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Gold - XVII

Wir merken, dass Vater allmählich verwahrlost, die Fingernägel sind zu lang, die Haare wachsen. Wir hinterlassen Geld für die Maniküre. Von seinem Zimmer kann man auf den Balkon gehen. Dort stehen Leute, ich gehe mal hinaus, sehe in der Ferne den eingerüsteten Herkules, wie er ohne Kopf da steht. Vater meint, als ich hinaus gehe, dass er nicht senkrecht nach unten sehen kann, da würde ihm schwindlig. Solche Bekenntnisse überraschen mich, die Sonne scheint nun etwas ins Zimmer.
Immer wieder ermuntere ich ihn, zu essen und mit zu arbeiten Aber er spricht von einer klaren Linie.
Die Kontrolle seiner verbliebenen Sachen wird nun obligatorisch. Es ist aus Bad Wildungen nicht alles mitgekommen. Das Problem ist, Vater kennt die von uns zugekauften Sachen gar nicht. Er könnte also das Einpacken nicht selbst kontrollieren.
Wir wundern uns, dass Vater nicht mal im Rollstuhl sitzen will. Überall im Krankenhaus gibt es doch Leute, die mit Urinbeuteln oder Infusionsflaschen im Gestell sogar gehen.
Eine Krankenschwester fragt uns, ob wir Vater Haftcreme für seine Zähne besorgen können.
Ja, die bekommt er dann aber erst in zwei Wochen.
Wir verlassen das Krankenhaus dennoch etwas erleichtert.
Das einzige Kontaktersinnen der Krankenhäuser besteht in der Regel in der Nachfrage nach Genehmigungen für ärztliche Untersuchungen. So kommt denn auch in der Folgewoche per Fax das Formular für die Genehmigung der CT. Ich frage wieder eine Woche später nach dem Ergebnis. Schließlich macht mir der Gedanke an einen Tumor Sorge.
Es ist immer schwierig, die Ärztin zu erreichen. Meist lande ich zunächst bei einer Schwester.
So erfahre ich beiläufig, dass Vater eine Lungenentzündung hatte, die kuriert werden muß und das er zeitweise über eine Magensonde künstlich ernährt wird. Für Frau Dr. H. ist der Fall klar, ein Hirntumor konnte nicht erkannt werden. Er wird nun weiter behandelt und soll dann erneut in eine Reha-Maßnahme gehen. 
Die Haftcreme für die Zähne habe ich gleich vor der Rückfahrt am Bahnhof gekauft. Aber vor dem nächsten Besuch habe ich sie verlegt und somit nicht dabei. Vater liegt noch im gleichen Zimmer, aber nicht mehr am Fenster, sondern links neben der Tür. Am Fenster liegt jetzt ein unangenehmer jüngerer Kauz, der zum Glück bald das Zimmer verläßt. Die Zweibettzimmer sind länglich geschnitten und haben einen Zugang zum Balkon. Das Gitter am Bett ist wie meistens hoch geklappt. Vater begrüßt mich meistens mit einem Stoßseufzer: „Ach, ach’, ach’“, gefolgt von meinem Namen. Auch die Bemerkung: „Endlich ein Mensch!“ kommt schon mal über seine Lippen. Heute trägt er ein Nachthemd. Wie ich sofort sehe, hat er einen Katheder und bekommt Infusionen. Schwestern reden von einer Braunüle, die Vater sich oft heraus reißt, ohne das ich weiß, wovon die Rede ist.
Wir waren zuvor wieder in seiner Wohnung, ich habe mich getraut, den schwarzen Koffer zu öffnen. Siehe da, Vater hatte komplett für einen Krankenhausaufenthalt gepackt. Was verwertbar ist, insbesondere seinen eigenen Waschzeugbeutel, das nehmen wir mit. Die Wäsche ist jedoch in keinem guten Zustand, wir sehen viele Wäschestücke die unterschiedliche Färbungen haben, offensichtlich hatte Vater mit der Hand gewaschen. Eine Waschmaschine steht nicht in der Wohnung. Gelegentlich hatte ich mit der Nachbarin telefoniert und sie informiert, wo mein Vater liegt. Aber im Krankenhaus werden wir die einzigen Besucher bleiben.  

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