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Gold - XLIX

Im Krankenhaus sehe ich Vater nun öfter, allerdings folgt dem positiven Eindruck bei den nächsten Besuchen kein weiterer in Sachen Beweglichkeit. Er weigert sich fast, weitere Versuche mit dem Sitzen zu machen. Schon in der ersten Woche leidet er unter einer so schweren Infektion, dass er isoliert werden muß. Ich finde ihn am ganz anderen Ende des Ganges im letzten Zimmer wieder. Ich muß einen Mundschutz und einen Kittel tragen, Handschuhe anziehen. Ich habe Vater Wasser mitgebracht. Er greift danach wie nach einem Flaschenbier und trinkt sofort. Ich hatte damit gerechnet, dass er sich über meinen Aufzug lustig macht, aber er ignoriert es fast. Mir ist er lästiger als ihm. Er meint: "Da kommst Du also   angeschlichen." Er hatte mit meinem Erscheinen nicht gerechnet und versucht mir nun zu erzählen, dass man ihn in einen anderen Raum gefahren habe, wo er allein war. Niemand habe sich um ihn gekümmert. Eine Sauerei sei das gewesen. Von seinem Zimmer aus geht der Blick Richtung Norden. Das Fenster ist klein, man kann es mit einer Gardine zu machen. Er deutet an, dass er Probleme mit dem Liegen hat, es tut ihm weh. Sonst spricht er ja nie über Schmerzen. Da ich seine Uhr nicht wieder besorgen kann, gebe ich im meine. Die hat auch ein Metallarmband, man kann es aber nicht einfach überziehen, es muß verschlossen werden. Das macht im Probleme, aber er nimmt sie trotzdem. Wir sind nun sehr vertraut, dass ich allein komme, scheint ihm zu gefallen. Seine Handgelenke sind so dünn geworden, das die Uhr hin und her rutscht. Mir verrutscht immer der Mundschutz. Er spricht so, als wenn er sich vorher Luft verschaffen muß. Aber er ist ziemlich lebhaft. Ich verspreche ihm, dass ich ihm ein Telefon besorgen werde. Bevor ich gehe, ziehe ich die Gardine wunschgemäß etwas zu und stelle den Fernseher wieder an. Leider kriege ich den Fernseher nicht so eingestellt, wie er das braucht. Ich verspreche, der Schwester Bescheid zu geben. Ich habe die ganze Zeit niemanden gesehen. Schließlich treffe ich jemand im Schwesternzimmer. Ja, wir kommen gleich sowieso mit dem Abendessen, heißt es. Bevor ich zu Vater ging, war ich noch kurz beim sozialen Dienst, der in einem Baucontainer untergebracht ist. Hier bekomme ich mein Attest, das ich dem Amtsgericht vorlegen muß, um die Wohnung kündigen zu können. Frau Dr. F. hat es unterschrieben. Durch Egons Erkrankung verzögert sich das Legen der Magensonde. Das ist ein Zeitgewinn bei der Suche eines Heimplatzes. 

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Platz

Ein großer Flachbau im Industriegebiet, das nennt sich hier "Lieblingsplatz" für Hunde. Nix mit familiären Anschluss oder persönlicher Betreuung wie noch zu Schönecker Zeiten. Auch für Hunde ist das Leben in Lippe härter als gewohnt. 

Opferrolle

 Leider fange ich nun ganz von vorn an. Denn es ist das passiert, was immer unangenehm ist. Ein mir nahe stehender Mensch hat meinen Blog gefunden. Natürlich war er mir nicht so nahe, dass ihn alles interessiert hätte bzw. der Inhalt insgesamt von Interesse war. Da ich eigentlich nur für mich über mich und mein Leben schreibe, ist mir das Lesen dieser Zeilen eher unangenehm (mit der Ausnahme mir wohlgesonnener Personen). Explizit kritisierte mein ungebetene/-r Leser/-in, dass ich stets die Opferrolle einnehmen würde. Dabei bemühe ich mich darum, Erlebtes nachvollziehbar zu machen und möglichst in der Beobachterrolle meiner selbst zu bleiben. Einzelne Punkte aus dem Inhalt wurden zudem beanstandet. Angeblich hätte ich Bilder meines Hundes im Blog gepostet, um nur ein Beispiel zu nennen. Und genau solche Sachen wollte ich immer vermeiden. Aber selbst schuld: meine Blogadresse tauchte in einem beruflichen Netzwerk auf. Also besser aufpassen für die Zukunft..