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Das Leben an sich - ohne mich

 Heute war ich in einem riesengroßen Saal unterwegs und suchte meinen Platz. Ich sah aus einiger Entfernung mein Patenkind, mittlerweile 23 Jahre alt, zumindest glaubte ich das. Ich wollte kein Aufheben um meine Anwesenheit machen, mein Patenkind mobbte mich zur Zeit oder ignorierte mich auch einfach nur völlig, weil wir zuhause unseren Hund nicht angeleint haben, bei einem geplanten Besuch mit dessen Freundin. 6,5 kg - Hunde können sehr gefährlich sein, also muss ich Verständnis zeigen. Ich hastete weiter auf meiner Platzsuche. Auf einem erhöhten Bereich schien mir die Sicht sehr gut zu sein auf die ganze Versammlung. Auch warteten da Leute auf mich. Ich kam aber nicht an, denn der Weg führte durch einen ganz langen, tunnelartigen Gang, der nicht frei von Hindernissen war. Damit schlug ich mich für den Rest des Traums herum. 

Da lobe ich mir doch mein reales Leben. Zum Beispiel den Einkauf im Supermarkt mit meiner Frau. Das erste Hindernis nach dem Betreten des Supermarkts, einen Wagen hatte ich schon geholt, ist die Gemüseabteilung. Meine Bessere sagt, sie brauche hier nichts. Doch ihr zögerliches Verhalten lässt mich daran zweifeln. Als alter Ehehase weiß ich, gesagt ist nicht immer gleich getan. Sie stöbert nun im Feldsalat herum, der in einer Folie eingepackt, vor sich hin altert. Ob wir den nehmen sollen oder ob sie einen Bohnensalat machen solle zum Fisch. Ich rate natürlich zur Mitnahme, ich habe einen Termin in der Getränkeabteilung des Marktes. Doch meine Zustimmung bleibt folgenlos. Immerhin bewegen wir uns im Markt voran und erreichen nach Mitnahme eines Krautsalats die Käsetheke. Da ich meinen Termin in der Getränkeabteilung noch im Kopf habe, halte ich mich mit meiner Präsenz etwas zurück, vor allem auch weil ich die Befürchtung habe, bei der Käseauswahl mit entscheiden zu sollen. Diese Kompetenz habe ich allerdings längst abgegeben. Und das ist nicht die einzige nach über 40 Jahren Ehe. Bevor sich nun die Frage stellt, warum ich es soweit habe kommen lassen, fahre ich mit den spannenden Geschehnissen an der Käsetheke fort. Hinter dieser arbeitet eine Verkäuferin, die jede Scheibe einzeln mit den nicht behandschuhten Händen anfasst. Neben ihr ein Klops von einem lippischen Metzger, der auch bereits bedient. Die Verkäuferin ist nun unsicher darüber, nachdem sie die sorgsam von ihr geschnittene Ware verpackt und die Bedienung der Kundin abgeschlossen hat, wer nun dran kommt. Meine Bessere wäre es gewesen, doch es drängt sich entschieden ein anderer Mann von der Seite her vor und behauptet, er sei es. Der Klops hinter der Theke meint, wir sollten nicht streiten und bevorzugt den offensichtlich einheimischen Großsprecher. Da reicht es meiner Besseren und es ist einer der Momente, wo wir beide uns einig sind. Wozu gibt es andere Geschäfte und überhaupt, die Tussie mit dem Wunsch nach inniger Berührung der Ware, sie hätte uns gerade noch gefehlt. Wir drehen ab, was aber niemanden hinter der Theke interessiert. Der Kunde ist in deutschen Supermärkten sowieso kein König. Meine Bessere verschwindet in einem der vielen Gänge und ich nutze die Chance mit den Getränken. Sie ist dann eine Zeitlang weg, eine Suchaktion erscheint mir als sinnlos. Mein Wagen ist beladen, irgendwann wird sie schon wieder auftauchen und ja, sie erscheint mit Kartoffelchipstüte in der Hand, bio natürlich. Der Einkauf macht einen vernünftigen Eindruck. Vor dem Tiefkühlregal leisten wir uns noch eine satte Enttäuschung. Viel zu wenig Auswahl, konstatiert meine Bessere, du kannst an die Kasse gehen, was sich für mich wie eine Befreiungsaktion anfühlt. Doch natürlich habe ich wieder die falsche Kasse gewählt. An der anderen Kasse, die ich für unbesetzt hielt, saß nämlich ein Blondschopf von Mann, der mal eben unter seiner Kasse wieder auftauchte, als ich meine spärliche Ware auf das Kassenband der Konkurrenzkasse gelegt hatte. Die Manöverkritik meiner Besseren folgte auf dem Fuß und auf dem Weg zum Auto auf dem Parkplatz rekapitulierte sie  noch einmal das ganze Ungemach und die schreiende Ungerechtigkeit, ja Unhöflichkeit an der Käsetheke. Ihr als Frau hätte man doch auf jeden Fall recht geben müssen. Mir blieb nichts als Zustimmung zwischen ihren Sätzen. 

Frauen sind Langstreckenläuferinnen, das ist meine unumstößliche jahrzehntelange Erkenntnis. Die Aufarbeitung jeglicher Geschehnisse erfolgt stets öffentlich und sehr ausführlich. Dank meiner Besseren bin ich immer wieder mit Themen beschäftigt, die ich für mich selbst schon längst erledigt und ad acta gelegt habe. 

Fortsetzung folgt auf separater Seite. 

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