„Unsichtbar“ so lautet der Titel dieses Buches auf Deutsch. Unsichtbar, so scheint die ordnende Hand des Autors zu sein. Die Protagonisten des Buches werden ausdrücklich mit fiktiven Namen bezeichnet. Das dürfte zwar in jedem Roman der Fall sein, aber dem Autor ist es wichtig, dem Leser auf die fiktive Existenz der Personen hinzuweisen, ganz so als habe es die Handlung wirklich gegeben.
Der Collegestudent Adam Walker stammt aus einer kleinbürgerlichen Familie. Der Vater betreibt einen Supermarkt. Doch die Familiengeschichte bietet bereits Stoff für ein Drama:
der jüngere Bruder von Adam Walker ertrinkt während eines Sommeraufenthalt der Familie
in einem See. Er geht schwimmen und kommt nicht wieder, diese Tatsache schweißt Adam mit seiner Schwester zusammen, während die Eltern in stummer Trauer über den Verlust ihres Kindes versinken. Die Beiden feiern den Geburtstag ihres Bruders jedes Jahr zusammen.
Adam Walker trifft auf seinen Gegenspieler, den französischen Politikprofessor Rudolf Born, bei einer Party. Rudolf Born ist in Begleitung seiner französischen Geliebten Margot dort. Und diese hat ein Auge auf den jungen und sichtbar gelangweilten Adam geworfen.
Es kommt zu einem ersten Gespräch zwischen Adam und Rudolf. Aus dem sich eine sehr ambivalente Beziehung entwickelt. Auf Drängen Margots bietet Rudolf dem jungen Adam an, für ihn als Herausgeber eines literarischen Hochglanzmagazins zu arbeiten. Eine Herausforderung, die Adam, der bisher nur ein paar Gedichte veröffentlichte, kaum widerstehen kann. Obwohl Rudolf unerklärlich viel über seine Familie weiß und es ihm rätselhaft ist, warum gerade er diese Chance bekommt. Adam und Margot kommen sich näher, sehr viel näher als erlaubt, nicht einmal das scheint Rudolf zu stören. Dennoch kommt es zum Bruch zwischen Adam und Rudolf. Adam hat gerade sein erstes Honorar erhalten, als
beide während eines Spaziergangs von einem jungen Straßenräuber bedroht werden.
Rudolf Born zögert nicht langt und sticht den Jungen nieder. Er entfernt sich vom Tatort und überlässt es Adam, Hilfe zu holen. Doch der junge Straßenräuber ist tot, als diese eintrifft und auch Adam geht zunächst nicht zur Polizei. Ob es die Drohung von Rudolf Born ist, die ihn abhält oder die unbewusste Absicht, dem ungeliebten Mäzen Zeit zur Flucht zu geben, ist unklar. Nach etlichen Wochen gibt er sein Wissen der Polizei preis.
Doch Rudolf Born ist nach Paris geflohen und nun beginnt Adams Suche nach Gerechtigkeit.
Er erzählt seiner über alles geliebten Schwester von dem Vorfall. Die Geschwister kommen sich unerlaubt nahe. Sie wohnen in einem Appartement in New York einen Sommer lang, bevor Adam Rudolf nach Paris folgt, um einen Auslandstudienaufenthalt zu absolvieren.
In Paris kreuzen sich die Wege der beiden Protagonisten wieder. Adam konfrontiert die neue
Liebe des Professors mit dessen Tat in New York und zieht auch deren Tochter Cécile mit hinein.
Man glaubt ihm nicht, stattdessen findet die Polizei in seinem Hotelzimmer Drogen.
Statt einer Strafe in Frankreich wird Adam ausgewiesen, mit der Maßgabe nie wieder nach Frankreich zurückzukehren.
Hier enden nun die Aufzeichnungen des Schicksalsjahrs 1967 und Jahrzehnte später
sendet der krebskranke Adam Walker diese an einen ehemaligen Mitstudenten, der nun ein erfolgreicher Autor geworden ist. Er bittet ihn, daraus ein Buch zu machen. Der Leser erfährt nun den Rest des Lebens von Adam Walker, ein ziemliches Klischee. Adam Walker ist als Rechtsanwalt sein Leben lang für die Sozial Schwachen eingetreten, hat eine farbige Frau und eine Adoptivtochter. James Freeman kann Adam Walker nicht mehr treffen, da Adam Walker kurz darauf verstirbt, nicht ohne vorher seine letzten Aufzeichnungen seiner Frau hinterlassen zu haben. Aus diesen letzten Aufzeichnungen und dem Tagebuch von Cécile,
der Tochter der Pariser Liebe von Rudolf Born besteht nun der Rest des Buches.
Man erfährt, dass die einzigen Überlebenden, die James Freeman befragen kann, die Schwester von Adam und eben jene Tochter sind Und natürlich Rudolf Born. Der auf einer Karibikinsel in seinem eigenen Zynismus badet, alt und dick geworden. Und der Cécile zu sich einlädt, um ihr den Antrag zu machen, obwohl er sie körperlich verabscheut. Man liest, dass Cécile Adam immer geliebt hat und immer noch liebt und sich dafür schämt, ihn nach dessen Aussage über Rudolf Born verstoßen zu haben. Man findet das ein bisschen schön und auch gerecht. Und die Schwester bestreitet die körperliche Liebe zu ihrem Bruder, bittet James Freeman aber, den Stoff mit fiktiven Personen zu veröffentlichen.
Paul Auster bietet also kein oberflächliches Happy End an. Der Tod beendet dieses Theaterstück, an dessen Handlungssträngen so viele unterschiedliche Personen hängen. Der Gute darf sterben während der Böse sein (Dantes) Inferno im irdischen Leben auskosten muss. Allein und auf einem hohen Berg.
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