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Neuro-Logisch

 Kolja war komisch geworden. Seine Geschäfte liefen nicht mehr gut. Ich arbeitete als eine Art Sekretärin für ihn, wusste vermutlich zu viel und sollte ausgeschaltet werden. Wusste, was das bedeutet. Vor dem Tod fühlte ich keine Angst, ich würde es kaum merken. Aber plötzlich nicht mehr zu sein, das wollte ich nicht. Ich musste ihn davon überzeugen, weiterhin nützlich sein zu können.

Ich erkannte Frankfurt kaum wieder, war länger weg gewesen. Die Straßenbahn sah merkwürdig aus, so ein Modell hatte ich zuletzt in Sachsen gesehen. Sie wirkte so schmal, die Fenster viel kleiner als bei den modernen Straßenbahnen. Hatte ich die Orientierung verloren? Es musste eine sächsische Stadt sein, in der ich mich befand. Hohenzietschen, wieso ging mir dieser Begriff durch den Kopf?

Ein anderes Mal versteckte ich mich in der Küche vor einem Besuch. Es war ein Schulfreund, den ich nicht sehen wollte. Ich empfand große Angst.

So saß ich nun im gut ausgestatteten Wartezimmer eines Neurologen. Ich hatte es mir bequem gemacht, die Beine auf einem anderen Stuhl hoch gelegt und überlegte, welche von den merkwürdigen Zeitschriften ich zur Lektüre auswählen wollte. Sah allerdings Fotos an der Wand hängen, die von den Patienten während ihrer Wartezeit gemacht worden waren. Gerade als mich das zu beunruhigen begann, kam der Arzt mit einem Patienten aus dem Sprechzimmer. Ein langer, schlanker Mensch, der mich nun sehr freundlich auf ein paar Dinge im Wartezimmer aufmerksam machte. Mitten im Raum gab es eine bepflanzte Insel, die mit polierten Steinen eingefasst war. Er machte mich nun auf einige Dinge aufmerksam, die ihn offensichtlich ärgerten. Sowohl oben als auch unten waren die Seitenwände der Insel  jeweils durch eine Reihe nach vorn gewölbter polierter Steine begrenzt. Marmor, der, wie es mir schien, nicht an allen Stellen von gleicher Struktur war, die Kanten waren mal glatt, mal rauher. Er bemängelte auch, das die unterer Steinreihe gar nicht notwendig gewesen sei. Ich verstand nicht, warum ich dazu etwas sagen sollte. Später im Sprechzimmer, meinte er, ich sei eine treue Seele, ich könnte nun auch mal schwach sein.








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