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1990 - V

Im Keller liegen zwei weiße Skelette. Ob die wohl jemand als Modelle gekauft hat oder ob sie echt sind? Ich sehe Ullrich, der an der Wand lehnt, auf der Erde sitzend. Er will sterben, ich sehe förmlich, wie er mit weit aufgerissenen Augen ringt. Ich beschwöre ihn, am Leben zu bleiben. Merke, wie ich mich innerlich anspanne, um Kraft auf ihn zu übertragen. Es gelingt und ich bin erschöpft.
Neulich sah ich ein Video mit Musik von Simon & Garfunkel. I am a rock. Der einzelne Mann bleibt vor einem Haus stehen und die Musik schließt mit den Worten: and a rock feels no pain and an island never cries. –
Zuvor folgte ich einer fixen Idee und fuhr zum Hauptfriedhof, um das Grab von Rudolph Ullrich zu besuchen. Ich fragte eine ältere Dame, wo die Urnengräber wären (aus den Siebziger Jahren) und sie zeigte mir das bereitwillig. Meinte, ja verbrennen wäre auch besser. Man müsse sich, wenn man alt sei, darüber Gedanken machen. Derartig eingestimmt suchte ich die Reihengräber ab, ohne auf den Namen Ullrich zu stoßen. Verschiedene Plätze waren leer. Mir kam der Gedanke, dass er sich unter Umständen bei seiner Schwester hat bestatten lassen. Das bleibt also von einem Menschen. Wenn die Gräber nicht gepflegt werden, wächst alles zu und je nach Material der Platte ist die Schrift kaum noch zu lesen. –

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2002 - X

A rock feels no pain and an island never cries.. Auf der Insel Wahrheit gestrandet, möglicherweise völlig versandet? Einfacher jede Klippe zu umrunden, die Wirklichkeit darstellt und wählt, sich über den Riffen zu bekunden: der eigene Weg nur zählt! Auf dem Meer der Lügen, da lässt es sich gut segeln. Denn im Meer der Lügen, da gibt es keine Regeln.

Platz

Ein großer Flachbau im Industriegebiet, das nennt sich hier "Lieblingsplatz" für Hunde. Nix mit familiären Anschluss oder persönlicher Betreuung wie noch zu Schönecker Zeiten. Auch für Hunde ist das Leben in Lippe härter als gewohnt. 

Wolfgang Herrndorf – Sand

Man könnte meinen, hier habe jemand möglichst viele Klischees zusammen gestellt und sie durcheinander gewürfelt. Aus den vielfältigen und genau beobachteten Eindrücken ist dann die Aufgabe erwachsen, einen roten Faden zu finden, der das ganze zu einem Roman macht. Dieser rote Faden ist der Irrwitz des Lebens, der konsequent durchhält. Der Irrwitz, den wir alle kennen, den die meisten jedoch verdrängen, denn das menschliche Gehirn neigt dazu, Zusammenhänge zu erkennen, wo es keine gibt. Falscher Ort, falsche Zeit, diese Umstände kosten den meisten Menschen das Leben. Und so geht es schlussendlich auch dem Protagonisten, der den Namen Carl trägt, weil er seinen eigenen Namen nicht mehr kennt. Man hat ihm den Schädel eingeschlagen und er darf trotzdem weiter leben, ohne zu wissen warum und mit der Verzweiflung sich selbst finden zu müssen. Denn sie sind hinter ihm her, er hat etwas, was sie brauchen. Ist es eine Mine? Eigentlich auch egal. Da taucht Helen auf, die Frau, die sein Schicksal...