Donnerstag, 6. Dezember 2012

Gold - XXXIX

Ich erhalte einen Anruf von Frau Dr. R. am Montag der darauf folgenden Woche. Sie eröffnet mir, daß mein Vater aggressiv sei und sich jeglicher Therapie verweigere. So können sie ihn nicht behandeln. Er müsse erst einmal in einer psychiatrischen Klinik medikamentös eingestellt werden, um therapiefähig zu werden. Auf meinen Einwand hin, ob dies nicht in Bad Orb geschehen könnte, erwidert sie, dass sie das nicht dürften. 
An welche Klinik sie gedacht hätte? Ich fürchte einen Verlegung nach Kassel und einen anstrengenden Rücktransport für ihn. Frau Dr. R. erklärt, zuständig sei die Psychiatrie in Schlüchtern. Das wiederum würde weder Egon noch mir helfen. Die Verlegung müsse unbedingt spätestens morgen, erklärt mir Frau Dr.R. Ich erkläre ihr daraufhin, dass ich Vater nicht hergeholt habe, um ihn jetzt wieder irgendwo zu haben, wo ich nicht oft genug hin komme. Ich könne mich gern um ein Krankenhaus bemühen, so Frau Dr. R. Notfalls werde sie ihn nach hause transportieren lassen. 
Mir brennen fast die Sicherungen durch. Mein Vater in seiner Wohnung und ohne Aussicht auf Hilfe, ich beende das Gespräch und beginne, die Krankenhäuser ab zu telefonieren. In Hanau erklärt man mir, man könne keine so alten Patienten aufnehmen. Sie würden hier Schizophrene in Behandlung haben. Das paßt nicht. Die sind von der Betreuung her zu intensiv. Auch Frankfurt am Main und Offenbach passen. Ich rufe Frau Dr. R. zurück, wie sieht es denn in Schlüchtern aus?  Schlüchtern habe sie bereits an telefoniert, sie nehmen nur Patienten aus dem Main-Kinzig-Kreis. Das, so lerne ich, ist wohl bei allen psychiatrischen Klinken so. Diese Art Lokalkolorit gefällt mir gar nicht. Ich schlage vor, Vater selbst zu fragen. Wenn er wirklich nach Kassel will, so muß ich ihn gehen lassen. Frau Dr. R. sicherte mir zuvor zu, daß er nach erfolgreicher medizinischer Einstellung in Bad Orb wieder aufgenommen würde. "Meinen Sie," fragt sie mich "Ihr Vater kann darauf antworten? Er war ja schon verwirrt, als er eingeliefert wurde." Mit ihrer Geduld ist sie am Ende. Sie gibt mir höchstens einen Tag, dann muss mein Vater weg. Mir fällt ein, daß mein Bruder in Gießen in einem psychiatrischen Krankenhaus ist, obwohl er auch nicht aus Gießen ist. Tatsächlich, sie wären bereit ihn zu nehmen, die behandelnde Ärztin ist sogar sehr interessiert und kann sich gut vorstellen, daß Egon vom Krankheitsbild her paßt. Frau Dr. R. klingt erleichtert, auch wenn ein weiterer Tag benötigt wird, um die Übernahme nach Gießen zu organisieren. Vom PKH Gießen höre ich zunächst nichts. Egon ist aber angekommen und ich erhalte einen Anruf der verantwortlichen Ärztin. Vater muß wieder verlegt werden, um internistisch behandelt zu werden. Momentan sei er für die medikamentöse Einstellung zu schwach. Man werde ihn untersuchen und arbeite mit dem evangelischen Krankenhaus in Gießen zusammen. Einen Tag später erfahre ich, daß Vater infektiös ist. Ein klarer internistischer Fall.. Das Problem ist nur,, daß das evangelische Krankenhaus in Gießen keinen Platz für ihn frei hat. Man sucht und findet (ev. müsse er nach Lich) im Balserischen Stift (angeblich ein gutes Krankenhaus) einen Platz. Am Wochenende wird er dorthin verlegt. 

Mittwoch, 5. Dezember 2012

Gold - XXXVIII

Rachel war zufrieden. Endlich schrieb er als sein eigenes Ich und nicht als ein imaginärer Paul. Wer ist denn dieser Paul auch, wer sollte das sein? 
Ich bin Paul, wer sonst? erklärte er. Den kleinen Jungen, der aufgeregt den Dampflokomotiven zugesehen hatte, den gab es nicht mehr. Der für alles Begeisterung zeigte, was neu war und der schöne Geschichten mochte. Dessen Fantasie an der Schlafzimmerdecke eine Bühne bot, der sich solange vertiefte, bis er Figuren sah, die sich bewegten.    
So, dann bist Du also tot? setzte Rachel nach. 
Nur weil etwas nicht mehr lebt, ist es ja nicht tot. 
Untot sozusagen? Warum lebt denn dieser kleiner Junge nicht mehr?
Der ist einen langen Weg gegangen, hat Stück für Stück nicht mehr geglaubt, eine Mutter gesehen, die mit der Bierflasche in der Hand den Vater schlagen wollte, hat mit Spannung gesehen, wie der Vater sich verteidigen wollte, als Zuschauer, wie bei einem Boxkampf.
Die Mutter tobte, bis sie vor Erschöpfung ins Bett fiel, nicht ohne vorher ins Zimmer des Jungen zu kommen und sich zu beklagen, wie schlecht der Vater sie behandelt habe. der Junge hatte tagsüber den Alkohol besorgt und wusste genau, was die Mutter getrunken hatte.
Vater hat auch geschlagen und der Junge konnte es teilweise verstehen, war hin und her gerissen.
Ich habe es Dir gesagt, so schlecht war Dein Vater nicht.
Paul erwachte. Der Mann, der ihn zum Militärdienst gezwungen hatte, ihm kaum zu behandelnde Angstzustände eingebrockt hatte und der verhindert hatte, dass er sein Studium rechtzeitig begann, der war nicht schlecht?
An Weihnachten, ja, da wurde dieser Mann sentimental, während die Mutter spöttelte. 
Da sollte man Lieder singen und das "Ave Maria" hören.
Und wenn er am 2.Weihnachtsfeiertag nach hause kam statt am Heiligen Abend, weil er es nicht aushalten konnte, da schickte er ihn gleich wieder weg.
Das war Paul, er ging seelenruhig sogar mit einer gewissen Erleichterung. Er machte weiter, wo der kleine Junge nicht mehr konnte. Er ignorierte den Zusammenbruch bis zur Selbstauflösung.
Du meinst, Du bist erwachsen geworden? fragte Rachel nachdenklich. Und: meinst Du nicht, dass andere ähnliches erlebt haben? So schlimm war es doch bei euch zuhause gar nicht. Mache doch andere nicht laufend für Dein Leben verantwortlich.
Paul hatte seine Ideale nicht vergessen. Aber wie soll man jemandem erklären, in welchem Gefängnis man sitzen muss, um innerlich zu sterben?



Dienstag, 4. Dezember 2012

Gold - XXXVII

Irgend wann geht auch die längste Reise zu Ende und so tauchte meine Verflossene wieder auf. Sie wusste bereits, dass ich mittlerweile wieder gebunden war und meinen ersten Urlaub mit meiner neuen Beziehung plante. Sie selbst war ihrer ersten Liebe nach gereist, hatte ihn in England getroffen. Das Ganze muss jedoch sehr desillusionierend gewesen sein. 
Es galt aber auch Abschied zu nehmen von meinen eigenen Plänen. Noch war ich Student, noch stand der Auslands- und Studienaufenthalt in England an, dessen Finanzierung nicht klar war. Ich erzählte meiner künftigen Frau von meinen Plänen und das ich eventuell für ein Jahr gehen wollte. Sie hatte irgend etwas bereits befürchet und es schien so, als ob ihre Welt, die auf einer gemeinsamen Zukunft mit mir aufgebaut war, geradewegs zusammen brach. ich erblickte in ihren dunklen Augen ein Kartenhaus, sollte ich das gewesen sein? Ich fühlte nach, was in ihr vorging, hielt mir die Entscheidung dennoch offen. 
Innerlich war ich mir allerdings klar, dass ein Abbruch meines Studiums auch aus ganz anderen Gründen sinnvoll war. Ganz im Gegensatz zu mir stand sie finanziell auf solidem Grund. 
Ich musste und wollte Geld verdienen, wenn ich ihr Niveau mit leben wollte. Ich arbeitete in den Semesterferien bei einer Metallbaufirma und kam gut klar, war stolz auf mein Geld.
Zudem der Plan, mit meiner muttersprachlichen Freundin nach England zu gehen, war gescheitert.
Ich schaffte es tatsächlich, einigermaßen kalt zu bleiben, auch als sie mir etwas zu schmeicheln begann, indem sie mir sagte, es sei wohltuend, dass ich mich nicht verändert habe. Und mich nach meinem Urlaub fragte, den ich längst mit meiner neuen Partnerin geplant hatte.
Zu meinen eigenen Erwartungen, etwas Genugtuung für das Erlebte zu erhalten, das mir meine eigene Freundin, mein pet, zugefügt hatte, kamen nicht unerhebliche Erwartungen von meiner neuen Freundin dazu. Es war ohnehin ein Wunder, dass sie beim Anblick der Möbel ihrer Vorgängerin nicht gleich wieder geflüchtet war. Nach einigem, aus meiner Sicht überflüssigen Geplänkel, sagte ich ihr, wann sie ausziehen müsse. Die Auflösung meiner Wohnung stand sowieso bevor. Dann ging ich, wir haben uns bis heute nicht mehr gesehen. 
Nach meinem Urlaub würde die Erinnerung an sie in Gestalt ihrer Sachen getilgt sein.

Samstag, 1. Dezember 2012

Gold - XXXVI

Paul hatte nach seinem Israel-Aufenthalt und der halbwegs erfolgten Genesung, den Entschluss gefasst, mit der Vergangenheit abzuschließen. Er hatte sein Studium an der Frankfurter Uni wieder im Sinn, wo er Philosophie und Anglistik belegt hatte. Er wusste aber auch, dass ihm das studentische Leben fremd war und die sehr unstrukturierte Gestaltung der Studiengänge Probleme bereiten würde. Im Grunde war er ein Arbeiter, so sagte er es sich selbst. Egal was der Vater über Praktiker und Theoretiker erzählte (zu letzteren zählte er seinen Sohn), er wurde im akademischen Leben ignoriert und fand selbst auch keinen Zugang dazu. 
Sicher entsprach es ihm mehr, im anglistischen Institut über die geschniegelten BWL-Studenten zu lästern, aber das allein reichte nicht als Grundlage für ein erfolgversprechendes Studentendasein und vor allem dessen Abschluss. Paul war erfolgsorientiert, auch wenn das niemand wahr nahm und seine Geduld war in allen Belangen nicht allzu groß.
Die Geduld mit der herum reisenden Exfreundin hatte ihn längst verlassen und nachdem er bereits zwei Monate nach seiner Rückkehr aus Israel eine neue Freundin kennengelernt hatte, wusste er schnell, was er zu tun hatte. Ein letztes Gespräch mit ihr würde anstehen, dieses Mal unter "seinen" Bedingungen.
Die Möbel der "Ex" standen noch in seiner Wohnung, die er selbst nun schon meist nicht mehr bewohnte.
Schon aus finanziellen Gründen (außer dem Bafög hatte er kein eigenes Einkommen) würde er schnell mit in eine gemeinsame Wohnung ziehen. Die Wohnungsauflösung stand an, nachdem eine andere Entscheidung bereits gefallen war. 

Freitag, 30. November 2012

Gold - XXXV

Er bittet mich um Erlaubnis, etwas Beruhigendes geben zu dürfen und die Arme zu fixieren. Das alles soll nur vorübergehend sein. Schweren Herzens erteile ich die Erlaubnis. Wieder vergehen einige Tage bis ich am Wochenende, dieses Mal mit Auto und Haftcreme, eine Fahrt nach Bad Orb unternehmen kann.
Als wir die Tür öffnen, sagt Vater zu mir: "Was machst Du mit mir?"
Ohne große Begrüßung, ich bin erst einmal konsterniert. Er hat hier ein Einzelzimmer und es riecht muffig. Vermutlich war das Fenster schon länger nicht mehr offen. Er redet nur zögerlich und wenn, dann sagt er, dass die hier gegen ihn seien. Seinen Katheder empfindet er als Unverschämtheit. Ich sehe neben seinem Bett einen Rollstuhl. Ich versuche erneut, ihn besser zu stimmen und zu trösten. "Wenn Du aufstehen kannst und mir sagst, daß Du nach hause gehen kannst, dann habe ich bestimmt nichts dagegen." Die Wohnung, meint er, die wäre doch wohl noch da? Als ich das bejahe, meint er, daß das auch so bleiben soll. Ich deute an, daß wir das überlegen müssen, mehr nicht. Das Wetter ist mild in diesem Januar und die schöne Umgebung lockt zum Ausgang. Die Schwestern sind hier osteuropäischer Herkunft. Ich gehe zum Schwesternzimmer, zum einen, weil ich der schlechten Luft entfliehen und zum anderen weil ich die Schwester bitten möchte, mir bei einer Ausfahrt mit dem Rollstuhl behilflich zu sein. Ohne große Umschweife fragt sie meinen Vater, ob er mit dem Rollstuhl nach draußen will. Er sagt sofort ja. Sie schafft es ohne meine Hilfe, Egon in den Rollstuhl zu bugsieren. So verlassen wir etwas unsicher sein Zimmer, denn auch das Rollstuhl schieben will gelernt sein. Im Aufzug angekommen, scheint er sich im Spiegel zu sehen. Seine Zähne sind nicht richtig fest im Mund. Er sieht ausdruckslos aus. Entweder sieht er sich nicht oder er begreift nicht, daß er sich selbst sieht. Wir suchen ein ruhiges Plätzchen, erst in der Cafeteria, bis wir merken, daß es am besten wäre, allein mit ihm irgendwo zu sitzen. Das Problem beim Schieben, daß er einen Fuß nicht auf dem Raster stehen hat, sondern auf dem Boden schleifen läßt. Das macht das Schieben schwer und ich habe Angst, ihn zu verletzen. Anscheinend aber gleitet der Hausschuh gut über den überwiegend glatten Boden. Wir finden schließlich einen leeren Aufenthaltsraum, ein Fernseher steht darin. 

Ich habe das Gefühl, er denkt über irgend etwas nach. Täuscht uns, um im nächsten Moment den Versuch des Aufstehens zu wagen. Ich gerate innerlich in Panik, weil ich weiß, daß ich die Situation nicht beherrsche. Wieso nimmt er seinen Fuß nicht hoch und warum spricht er nicht, wenn ich ihn was frage? Da sitzen wir beide sprachlos neben einander. Quälend lange, bis ich es nicht mehr aushalte. Ich will mit ihm zurück auf das Zimmer, so schnell wie möglich. Trotz des offensichtlich schlechten Zustands meines Vaters drängen sich Leute vor uns in den Aufzug. Wir warten bis ein leerer Aufzug kommt. Ich fahre Egon bis neben das Bett. Nun brauche ich die Schwester wieder. Im Schwesternzimmer sage ich ihr, das Vater sich über seinen Katheder beschwert hat. Sie erwidert daraufhin nur lakonisch, daß mein Vater inkontinent sei und es nicht merke, wenn er müsse. Angesprochen auf seine angebliche Aggressivität, sagt sie nur, das sei bei alten Leuten hier normal, das komme öfter vor. Wiederum schafft sie es allein, meinen Vater ins Bett zu setzen und zu legen. Er fällt erleichtert nach hinten und muß noch ein Stück hoch gezogen werden. Das ist schwer. Immerhin spricht er nun wieder. Redet über eine kleine Wohnung mit Küche, ein Zimmer vielleicht, scheint sich doch mit einer Veränderung anzufreunden. Bemerkt, dass es nun für mich nicht mehr so weit sei. Ich erkläre ihm den Fernseher, den er hier für sich allein hat. Zeige ihm den Nachtisch, der noch ungeöffnet da steht. Es sieht so aus, als nähme er das alles erst jetzt zur Kenntnis. Nachdem wir die Wäsche kontrolliert haben, es ist Schmutzwäsche darunter, und seine sonstige persönliche Habe auch da ist, scheint erst mal wieder alles im Lot. (Die Bilder wurden nicht geschnitten, die Fingernägel wenigstens.) Die Schmutzwäsche nehmen wir mit, hier wird er nun wieder auch was brauchen. Vielleicht sollte ich in der Woche mal hinfahren, sonst wird es knapp. Mir wird allmählich klar, dass durch die Verlegung ich der einzige Anker bin, den Egon in einer ihm fremden Welt noch hat. Nachdem ich die Position des Kopfteils für ihn eingerichtet habe, legt er sich nach der Verabschiedung auf die Seite. Den Fernseher habe ich eingestellt, vielleicht schaut er ein bißchen. Er ist zu schwach für längere Gespräche.
Wie immer ist an den Wochenenden kein Arzt zu sprechen. Ich kenne den Namen der Ärztin hier, aber was nutzt das, sie hat keinen Dienst. 

Donnerstag, 29. November 2012

Gold - XXXIV

Ich muss versuchen, die Verlegung meines Vaters in ein Krankenhaus in unserer Nähe zu erreichen. Dazu rufe ich im Krankenhaus an, will abklären, was machbar ist. Wie meistens, lande ich erst einmal bei der Schwester. Geplant ist die erneute Verlegung nach Bad Wildungen. Aber wenn ich ein anderes Krankenhaus fände, so sei das kein Problem, ich müsse es nur bald mitteilen. Ich spreche mit der Gesundheitskasse, Egon hat da immer eine gute Meinung gehabt. In der Tat helfen sie mir weiter, Bad Camberg oder Bad Orb stehen als Rehakliniken zur Auswahl. Da Bad Orb entschieden näher ist, gebe ich die Adresse an das Klinikum Kassel weiter. Die Formalitäten lassen sich wohl klären, jedenfalls erhalte ich Nachricht über den Verlegungstermin. Wir haben nun Mitte Januar und ich scheine ein Stück weiter zu sein. 
Am Tag der Verlegung denke ich intensiv an Vater, stelle mir seinen Transport vor. Am Vormittag ruft Frau Dr. H. aus Kassel an. Mein Vater sei sehr aufgebracht und weigere sich, transportiert zu werden. Ob ich mit ihm sprechen könne. Mit seiner etwas hohen Stimme, erklärt er mir, dass er nicht verlegt werden, sondern in seine Wohnung wolle. Mühevoll erkläre ich ihm, dass er sowieso in die Reha verlegt werden sollte und dass das nicht an mir liegt. In Bad Wildungen hätte es ihm ja nicht gefallen und nun könne er in meine Nähe. Ich stelle abschließend fest, er sei krank. Daraufhin erklärt er mir voller Zorn: "Du bist krank!" Wieder versuche ich ihn zu beschwichtigen: "Ich kann Dich dann besuchen!" Völlig unerwartet bricht es aus ihm heraus: "Ach, da freue ich mich!" Das Gespräch endet. Mir ist klar, dass Egon wahrscheinlich während des Gesprächs etwas Beruhigendes gespritzt bekommen hat. Frau Dr. H ist wieder dran und betätigt mir, dass die Verlegung nun beginnen kann. Am Abend des gleichen Tages erhalte ich einen Anruf aus dem Rehazentrum in Bad Orb.
Der diensthabende Arzt teilt mir mit, dass Vater heute angekommen ist. Er würde aber keinen an sich heran lassen.

Mittwoch, 28. November 2012

Gold - XXXIII

Paul hatte sich immer vorgestellt, seinen kranken Vater in der Nähe zu haben. Er wollte die Zeit nutzen, die noch bliebe. Vielleicht ein paar Ausfahrten mit dem Rollstuhl, vielleicht könnte der Vater ja auch seine Wohnung mal besuchen. Alles würde am Ende doch irgendwie gut werden. 
Das Leben hatte beide gegeneinander aufgebracht. So kam es ihm vor.
Würde es am Ende doch eine Aufklärung geben, könnte er doch ein bisschen Anerkennung erreichen?

Paul war wieder mal im Widerspruch mit sich selbst. Einerseits wollte er die Kraft nicht aufbringen, andererseits wusste er, es gibt keinen anderen Weg.