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Das eine oder andere Leben

Wie lange lebe ich schon mein anderes Leben?
Erst war es der Bruder, auf den ich aufpassen sollte.
Dann wollten die Eltern was von mir haben.
Schließlich sollte ich ein Soldat sein, obwohl ich keine Bretterwand hoch kam,
Grundausbildung.
Offizier dann Beamter, so war es geplant.
Kurzzeitig brach ich aus, ab und zu zusammen,
Wäschekeller.
Mit einer Frau wollte ich ein Leben aufbauen, was missglückte.
Durchfall im Kibbuz.
Anderen Frauen war ich zu Willen mit mehr oder weniger Erfolg.
Fahrten auf der Autobahn, trotz allem, der Vater war überrascht, als ich da war,
als er ging.

Im Beruf viel erledigt, nicht viel gesprochen, Meetings gemieden,
Verrat stets gerochen.
Verwandtschaft nicht da, wenn ich sie brauchte,
verstehe, dass Mutter meist sehr viel rauchte.
Ich könne mich nicht durchsetzen, so hat es gehießen.
Falsch, will doch nur das Leben der Anderen genießen.

Mein lieber Hund, der wird sich freuen,
ich werde ihn bis zum Ende betreuen.
Einer macht das Licht aus, vielleicht bin das ich,
es ist nicht von Interesse in der Sache an sich.

(Wer das Leben liebt, der kommt unweigerlich in Gefahr, es zu sehr zu tun.)

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