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1988 - II

Ja, Deutschland, das Land der Beamten, der verschlossenen Kirchen, des Ladenschlusses, der Schubkästen.
Der saubere Deutsche wirft alles aus dem Autofenster, faselt gern über Menschlichkeit und liebt die großen Gesten ohne Inhalt. –
Die Sprachlosigkeit der Hessen ist übermächtig. Wenn sie den Mund aufmachen, dann nur zum Bescheißen. Sollte mein Vater recht behalten?
Einmal habe ich mit einem mir befreundeten Paar zusammen gewohnt. Die Wohnung war sehr schön und groß, aber die Menschen hatten beängstigende Eigenschaften. Sie erdrückten mich fast und die Freundlichkeit wirkte wie eine aufgesetzte Maske, hinter der sich Zerrbilder versteckten. Sie kamen mir vor wie Figuren aus einem Retortenkuchen. So wie beliebig geklonte Figuren, die nur dazu geschaffen sind, mich mit ihrer Unnachgiebigkeit ihrer Existenz zu verfolgen. Ein schrecklicher Albdruck.. –
Ich befand mich in einer Wohnung und sah auf der gegenüberliegenden Straßenseite, wie nach einander Frauen in Badeanzügen aus dem Fenster sprangen. Nur einmal war kurz ein Mann zu sehen, eine bewaffnete Figur, ein Mädchen zögerte auch kurz. Verschiedene Frauen drehten in der Luft ein Salto, als ob sie zum Kunstspringen angetreten wären und im Wasser einzutauchen. Aber wie um zu bestätigen, dass dies nicht der Fall ist, sah ich dann auf der Straße eine der Frauen wieder, sie wurde weg getragen. –

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2002 - X

A rock feels no pain and an island never cries.. Auf der Insel Wahrheit gestrandet, möglicherweise völlig versandet? Einfacher jede Klippe zu umrunden, die Wirklichkeit darstellt und wählt, sich über den Riffen zu bekunden: der eigene Weg nur zählt! Auf dem Meer der Lügen, da lässt es sich gut segeln. Denn im Meer der Lügen, da gibt es keine Regeln.

Platz

Ein großer Flachbau im Industriegebiet, das nennt sich hier "Lieblingsplatz" für Hunde. Nix mit familiären Anschluss oder persönlicher Betreuung wie noch zu Schönecker Zeiten. Auch für Hunde ist das Leben in Lippe härter als gewohnt. 

Wolfgang Herrndorf – Sand

Man könnte meinen, hier habe jemand möglichst viele Klischees zusammen gestellt und sie durcheinander gewürfelt. Aus den vielfältigen und genau beobachteten Eindrücken ist dann die Aufgabe erwachsen, einen roten Faden zu finden, der das ganze zu einem Roman macht. Dieser rote Faden ist der Irrwitz des Lebens, der konsequent durchhält. Der Irrwitz, den wir alle kennen, den die meisten jedoch verdrängen, denn das menschliche Gehirn neigt dazu, Zusammenhänge zu erkennen, wo es keine gibt. Falscher Ort, falsche Zeit, diese Umstände kosten den meisten Menschen das Leben. Und so geht es schlussendlich auch dem Protagonisten, der den Namen Carl trägt, weil er seinen eigenen Namen nicht mehr kennt. Man hat ihm den Schädel eingeschlagen und er darf trotzdem weiter leben, ohne zu wissen warum und mit der Verzweiflung sich selbst finden zu müssen. Denn sie sind hinter ihm her, er hat etwas, was sie brauchen. Ist es eine Mine? Eigentlich auch egal. Da taucht Helen auf, die Frau, die sein Schicksal...