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Gold - XLVIII

Paul hatte auch an dem Verlust der Beziehung zu seinem jüngeren Bruder gelitten. Waren sie einst Leidensgenossen, die sich in ihrem gemeinsamen Zimmer die Streitereien der Eltern ansehen oder mindestens anhören mussten, so war der Bruder nach seinem Auszug allein mit einem Vater, der seine Behinderung nicht anerkannte und mit einer Mutter, die sich nicht darum scherte. 
Paul war ja nun Betreuer des Vaters und konnte sich gut vorstellen, auch die Betreuung des Bruders zu übernehmen, wenn gleich er wusste, dass dieser in erste Linie auch auf finanziellen Profit aus war. 
Zudem stieß ihn dessen  latent vorhandene enorme Aggression ab. Schon als Kind hatte er Dinge zerstört, die eigentlich nicht zerstörbar waren. Für Paul war das damals kein Problem, den aufgrund des Altersunterschieds hatte er meist die klare Oberhand. 
Nun aber waren die Karten anders gemischt, im Zweifelsfall wäre wohl der Bruder stärker und hätte das Überraschungsmoment auf seiner Seite, denn Paul wusste nie vorher, wann er los legen würde.
Deine Gespräche mit ihm sind wie ein Verhör, sagte ihm seine Frau. Und er wusste nicht, wie er anderes als durch Fragen heran kommen sollte an dieses Bollwerk, das sein Bruder darstellte. 
Sehr viel später erfuhr er, dass der Bruder nach jedem familiären Kontakt psychologisch betreut werden musste. Er war also Teil des Problems. Wer fragt, der führt. Und Führung war nicht das, was der Bruder wollte, auch wenn er nicht in der Lage war, dies zu formulieren.
Es sah also so aus, als sei die einzig übrig gebliebene Verbindung zur Vergangenheit der kranke Vater, den Paul nun in seiner Nähe hatte und überdies glaubte er, er könne die Beziehung zu ihm nun so gestalten, wie er es brauchte. Rachel war diesbezüglich deutlich zurückhaltender.
Paul zögerte manchmal mit den Besuchen, um die Vorfreude länger auskosten zu können.

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