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Die Abrechnung

Da saßen sie nun alle, die Leute, mit denen ich über ein Jahrzehnt zusammen gewohnt habe, in dieser Versammlung.
Die Tische sollten zu einem U zusammen geschoben werden, damit sich alle auch sehen können. Ich als Geächteter mit einer Vertretungsvollmacht meines Käufers dazwischen. Nach der Vollmacht wurde auch gleich vom bosnischen Hausmeister gefragt, dem es sichtlich zuwider war, mich hier noch einmal zu sehen.
Nun, es ging um Zahlen, Nebenkosten und den Wirtschaftsplan, alles war zu spät in diesem Jahr und so entschuldigte sich ein redseliger Verwalter wortreich auch für die mangelhafte Kommunikation mit dem Beirat. Die Erklärungsversuche zum unübersichtlichen Zahlenwerk liefen wenig erfolgreich ab. Schließlich einigte man sich darauf, dem Beirat eine übersichtliche Darstellung zu übersenden, dann sollte die Abrechnung in Ordnung sein. Zur Abstimmung musste der Verwalter allerdings getragen werden, am liebsten hätte er alles so als beschlossen notiert. So geschah es denn auch bei der Frage, ob man einem Mieter die Anlage eines Komposthaufens im als Sondereigentum genutzten Garten  gestatten sollte. Obwohl der Beirat das Thema aufgenommen hatte, musste ich das Thema nun erläutern. Damit war ich nun endgültig in der bösen Rolle des Quenglers zuhause.
Ungewohnt relaxt reagierte die Geneinschaft bei weiteren Ausgaben. Die Südfassade des Hauses soll wg. eines Spechtlochs gestrichen werden. Der Verwalter hat ein Angebot über 7000 € parat. Als ein polnischer Miteigentümer dann eine Hebebühne günstig besorgen wollte, um erst einmal zu versuchen, nur das Loch zu beseitigen, dachte ich, die Kuh sei vom Eis. Da hatte ich die Rechnung ohne unseren Verwalter gemacht, der wollte nun einen vorsorglichen Beschluss einholen, damit die Fassade gestrichen werden kann, wenn die Schließung des Loches nicht gelänge. Außer mir wollten das alle. Die Versammlung dümpelte weiter vor sich hin, immer die gleichen Wortführer, ohne dass der Verwalter als Versammlungsleiter eingriff. Mein Nachbar, ein mir nicht bekannter Mensch war der Verzweiflung nahe. Er vertraute mir an, dass er morgens um fünf Uhr aufstehen müsse. Doch das Beste kommt am Schluss. Nach einem weiteren belanglosen Punkt, den der Verwalter selbstständig aufgebracht hatte, sollte entschieden werden, ob wir weiter mit Verwalter arbeiten wollen. Und da sah der Italiener Hoffnung. Kaum einer begriff, woher er sie nahm. Doch hier benutzte der Verwalter das Zauberwort "Notverwalter", wobei er darauf hinwies, dass er dies nach dem Ablauf des Vertrages jetzt schon sei. Der Italienische Miteigentümer äußerte, er wolle keinen Notverwalter.
So stimmten alle für die Verlängerung um ein weiteres Jahr.
Als ich eigentlich schon gehen wollte, kam beim letzten Punkt "Verschiedenes" das Thema auf den Hund. Meiner geht angeblich ohne Leine, was nicht stimmt. Ausgerechnet die Mieter, die sich selbst an nichts halten, hatten sich beschwert. Ich bringe dazu ein Beispiel und nun regt sich der Italiener auf. Wieso ich mit Niemandem auskaeme, fragt er mich. Ich finde das unverschämt und sage das auch. Ich sei das, meint er. Daraufhin erwidere ich, er sei es doch gewesen, der mich mit dem Tod bedroht habe, was stimmt. Damals hatte ich noch den Abschluss eines Wartungsvertrages für Rauchmelder abgelehnt. Mein Hinweis sorgt für Erheiterung beim Bosnier und dem Italiener. Tage später erfahre ich vom Kollegen Italiener, dass er Kenntnis von meinem Beitrag in diesem Blog "Kollegen" hat und nun meint und wohl auch in der WEG verbreitet, ich hätte gegen alle in der Eigentümergemeinschaft etwas. Da darf ich annehmen, dass mich bald keiner mehr grüßt. Denn das ist hier so Sitte. Wer missliebige Meinungen vertritt, den bestraft das Kollektiv der Meinungsmacher mit Mobbing.
Mit der Wahrheit hat die Behauptung nichts zu tun. Im Beitrag sind nur wenige spezielle Kollegen erwähnt, mit allen nicht genannten gab es nie Probleme. So ist es und so sollte es bleiben.

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