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Kollegen

Alles fing damit an, dass ich mit unserem  zukünftigen bosnischen Hausmeister vor dem Haus stand und wir uns sagten: "Hier kaufen wir was." Gesagt, getan. Nachdem wir uns für eine  Vierzimmerwohnung statt einer mit fünf Zimmern entschieden hatten, weil diese eine hellere und höhere Lage hatte, kauften wir uns also tatsächlich als Ehepaar um die 50 erstmalig "Eigentum."
Der Haken war nur, es gab noch 15 andere Parteien, die auch meinten, Sie hätten nun ein Eigentum erworben. Das merkten wir sehr bald. Erst waren alle sehr aufgekratzt und freundlich und wenn man nur den Müll weg brachte, kam man kaum noch zurück, da auf dem Weg hin und zurück wichtige Gespräche geführt werden mussten..
Außer unserem bosnischen Hausmeister war aus unserer Mitte meine Frau zur Vorsitzenden des dreiköpfigen Wohnungseigentümerbeirats gewählt worden. Die Kollegin im Beirat nutzte die Gelegenheit, ihre persönliche Reklamation (Geräusche in den Heizkörpern) solange zu Gehör zu bringen, bis die Versammlung der Eigentümer die Montage von Strangregulierventilen genehmigte. Da wir den lieben Frieden nicht stören wollten, hatten wir nun also ziemlich große Ventile unter unserer Kellerdecke hängen.
Dennoch überwarf sich die Kollegin mit meiner Frau und bezeichnete sie als "falsch". Sie war auch darüber verärgert, dass der Vogelbeerbaum vor ihrem Schlafzimmer entfernt worden war, weil ein anderer Kollege sich eine Terrasse bauen wollte und wir dies genehmigt hatten. Aber es fingen dann auch die Spielchen der Hausverwaltung an, die Mal dieses, Mal jenes Mitglied des Wohnungseigentümerbeirats informierte oder dieses eben unterließ. Das Aus für die Beiratstätigkeit meiner Frau kam dann, als sie anregte, unseren Hausmeister, für den sie das Gehalt machte, bei der Minijob-Zentrale anzumelden. Die Hausverwaltung konnte sich dem nicht widersetzen, aber unser Bosnier war da nicht sehr begeistert.
Nun aber übernahm ich das Amt des Beirats und stieß als nächster Vorsitzender mit dem Hausmeister zusammen. Einer der Beiräte, der Kollege mit der Terrasse, stellte eines Tages fest, dass die Hausmeistertätigkeiten nicht gemäß dem vereinbarten Leistungskatalog durch geführt wurden. Wir vereinbarten einen klärenden Termin mit dem Hausmeister. Grosszügig bot ich an, wir könnten ja den Plan an die Wirklichkeit anpassen, er aber sagte, es mache ihm nichts aus, wenn wir in der nächsten Eigentümerversammlung darüber diskutieren wollten.
Gesagt, getan, es erhob sich ein Sturm der Entrüstung, denn die Hausmeisterfamilie war mittlerweile so beliebt in der Gemeinschaft, dass man uns als Beirat und mir als Wortführer insbesondere es sehr übel nahm, dass wir den Hausmeister zu kritisieren wagten.
Der sagte, er tue, was er könnte und verschwieg es gekonnt, dass er zuvor sehr einverstanden damit war, die Sache zu diskutieren. Mein entsprechender Hinweis half mir nicht, ich war der Gelackmeierte.
Auch ich gab in der Folge mein Amt auf.
Nicht ohne das die Konflikte im Haus sich weiter entwickelten. Zwar war die Mitbewohnerin mit den Strangregulierventilen längst ausgezogen,  aber die schlechte Beziehung setzte sich auch mit den neuen Eigentümern fort.
Was noch so alles passieren kann, wenn man in einer Wohnungseigentümergemeinschaft lebt, sei nur beispielhaft aufgeführt. Ein amerikanischer Nachbar meint, er müsse immer grillen. Sagt wenigstens vorher noch Bescheid.  Ein italienischer Eigentümer mag unsere Schuhe vor der Wohnungseingangstür nicht. Seine polnische Frau prangert uns an, weil wir ab und zu etwas Erde unter den Füßen haben, wenn wir vom Hundespaziergang zurück kommen und nötigt uns, einen instabilen Fußabtreter zu benutzen. Ein deutscher Eigentümer fährt mit seinem Motorrad direkt in seinen Garten. Unser Hausmeister grüßt uns nicht mehr, weil wir es erzwungen haben, dass in der Eigentümerversammlung gefasste Beschlüsse auch von ihm umgesetzt werden.
Nachdem einige Eigentümer ihre Wohnungen vermietet haben, wird alles noch besser. Eine Partei grüßt und nicht, weil wir sie auf die Missachtung der Hausordnung hin wiesen. Gleichzeitig lässt diese Partei einen Motorroller auf dem Parkplatz vergammeln, nachdem dieser seine Flüssigkeiten in den Boden abgegeben hat. Eine andere Partei grillt und feiert nun bis in die Nacht, ohne vorher den Nachbarn Bescheid zu sagen.
Und die Moral von der Geschicht'?
Eigentümer lernen nicht.
Wir freuen uns auf die erste Eigentümerversammlung für unsere neue Wohnung. Wir sind dann mal wieder WEG.

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