Posts mit dem Label Stefan Zweig werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Stefan Zweig werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Freitag, 25. Februar 2022

Geschwatz

 "Die Welt von gestern", so nannte Stefan Zweig seine Lebenserinnerungen. Und er meinte damit eine Zeit, in der es noch kein Geschwatz aus dem Radio gab. Wenn er wüsste, dass das Radio erst der Anfang dieser allumfänglichen Bedudelung der Menschen war, gefolgt vom Fernsehen und dem Internet. Letzteres trägt man überall mit sich herum. Passanten sprechen laut vor sich hin, sodass der Gedanke an Selbstgespräche aufkommt, bis klar wird, dass da ein Mobiltelefon vor dem Mund positioniert wird oder in ein kleines Micro vor dem Gesicht hängt. Die Menschheit hat es noch weiter gebracht als zu Zweigs Zeiten, die bereits er als großen Umbruch erlebte. Passend zu seiner Verzweiflung über die erzwungene Trennung von seinen europäischen Wurzeln und die kurzfristige diktatorische deutsche Herrschaft, werden nun wieder Vergleiche zum Überfall Hitlers mit dem heutigen russischen Einmarsch in die Ukraine gezogen. Aus den Medien tönen wieder zahlreiche überflüssige Kommentare. Klar ist doch nur eins: wenn eine Macht wie Russland stets isoliert an den Pranger der westlichen Welt gestellt wird, dann darf es eigentlich keine Verwunderung über die Reaktion Putins geben. Er steht sicherlich in Russland nicht allein da mit seinen Ansichten. Der Westen und allen voran die USA wiederholen doch ständig den gleichen Fehler. Sie wollen das Modell der westlichen Demokratien allen Völkern dieser Welt aufzwingen und übersehen dabei die regional unterschiedlichen Verhältnisse. Eine Ukraine am Tropf der EU, dient das den deutschen Interessen? Aber danach fragt in diesem Land ohnehin schon keiner mehr. Längst haben wir uns selbst aufgegeben zugunsten unserer globalen Wirtschaftsinteressen. Ein moralisches Gewissen haben wir schon lange nicht mehr, höchstens eine stets moralisierende Rechthaberei. Was wissen wir über die Situation der Russen in der Ukraine und hat uns das bisher ernstlich interessiert? Wenn Stefan Zweig darüber schreibt, wie fern er der öffentlichen Meinung bei allen großen historischen Ereignissen seiner Zeit geblieben ist, dann habe ich dafür großes Verständnis. Der Wandel der Welt bleibt und auch mein Leben spielte sich in einer "Welt von gestern" ab.

 

Montag, 24. Januar 2022

EO IPSO

 Zwei Zitate haben es mir aktuell angetan, die ich aus dem Gesamtwerk von Stefan Zweig entnommen habe. Er beschreibt sein Leben hier autobiographisch. 

"... gerade der Heimatlose wird in einem neuen Sinne frei, und nur der mit nichts mehr Verbundene braucht auf nichts mehr Rücksicht zu nehmen."

Als Leitmotiv für meinen kaum gelesenen Blog kann das folgende Zitat gelten.

"Alles, was man aus seinem eigenen Leben vergißt, war eigentlich von einem inneren Instinkt längst schon verurteilt gewesen, vergessen zu werden. Nur was ich selber bewahren will, hat ein Anrecht, für andere bewahrt zu werden."

Schreiben als Versuch, den Kampf gegen das eigene Vergessen und das fremde Vergessenwerden aufzunehmen, das ist so etwas wie eine Sisyphus-Arbeit, denn am Ende, mein Vater wusste es schon,
ist doch alles egal. Meine eigene Neigung zum Stoizismus steht jeglichen Anstrengungen oft im Wege.
Lange und stringent durchgehaltene Erzählungen sind daher von mir schriftlich kaum zu erwarten. Dennoch kam mir beim Lesen des zweiten Zitats sofort ein "eo ipso" in den Kopf.

There are two quotes that I am currently interested in, which I have taken from Stefan Zweig's complete works. He describes his life here autobiographically.

"... especially the homeless become free in a new sense, and only those who are no longer connected to anything need no longer consider anything."

The following quote can serve as a leitmotif for my hardly read blog.

"Everything that one forgets from one's own life had long since been condemned by an inner instinct to be forgotten. Only what I want to preserve for myself has the right to be preserved for others."

Writing as an attempt to take up the fight against one's own forgetting and against being forgotten by others is something like a Sisyphean task, because in the end, as my father already knew,
it doesn't matter. My own stoicism often gets in the way of any effort.
Long and stringently maintained stories are therefore hardly to be expected from me in writing. Nevertheless, when I read the second quote, "eo ipso" immediately came to mind.