Montag, 11. September 2017

Eine Rundfahrt

Die Grenze ist schon fast zu spüren auf den letzten Metern in Meck-Pomm. Dann erreichen wir Polen, ein Land mit sehr bunten Verkehrsbemalungen. Zweisprachigkeit ist nicht, auch nicht in Grenznähe. Durch die Siedlungen der Vorstadt erreichen wir unser Ziel in der Innenstadt und sind im Radisson Hotel sehr gut untergebracht. In der Umgebung des Hotels sind kaum Altbauten zu sehen. In den Wohnvierteln in einiger Entfernung zum Hafen gibt es genug davon. Sie werden zum Teil noch mit Kohle beheizt. Unsere Reiseführerin gibt uns ein gutes Kriterium an die Hand, um die Besitzer von Häuser und Wohnungen zu erkennen. Neue Fenster bedeuten stets, dass ein Privatinvestor am Werk war, alte dagegen, dass hier der Staat noch die Hand drauf hat. Schön ist das Pariser Viertel mit seinen Villen. Und durch einen großen Park fahren wir zurück zur Hafengegend. Zu Fuß erkunden wir die neue Philharmonie und das Schloss der Pommerschen Herzöge. Auf meine Nachfrage erklärt mir die Reiseführerin, dass es komplett neu aufgebaut werden musste. Zur Zeit ist nicht alles zu besichtigen, da in einem Flügel der Boden weg gerutscht ist. Die sandige Unterlage war wohl von den Ingenieuren nicht bedacht worden. Den Abschluss unseres Wegs bildet die Hakenterrasse. Der Blick auf die Oder ist wenig spektakulär, da im Osten fast nur Industriegebiete zu sehen sind.
Danzig erreichen wir einen Tag später. Zusammen mit Sopot und Gdingen (von den Nazis Gotenhafen genannt) bildet es das Konglomerat "Dreistadt". Unser Hotel liegt etwas außerhalb. Es ist das Focus Hotel. Von da aus es ist leider etwas zu weit, um am Abend noch in die Altstadt zu gehen. Am nächsten Tag haben wir eine Stadtführung, die im Hafen mit dem berühmten Krantor beginnt.  Durch eines der Wassertore der Stadt gelangen wir in die Altstadt, die komplett restauriert worden ist. Hinter den historischen Fassaden verbergen sich allerdings moderne Häuser.
Das Danzig eine Hansestadt war, sieht man auf den ersten Blick an den schmalen Häusern. Aufgrund der Fenstersteuer baute man lieber in die Höhe als in die Breite.
Wir sehen den Artushof und Fahrenheit-Thermometer (Fahrenheit stammte aus Danzig). Der Rundgang führt uns durch die umliegenden Gassen an der Marienkirche vorbei. Manche Gassen fallen durch die hoch liegenden Terrasse vor der Eingangstür auf, die durch Treppen von der Straße zu erreichen sind. Das sollte vor allen Dingen die Bewohner vor Hochwasser schützen.
Wir verlassen die Altstadt wieder und werfen noch einen Blick auf die gegenüberliegende Seite, wo mittlerweile eine an die historische Bebauung angelehnte neue Bebauung entsteht. Die einzelnen Sehenswürdigkeiten wie z.b. den Rathausturm hier aufzuführen, das wäre nicht der Sinn und Zweck dieses Berichtes. Vielmehr soll hier der Eindruck, den die einzelnen Orte und Etappen hinterlassen haben, festgehalten werden. Wir versuchen in Danzig noch etwas Geld zu tauschen für die nächsten Tage. Das gelingt uns auch zu einem relativ guten Kurs. Unvermeidlich ist natürlich der Besuch einer Bernsteinschleiferei, wo wir lernen, das Bernstein brennt und vor allem wo wir sehen, wie aus dem recht unscheinbaren Stein durch den Schliff ein Schmuckstück entsteht. Berühmt ist natürlich auch das Danziger Goldwasser, aber ich denke, die meisten von uns haben davon nicht allzu viel mitgenommen. Die in Polen billigeren Zigaretten sind da deutlich beliebter. Die gegenüberliegende Hafenseite bietet keine besonderen Sehenswürdigekeiten. Da befinden sich, ähnlich wie in Stettin die Industriegebiete und die Ausfallstraße, auf der wir am nächsten Tag die Stadt verlassen werden.
Der Nachmittag bringt uns noch den Besuch der Kathedrale von Oliva, wo wir ein Orgelkonzert hören. Danach geht es zum überfüllten Hafen von Gdingen, der durch den langen Betonwellenbrecher keinen schönen Meerblick gewährt. Zum Abschluss dürfen wir uns auf der auch sehr vollen Seebrücke von Sopot tummeln, die wie üblich in Polen, Eintritt kostet.
Unser eigentliches Ziel der Reise ist Sensburg, heute Mragowo genannt.
Wir machen zunächst Station an der Marienburg (Malbork). Die Straßen von Danzig nach den Masuren sind durchweg bis auf einige kleine Stücke gut, aber man kann nicht allzu schnell fahren, da für Busse Tempo 70 gilt. In Marienburg erwartet uns bereits eine Reiseleiterin, die uns auf einer sehr ausführlichen Führung begleiten wird. Polen sehen diese Burg wohl in aller erster Linie als großen Spaß für die Kinder. So kann man in den Souvenirshops Ritterkleidung, Schwerter und ähnliche Utensilien kaufen. Die Marienburg ist eine der Burgen des deutschen Ritterordens, die quer über das Land verteilt angelegt wurden Man sagt, dass es möglich war, von den Burgtürmen aus Zeichen an die jeweils nächste Burg zu geben. Sie ist gleichzeitig ab 1309 Sitz des Hochmeisters des Deutschen Ordens gewesen. Sie ist kaum möbliert, viel rote Backsteingotik außen. Die sehr alten Wandmalereien wurden teilweise wieder freigelegt.




Sehr alte Wandteppiche, unter anderem aus dem 15. Jahrhundert, dürfen nicht mit Blitzlicht abfotografiert werden. In einer kleinen Museumsküche bekommt man einen Eindruck davon, wie gewirtschaftet wurde. Schon zur damaligen Zeit gab es eine Art Wasserspülung bei den Toiletten.
Die Exkremente landeten dann in der Nogat. Das ist ein Nebenfluss der Weichsel, der an der Marienburg vorbei fließt. Der deutsche Ritterorden wurde vom polnischen König ins Land geholt, um die Einheimischen zu christianisieren. Zunächst gab es auf dafür Land als Lehen.
Bald bildete sich der Ordensstaat mit einem eigenen Staatswesen.
Nach der Besichtigung der Marienburg führt uns der Weg zu unserem endgültigen Ziel in den Masuren über Allenstein nach Sensburg. Ein sehr interessanter Zwischenstopp wird zuvor noch am  Oberlandkanal beim früheren Braunwalde eingelegt. Der Kanal verbindet Osterode mit Elbing. In erster Linie diente er dem Holztransport und anderen kommerziellen Zwecken.
Heute hat der Kanal ausschließlich eine touristische Bedeutung. Besonders an diesem Kanal ist,  dass es ausschließlich die Wasserkraft ermöglicht, Schiffe in einem auf Schienen rollenden Käfig über Berge zu transportieren. Auf der Gegenseite kommt immer ein weiteres Schiff entgegen. Die Kraft dieser beiden Bewegungen führt dazu, dass es ohne anderen Antrieb möglich ist, mithilfe des zu Tal fließenden Wassers die Energie für diesen Transport aufzubringen.
Wir steigen an im ehemaligen Braunwalde an Bord eines Schiffes. Die Besatzung macht uns die Hin- und Rückfahrt mit ein paar Getränken und kleinen Speisen angenehm.
Gerade rechtzeitig zum Abendessen erreichen wir unser Hotel in Sensburg.
Am ersten Tag in den Masuren steht ein Besuch der wenig schönen Wolfsschanze in der Nähe von Rastenburg an. Die Überreste verbreiten heute noch eine bedrückende Atmosphäre. Vor allem, wenn man sieht, wie sich der sogenannte Führer mit meterdicken Betonwänden schützen wollte,
während er sein ganzes Volk in den Tod schickte, bzw es billigend in Kauf nahm, dass in einem sinnlosen Krieg Millionen von Menschen ihr Leben verloren. Das alles, um eine neue Weltordnung unter Herrschaft der Nazis ins Leben zu rufen. Die Attentäter vom 20. Juli 1944 werden mit einer Gedenktafel gewürdigt. Mir fällt es schwer, Fotos zu machen. Zwischen den Trümmern spielen nun immerhin Katzen.
Das idealisierte Bild von ehemals deutschen Ostpreußen hat mit der heutigen Realität dort nichts mehr zu tun. Das Leben geht seinen polnischen Alltagstrott. Filialen aller bekannten Marktketten künden davon.
Um die Mittagszeit lauschen wir erneut einem Orgelkonzert, dieses mal in der katholischen Wallfahrtskirche Heilige Linde. Diese Kirche könnte statt im Ermland auch gut in Bayern stehen. Die üppige Barockausstattung erschlägt einen fast. Das Programm des Konzerts gleicht dem, was wir in Danzig-Oliva gehört haben. Besonders an der Kirche ist vor allem die Deckenmalerei von Matthias Johann Meyer, die die Illusion eines Gewölbes vermittelt. Und natürlich die Orgel, die nahezu jeden Ton imitieren kann und mit beweglichen Figuren ihr Spiel begleitend illustriert.
Mittag wir im Ort gegessen, wir probieren Piroggen. Die gefüllten Teigtaschen werden in Polen gern gegessen. 
Am Nachmittag unternehmen wir eine Schifffahrt von Nikolaiken aus zum Spirdingsee. Das ist weitgehend unspektakulär. Wir sehen die Landschaft rund um den See und das sonntägliche Treiben im Ort. Weitaus interessanter wäre es gewesen, sich im Ort mal auf eigene Faust umsehen zu können.

Der nächste Tag unserer Masurenreise steht im Zeichen des Besuchs von Johannisburg (heute Pisz).  Diese kleine Stadt ist sehr zerstört gewesen und liegt an dem kleinen Fluss Pissek (heute Pisa). Nach dem Spaziergang durch die Stadt, geht unsere Fahrt weiter an die Krutina. Im ehemaligen Krutinnen besteigen wir nach dem Mittagessen ein kleines Stakenboot, um auf der Krutina eine Fahrt zu unternehmen. Unser Fahrer heißt Ekkehard und ist ein echtes ostpreußisches Original. Er bringt uns während der ganzen Fahrt zum Lachen und erläutert quasi spielerisch, wie dieses Gebiet, das unter Naturschutz steht, zu sehen ist und was es zu bieten hat. Eine sehr schöne Fahrt durch die von Biberburgen und Schilfgewächs geprägte Landschaft, in der blaue Libellen dafür sorgen, dass man nicht von Mücken gestochen wird. Dieses Erlebnis ist ein Höhepunkt unserer Masurenreise.  Wir  haben wir noch ein kleines Souvenir erstanden und auch dieser Tag endet ausnahmsweise mal nicht so spät abends in Sensburg.
Wir müssen am nächsten Morgen schon Abschied nehmen von den Masuren. Die Fahrt nach Thorn führt über Landstraßen. Dort werden von einer Reiseführerin erwartet, die uns die Altstadt mit ihrer Geschichte näher bringt. Im Gegensatz zu Danzig und Stettin ist Thorn fast unzerstört in die Hände der Roten Armee gefallen. Einst in der Nähe der Grenze des deutschen Reiches zu Russland gelegen, ist die Altstadt in ihrer Bausubstanz tatsächlich noch original. Dazu mögen die dicken Festungsmauern beigetragen haben, hinter denen sich die Altstadt befindet. Die Stadt liegt an der Weichsel und das Ufer lädt auch an diesem Tag dazu ein, ein Fest zu veranstalten.
Das machte die Parkplatzsuche für unseren Bus nicht leichter. Letztlich meisterte unser Busfahrer auch diese Hürde und wir konnten am gleichen Tag zu unserer letzten Übernachtung in Posen aufbrechen.
Posen ist im Krieg sehr zerstört worden und dennoch gibt es heutzutage viele große Altbauten zu sehen. Posen macht nicht den Eindruck einer vom Tourismus geprägten Stadt.
Ein Mix aus modernen Bauten und Historie scheint eine polnische Spezialität zu sein.
Leider bleibt keine Zeit für eine Besichtigung der Stadt. Die Anbindung über die Autobahn nach Berlin ist gut und wir nutzen sie. Über den Berliner Ring fahren wir nach Leipzig und durch Thüringen nach Hause zurück.

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