Roger Casement wird in Irland in der Nähe von Dublin als Sohn eines protestantischen Vaters und einer katholischen Mutter geboren. Die Mutter lässt ihren Sohn heimlich katholisch taufen und stirbt, als Roger 10 Jahre alt ist. Der strenge Vater hat in der Armee des britischen Empire gedient, bricht aber nach dem Tod seiner Frau völlig zusammen. Roger wächst von da an bei seinem Onkel in der Provinz Ulster auf.
Nicht vergessen hat er die für ihn faszinierenden Schilderungen seines Vaters über dessen Auslandseinsätze. Nach dem Ende seiner Schulausbildung nimmt er auch aufgrund verwandtschaftlicher Beziehungen eine Stelle in Liverpool bei einer Schiffsfirma an.
Schon dort beobachtet er die Schiffsbewegungen zwischen den Kolonien und England. Er erweist sich als ein introvertierter junger gewissenhafter Mann, der einen Traum hat: nach Afrika zu reisen.
So schafft er es, als britischer Konsul im Französischen Kongo zu arbeiten. 1903, mittlerweile im Freistaat Kongo auf dem gleichen Posten, wird er dazu auserkoren, die Menschenrechtssituation der Eingeborenen zu untersuchen. Der Freistaat ist im Besitz des belgischen Königs Leopold II, der ihn systematisch ausbeutet (Kautschukvorkommen). Der Report, den Roger Casement erstellt, macht ihn nicht nur zu einem berühmten Mann, sondern er führt letztlich auch dazu, dass Leopold der II. seinen Besitz an den belgischen Staat abgeben muss.
Die Welt braucht Kautschuk und dieser wird auch in Südamerika gewonnen. Casement wird nun vom Foreign Office gebeten, die Gerüchte über die Behandlung der Eingeborenen im peruanischen Amazonasgebiet durch die in Großbritannien registrierte Peruvian Amazon Company zu überprüfen.
Wiederum deckt er grausamste Ausbeutungsmethoden und Folter auf. Sein Bericht führte dieses Mal zur Auflösung des Unternehmen, ohne dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen wurden.
Roger Casement wird zum Sir geschlagen (Companion of the Order of. St.Michael and St. George), was ihm die Widerspüchlichkeit seines bisherigen Lebens vor Augen geführt haben dürfte. Nicht nur gesundheitliche Gründe führten dazu, dass er sich aus dem diplomatischen Dienst für das Empire zurück zog. Die Liebe zu seiner viel zu früh gestorbenen Mutter war auch eine Liebe zu Irland.
Völlig desillusioniert vom EInfluss der Europäer in den Entwicklungsländern mag er für sich auch in Irland das unterdrückte Land gesehen haben. Roger Casement war stets ein Getriebener und er half, wo er konnte auch mit seinem Privatvermögen.
Mario Vargas Llosa hat nun mit dem Roman "The Dream of the Celt" praktisch eine Autobiographie von Roger Casement verfasst, die eine sehr persönliche Sicht auf den Protagonisten erlaubt.
Roger Casement hat Tagebücher, seine black und white diaries, geschrieben, die die Quelle für die geschilderten intimen persönlichen Erlebnisse von Roger Casement sind.
Leider hat Roger Casement auch seine homoerotischen Abenteuer aufgeschrieben und seine erotischen Fantasien dazu. Und es mutet schon ein wenig merkwürdig an, wenn man liest, dass er einheimischen Jungen Geld gibt, um sie nackt zu fotografieren und sich weiter mit ihnen zu vergnügen.
Alles vom britischen Geheimdienst erfunden, in Deutschland wird das gern behauptet.
Nachdem er auch überzeugt davon war, Irland könne die Befreiung vom britischen Joch nur durch einen bewaffneten Kampf erzwingen, sah er im aufstrebenden Deutschen Kaiserreich dessen natürlichen Verbündeten. Unter der Prämisse, dass Deutschland eine Invasion Englands starten würde, erschien ihm der Zeitpunkt für einen irischen Aufstand erfolgversprechend.
Er war der gälischen Liga beigetreten, mühte sich redlich, gälisch zu lernen und hatte zahlreiche Kontakte zu irischen Schriftstellern und Aktivisten. Als der Krieg ausbrach, reiste er über Umwege nach New York, um Mittel für die irischen Volontäre zu sammeln. Clan-na-Gael ermöglichten es ihm, den Kontakt zum deutschen Botschafter herzustellen. Bereits in New York lernte er einen jungen norwegischen Mann kennen, der ihn faszinierte und zu seinem ständigen Begleiter werden sollte. Über Norwegen reiste Roger Casement nun weiter nach Berlin, was dem britischen Geheimdienst sehr schnell bekannt wurde. Sein Begleiter informierte ihn über jeden Schritt Casements.
Die Pläne Casements, eine irische Brigade aus Kriegsgefangenen aufzubauen und Deutschland zu einem militärischen Angriff auf England zu veranlassen, gingen nicht auf. Casement, der den Aaubbau an seinen körperlichen Resourcen nun zu spüren bekam, musste sich in Bayern behandeln lassen und erholte sich am Ammersee völlig enttäuscht und teilweise auch allein gelassen von besten britischen Freunden, die seinen Aufenthalt in Deutschland als Verrat am Empire betrachteten. Der Dubliner Osteraufstand 1916 wurde ohne ihn geplant, denn auch in Irland hatte man Vorbehalte gegen den Intellektuellen Casement. Als er davon erfuhr, setzte er alles daran, den aus einer Sicht nun ohne ausreichende deutsche Hilfe völlig aussichtslosen Aufstand, zu verhindern. Die deutsche Regierung ermöglichte es ihm, mit einem U-Boot nach Irland zurück zu kehren und sandte ein Schiff mit Gewehren, das jedoch von den Engländern abgefangen wurde. Casement selbst wurde nach seiner Landung verraten und verhaftet.
Nach seiner Überstellung nach England begann im Juni 1916 der Prozeß wegen Hochverrats, Sabotage und Spionage gegen ihn. Das Todesurteil gegen ihn war zu erwarten, die prominenten Gnadenbesuche von Sir Arthur Canon Doyle und George Bernard Shaw hätten sicher ihre Wirkung nicht verfehlt und auch der amerikanische Präsident sowie der englische König wären vermutlich zu einem Gnadengesuch zu bewegen gewesen, gäbe es eben nicht jene Tagebücher mit den Aufzeichnungen über seine homoerotischen und sodomitischen Neigungen.
Scotland Yard hatte diese in der Londoner Wohnung Casements gefunden und Polizeikommissar Basil Thomsen ließ Tagebuchkopien in Umlauf kommen, die eine erwartete Begnadigung vereitelten.
( Eine dieser Kopien blieb im Unlauf und führte dazu, dass die britische Regierung über vierzig Jahre später das Schweigen zu den Tagebüchern brechen müsste.)
Trotz anderlautender Spekulationen: Casement hat sich zu seinen Tagebüchern auch im Prozeß bekannt.
Mario Vargas Llosa hat das Verdient, in seinem Roman Einblicke zu geben in das Schicksal von einem Menschen. EInem Menschen, den man, wie viele andere auch, nie richtig kennen lernen kann " ... that is impossible to know definitively a human being, a totality that always slips through the theoretical and rational nets that try to capture it."
Roger Casement starb als "the bravest man it ever Fell to my unhappy lot to execute", so drückte es sein Henker, John Ellis, aus.
Der Osteraufstand jedenfalls kann getrost als Geburtsstunde irischen Republik gelten, auch wenn er blutig nieder geschlagen wurde. Es zeichnete sich bereits 1916 der Preis für die Unabhängigkeit Irands ab: die Teilung Irlands.
Roger Casement wurde erst 1965 in Irland beerdigt, wobei das Begräbnis in seiner Heimat, der Provinz Ulster, von der britischen Regierung als Bedingung verweigert wurde.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen