Direkt zum Hauptbereich

1980 - XLVIII

Das Boot

Stille herrscht im Boot. Tauchfahrt, doch die Ortung besagt: Zerstörer im Anmarsch.
Schraubengeräusche, Maschinen halbe Kraft zurück. Der Bildschirm flimmert unruhig. Nicht abzuschütteln, Maschinen stop und tauchen, weit über die Werksgarantie hinaus. Der Stahl stöhnt, Knacken im roten Bereich des Tiefenmessers oder war es das Aufeinanderschlagen der Zähne beim vergeblichen Versuch eine Salznuß zu zermalmen. Chips stehen bereit. Drangvolle Enge und der Mief von fuffzig Mann plötzlich im Wohnzimmer. Jetzt rechnen wir ab, das Boot verharrt regungslos, der Zerstörer rauscht darüber. Tief durchatmen, gleich explodieren die Wasserbomben, vielleicht zum allerletzten Mal.
Das abgebrochene Messer schlitzt den Karton auf, jeder Handgriff muß sitzen. Die Bücher sind in Folie eingeschweißt und fliegen fast von allein auf den Packtisch in Stapeln zu Fünfen, kein Lieferschein, doch da die Rechnung, komm' Junge, hak' die Positionen ab: 5 x Pucki im Wald, 5 x Pucki lernt laufen, 5 x Pucki in der Schule, das wars. Stempel, Eingangsdatum, Herr Pfennischfuchs legt den nächsten Karton vor. Immer wenn Fracht im Hof abgeladen wird, stürmt er über eine Wendeltreppe in den Keller, um seinen Mannen beim Auspacken zu helfen. Auf dem Boot hat er sich um den Diesel gekümmert, da war's noch enger als im Keller.
Volle Paletten in den Aufzug wuchten, Türe zu, klingeln, ab geht die Post. Oben entfernt sich das Mahlen der Schrauben. Detonation !! Eine nach der anderen, alles fliegt durcheinander, die Vormerkungen sind nicht gezogen: Bücher zurückholen. Endlich Stille, das Boot ist noch ganz. Schleichfahrt, bis es wieder heißt: Schiffe im Anmarsch.
Aufzugtüren auf, Vormerkungen rausziehen, Torpedorohre eins bis vier wässern. Es sind dicke Pötte, Frachter, auftauchen, der Aufzug fährt wieder nach oben, Maschinen volle Kraft voraus, alles klarmachen zum Überwasserschuß, Rohre eins bis vier: Feuer! Warten, die Palette wird oben aus dem Aufzug geschoben, Treffer mittschiffs, da und noch einer, Feuer, das Geräusch einer leeren Palette, die in den Aufzug gestellt wird. Zerstörer, volle Fahrt zurück, Tauchen, tiefer, tiefer. Der Aufzug kommt zurück.
Tolle Männer, diese Milchbubis, die naßforschen Typen, was können sie schon einem alten Bücherhasen anhaben. Die Schotten der untergehenden Schiffe krachen wie Paprikachips. Blättern im Bordbuch: Girls in 3-D, Taucherbrille aufsetzen, so richtig treten sie nicht hervor, die Mädels, sehen eher aus wie Pappkameraden, wie sie da in oder ohne Höschen stehen. Heute morgen war die Ampel zwanzig Mal auf rot, komische Schaltung, jetzt auch noch der Bus und jede Menge Kinder zu umkurven. Wieder bummelt der Vordermann.
Der Aufzug mit der leeren Palette ist angekommen. Die Druckwellen der Wasserbomben schütteln das Boot ein letztes Mal, ein schwarzer Finger verdeckt das Bild zunehmend, Beethovens Neunte ertönt, Kartons zerschlagen mit der Faust, falten, pressen, Zeitungspakete schnüren, auf den LKW werfen, das Band läuft schnell, bald endet die Reihe der Pakete. Übrigens, das Sehen mit der 3-D - Brille strengt mehr an, als Fernsehen. Rot und grün bleibt der vorherrschende Eindruck nach Absetzen der Brille. Ich liege nackt im Park und sonne mich. Dorle, Deine Augen sind braun. Mein Nachbar spielt mit seinem Glied. Der Diesel rattert in meinem Kopf.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Stuhlgang

Während ich den breiigen Stuhlgang meines Hundes betrachte, kam die Sonne und lachte und lachte. Was bedeutet Dir die Scheißerei freust Du Dich den gar dabei? Ja. wenn es ihm gut geht, dem Hund, dann ist auch sein Herrchen gesund.

Platz

Ein großer Flachbau im Industriegebiet, das nennt sich hier "Lieblingsplatz" für Hunde. Nix mit familiären Anschluss oder persönlicher Betreuung wie noch zu Schönecker Zeiten. Auch für Hunde ist das Leben in Lippe härter als gewohnt. 

Opferrolle

 Leider fange ich nun ganz von vorn an. Denn es ist das passiert, was immer unangenehm ist. Ein mir nahe stehender Mensch hat meinen Blog gefunden. Natürlich war er mir nicht so nahe, dass ihn alles interessiert hätte bzw. der Inhalt insgesamt von Interesse war. Da ich eigentlich nur für mich über mich und mein Leben schreibe, ist mir das Lesen dieser Zeilen eher unangenehm (mit der Ausnahme mir wohlgesonnener Personen). Explizit kritisierte mein ungebetene/-r Leser/-in, dass ich stets die Opferrolle einnehmen würde. Dabei bemühe ich mich darum, Erlebtes nachvollziehbar zu machen und möglichst in der Beobachterrolle meiner selbst zu bleiben. Einzelne Punkte aus dem Inhalt wurden zudem beanstandet. Angeblich hätte ich Bilder meines Hundes im Blog gepostet, um nur ein Beispiel zu nennen. Und genau solche Sachen wollte ich immer vermeiden. Aber selbst schuld: meine Blogadresse tauchte in einem beruflichen Netzwerk auf. Also besser aufpassen für die Zukunft..