Donnerstag, 14. Juni 2012

2002 - II

Das war aber eine schöne Geschichte!

Könnte ich mich an dem Anblick eines grünen Waldes erfreuen und dessen Mystik auf mich wirken lassen? Diesen Eindruck erleben ohne gleich etwas genauer ergründen zu wollen. Ungestörte Intensität des Augenblicks, des Monents und der Stille...
So wie graue Buchstaben ein Meer von Worten ergeben, bildet der Wald ein neues Wesen, das in seiner Gesamtheit ein Eigenleben hat. Er singt, zwitschert, rauscht, knarrt und klopft in meinem Kopf. Wiegt meine Gedanken beiseite, bringt sie zur Ruhe. Voller Repekt weigere ich mich, hineinzugehen, öffne doch die Türe und schließe sie hinter mir. Ich dringe nicht ein. Meine Gefühle werden eins mit der Umgebung und fast betrete ich sie garnicht. Dieser weiche Boden schmeichelt den Füßen und Du spürst, alles lebt um Dich herum. Jeder Baum hat eine besondere Gestalt, tront über den kurzlebigen Pflanzen seiner Umgebung. Manchmal verliert er Äste, Zweige verdorren, Insekten kriechen und Spechte hämmern. Seine Gesamtheit erneuert sich. Das Gefühl für die Zeit fehlt mir hier, sie spielt keine Rolle.
Irgendwann verlasse ich den Wald und versuche, ihn in meinem Denken zu behalten.
Das war aber eine schöne Geschichte, sagte der Junge zum Vater. Sie lagen zur Mittagsruhe im Bett und der Vater hatte dem Sohn etwas erklärt. Der Sohn erinnerte sich später daran, wie er vor dem Vater auf dem Motorrad gesessen hatte und den Fahrtwind spürte.

Mittwoch, 13. Juni 2012

2002 - I

Vorsicht Beratung!

Ein Meer von blauen, grauen und schwarzen Anzügen wogte unter den diskutierenden Köpfen, ab und zu von kaum andersfarbigen Damenkostümen gesprenkelt. Seriosität im Auftreten ist das Metier der Banker. Sie mögen es, in der Kantine über ihre Arbeit zu sprechen und organisieren sich ständig neu. Ihrer Verantwortung ist Ihnen wohl bewusst, schließlich gehen sie mit dem Geld anderer Leute um. Deswegen empfehlen sie dem privaten Kleinanleger gern ihre Hausprodukte. Immer auf der sicheren Seite bleiben heißt im Zweifelsfall der gut gemeinte Rat für den unsicheren Anleger. Natürlich wird immer alles genau analysiert, der Markt beobachtet und kein Cent verschenkt.
Wer hat was davon?
Um all das professionell abzuwickeln, werden die Mitarbeiter geschult, auch psychologisch. Wer in die Führungseebene aufsteigen will, muss lernen, sich an Felswänden abzuseilen. Schulungsabteilungen und Seminarveranstalter sorgen für ein qualifiziertes Coaching. Das der Banker ab und zu das Deutsch verlernt, sei ihm bei soviel vermittelten Kenntnissen verziehen.
Er muß es vermeiden, altmodisch zu wirken und darf sich nicht gegen die englische Sprache wehren. Im Gegenteil, es ist erforderlich, ab einer gewissen Ebene neben dem angepassten Verhalten auch die richtigen Worte zu finden. So versteht es sich in Dialekten gut zu leben. Das erleichtert es auch, stets die richtigen Gespächspartner zu finden und nicht selbst outgesourct zu werden. Im internen Kreis diskutiert es sich locker und es is klar, das es sich bei einer Zigarette und einem Kaffee besser plaudert. Schließlich muss nicht alles aus Amerika übernommen werden. Weder die strikten Rauchverbote, noch die lockere Freitagskleidung sprechen gerade den deutschen Banker besonders an. Freie Fahrt für freie Banker könnte da eher als das Motto gelten, zumindest außerhalb der Arbeit.
"Der Banker" findet eben vieles interessant und witzig, wenn es nicht gerade die Arbeit ist. Und durchsetzen kann er sich nicht nur im Job. Ein Banker hält immer (seinen?) Kurs. Mögen sich andere um Systematik bemühen, seine Sache ist dies nicht, er handelt lieber. Time is Money.

Dienstag, 12. Juni 2012

The Man I used to be

Ein kleiner Motor muss höher drehen als ein großer, um eine vergleichbare Leistung abzurufen. So ähnlich verhält es sich mit dem Alter beim Menschen.
Was man früher leicht geschafft hat, wird zum Kraftakt. Und so entsteht das Gefühl, das man immer mehr arbeitet, obwohl man im Grunde im besten Fall das eigene gesetzte Niveau hält.
Manches allerdings fällt auch leichter. Viele Verkrampfungen des jugendlichen Daseins, die sich in der Midlife-Crisis fortsetzen mögen, entfallen mangels Energie. Die Gedanken werden statischer, die Alltagsemotionen flacher. Dafür mögen sich tiefe Gefühle weiter entwickeln.
Die Erkenntnis einer gewissen Schicksalhaftigkeit wächst. Längst ist die Rinne gegraben, in der der Lebensfluss fließt. Man mag sich eine neue graben, aber es bleibt doch eine Rinne.
Denn der sinnige Spruch, der besagt, man müsse einen Tod sterben, hat ja leider eine Wahrheit.
So lese ich weiter in meinen Aufzeichnungen und halte mir den Spiegel vor, in dem ein Gesicht auftaucht, das ich noch kenne. Mir ist klar, dass ich erst am Anfang all der Veränderung stehe.

Donnerstag, 7. Juni 2012

2001 - XX

Sansevieria trifasciata 'Laurentii'

Die Sanseverie steht auf der Fensterbank
Und denkt sich, Gott sei Dank,
bin ich kein Weihnachtsbaum,
denn ich glaube kaum,
das ich nach diesem Fest
mehr wäre als kümmerlicher Rest
in einer großen Tonne,
So stehe ich hier mit Wonne
und warte auf die Sonne.
Bald ist der Himmel blitzeblank,
die Sanseverie steht auf der Fensterbank.

Mittwoch, 6. Juni 2012

2001 - XIX

Daheim (Leserkreis)

Daheim, da brennt so ein Licht.
Daheim, da stört es mich nicht,
wenn etwas draußen ist,
was an meiner kleinen Seele frisst.
Daheim, das bleibt Daheim,
Dir schenke ich den Reim.

Dienstag, 5. Juni 2012

2001 - XVIII

D-Day

Zartes Grün an grauem Tag,
nichts ist so, wie ich es mag.
Regen statt der Herzen Klopfen
höre ich an Fenster tropfen.

Montag, 4. Juni 2012

2001 - XVII

11. September 2001

Die Hölle sei ein Fegefeuer,
sie kann auch ein Schuttberg sein,
wir haben es erlebt.
Geschichten sind zu Ende, Euer
Mitgefühl dafür zu klein,
Vergeltung wird erstrebt.
Kein Gedanke zeigt, das ein neuer
Menschensinn entsteht, so fein
die Hoffnung sich erhebt.