unserem Haus gefiel der Hausbesitzerin nicht mehr, eines abends erblickten wir nur noch den Stumpf. Der Wind weht nun sogar die Erde aus den Blumenkästen. Reißt den Sichtschutz seitlich weg vom Balkon. Und die Kalbacher breiten sich aus. Der Wintergarten im Nachbargarten schiebt sich unter unsere Fenster. Wir sind nicht mehr allein. Auf dem Riedberg gegenüber stehen Häuser und entstehen Straßen.
Auf den Feldwegen gibt es Begegnungen aller Kraftfahrzeugarten. Meine Feldrunden habe ich längst aufgegeben. Der Parkettboden wölbt sich nach über 20 Jahren unter unseren Füßen und zeigt den Mut zur Lücke.
Nun werde ich endgültig verrückt und ziehe aufs Land

Mittwoch, 25. Juli 2012

2004 - VI

Schon

Ich spüre es schon,
ich merke es, ach,
die Zeit fehlt mir,
ich schlafe wach.
Der Gedanke ist schon fast entschwunden
und fühlt sich nicht an mich gebunden.
Ich wollte was sagen und aufschreiben,
nun muß die Welt ohne dem bleiben.
Ich spüre es schon,
ich merke es, wach,
doch die Erinnerung liegt brach.