Vor hundert Jahren hatten die Menschen in Deutschland noch andere Sorgen. So berichtet die „Schlesische Privilegirte Zeitung“ am 19.8.1920 obenstehend über die Zahl der deutschen gefallenen Soldaten. Allgemein wird diese Zahl heute noch etwas höher mit über zwei Millionen Soldaten angegeben, die auf dem Feld der Ehre ihr Leben lassen mussten.
Während sich die schlesische Zeitung intensiv mit den Demütigungen beschäftigt, die den Deutschen in den gemäß dem Vertrag von Versailles abzutretenden Gebieten zugefügt wurden, befasst sich die „Magdeburger Volksstimme“ als sozialdemokratische Zeitung großenteils mit den aus ihrer Sicht Untaten der Unabhängigen (Abspaltung der USPD) und dem kommunistischen Feind.
Die SPD, das zeigt sich schon damals, droht zwischen dem konservativen und rechtsnationalen Block und den Linken zerrieben zu werden. Sie kämpft nicht konsequent gegen rechts, gibt sich staatstragend und wird zum Feindbild der Linken.
Dabei haben die Menschen in Deutschland andere Sorgen. Der Krieg hat die Zivilbevölkerung durch Hunger geschwächt, es kommt zu zahlreichen Erkrankungen. Die Ernährungslage ist noch immer kritisch. Deutschland befindet sich im Griff der alliierten Siegermächte. Besonders die Franzosen lassen nichts aus, um ihre Macht zu demonstrieren. Sie unterstützen die Polen bei ihrem Austand in Schlesien, die bereits vor der Volksabstimmung 1920 vollendete Tatsachen schaffen wollen.
Sie herrschen im Rheinland und im Saargebiet. Auch sonst nimmt sich jeder was er von Deutschland glaubt, bekommen zu müssen. Die Dänen Nordschleswig, die Belgier Eupen-Malmedyy, die Franzosen ihr Elsass-Lothringen und die Polen haben schon den Korridor.
Viele Deutsche leben also plötzlich unter fremder Herrschaft. Sie werden entweder vertrieben, wenn sie nicht die neue Staatsbürgerschaft annehmen wollen oder drangsaliert.
Darüber berichtet die schlesische Zeitung ausführlicher. Sie ist zudem eine Wirtschaftszeitung. Dennoch es wundert einen bei der Lektüre kaum, dass die nationale Bewegung in Deutschland als Reaktion auf die Ohnmachtserfahrungen Vieler schon sehr bald wieder die Oberhand in einer Republik gewinnt, die sich als „Deutsches Reich“ bezeichnet.
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