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Gold - XX

Ich schäme mich fast für ihn. Wir haben die Speisekarte gelesen und fanden das Essen ganz gut für ein Krankenhaus. Vater aber lässt das Essen stehen. 
Ich gehe erst mal hinaus, um mich über seinen Zustand zu informieren. Ich soll mich mit einer Dame vom Sozialdienst in Verbindung setzen wegen der Bestellung von Hilfsmitteln. Diese ist aber in der Woche vor Weihnachten in Urlaub. Das Personal ist freundlich und von der Sprache her den neuen Bundesländern zuzuordnen. Die Patienten sollen hier nicht im Bademantel herum laufen, sie sollen sich anziehen bzw. angezogen werden und sie werden gefordert. Vater schafft wohl nur mit Mühe und Not einen Gang über den Flur. Das Esszimmer ist auf der gegenüber liegenden Seite des Flurs. Außer dem Essen verweigert Vater auch die Medikamente teilweise und ist aggressiv dem Personal gegenüber. Ich hinterlasse meine Telefonnummer bei der Schwester und gebe mich als Sohn und zukünftiger Betreuer meines Vaters zu erkennen. Das Amtsgericht hat mich benachrichtigt , dass mein Vater einen Betreuer benötigt und ich habe diese Aufgabe übernommen. Ich kann mich jedoch noch nicht ausweisen. Nun werden wieder Sachen benötigt, die Wäsche reicht nicht. Ob wir die Schmutzwäsche mit nehmen? Mit Mühe und Not erreichen wir, dass sie in der Klinik gewaschen wird. Sein Hab und Gut befindet sich in einem Müllsack und wir packen es aus. Am Schwierigsten ist es, dass bereits ausgepackte Waschzeug zu finden und die Gegenstände ihm zuzuordnen. Das Auspacken persönlicher Gegenstände durch fremde Personen folgt keiner Logik. Manches wird nie ausgepackt. Vater fragt wieder nach seinem Geld und ich kann ihn beruhigen. Als ich etwas von Frank erzähle, fängt er an nachzudenken. Der zahnlose Kiefer bewegt sich, aber er hat Mühe, etwas mit dem Gesagten anzufangen. Die Leute sind unmöglich hier, so lautet das Urteil des Vaters. Versuche ihn zu motivieren, auf jeden Fall mit zu arbeiten. Aber es ist schwer. Fast verliere ich selbst den Mut. An seinem Bett steht ein Telefon. Sie können Ihren Vater direkt anrufen, so sagt es die Schwester. Ich weise ihn daraufhin und er scheint erleichtert über diese Kontaktmöglichkeit. Wir werden ein Päckchen packen müssen über die Feiertage, denn wir wollen in Urlaub. Seit etlichen Jahren hatten wir erstmals zwischen Weihnachten und Neujahr frei und schon lange vorgebucht. 
Das Leben eines Berufstätigen besteht eben aus Arbeit und Urlaub. Ich war in Urlaub, als meine Mutter zu Weihnachten starb. Als mein Patenonkel seinen letzten Geburtstag feierte, zu dem er uns eingeladen hatte, war ich auch in Urlaub. Nun werde ich wahrscheinlich in Urlaub sein, wenn mein Vater stirbt, so orakelte ich es mir selbst zusammen. Daran dachte ich nun, die Situation, mich nicht allein mit Vater unterhalten zu können, sondern auch gleich noch mit einem anderen Patienten, das irritierte mich doch. Ich schloss die Tür, ohne lange zurück zu schauen. Im Auto kommt mir der Gedanke, wie viel härter doch meine Mutter gewesen war. Sie muss gewusst haben, dass sie schwer krank ist und hat es mit einem Lachen weg gewischt. Erst hast Du Angst, dann machst Du es doch, sagte sie mir einmal, Du bist genau wie ich. 

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