Samstag, 12. September 2015

6.30

Die Feier meiner Geburt müsste eigentlich um 6.30 Uhr stattfinden, denn um diese Zeit wurde ich im Kasseler Burgfeld-Krankenhaus geboren. Es ist in etwa die Zeit, zu der ich aufstehe, wenn ich arbeiten gehe. Vater wird, als er die Nachricht hörte, schnell von der Arbeit gekommen sein. Er war ein junger Mann und sehr auf die Gründung "seiner" Familie aus.
Über sechs Jahre später wurde, anfangs sehr misstrauisch von mir beäugt, mein Bruder zuhause geboren. Im Laufe der Jahre merkten wir, dass er behindert war, von Anfang an.
Er ist und bleibt aber mein Bruder. Auch wenn unsere Beziehung nicht "normal" sein kann.
Dieser Gegensatz zwischen Lebensrealität und Wirklichkeit prägt mein Leben. Es ist wie Kinder haben und doch nicht.
Eine eigene Wirklichkeit, die hatte ich immer. Es lohnt sich, um sie zu kämpfen.
Schon im Kindergarten war ich der Meinung, es sei besser, andere wüßten nicht, wer meine Freunde sind.
Viele Menschen mögen mich nicht, andere mögen mich sehr und zeigen es nicht. Was soll es mir bedeuten?
Ich habe immer Förderer gehabt, so wie den Freund unserer Familie, der sich bei meiner Geburt schwor, diesem Kind immer zu helfen. Bis 1977 war das so.
Auch in der Schule hielt man etwas auf mich und im Beruf gab es den ein oder anderen heimlichen
Protegist. "So einen Mitarbeiter wie sie findet man nicht auf der Strasse."
Das war freundlich, auch wenn es finanziell sich kaum lohnte.
"Augen liegen auf mir", so habe ich einmal geschrieben. Das entspricht auch in etwa meinem Konfirmandenspruch.
Dein Chef ist jünger als Du, so ist das jetzt. Die Förderer werden weniger, das Kind kann laufen. Wie lange noch, das liegt nicht in Menschenhand.

Freitag, 4. September 2015

Urin in Eirfurt

Ich mache aus unserem Hotelfenster Fotos von Erfurt. Einer Internetbekanntschaft will ich mitteilen, dass ich in ihrer Stadt angekommen bin. Leider vertippe ich mich, aus Erfurt wird Eirfurt. Die Mail schicke ich an meine eigene Adresse. Die Biere in der Hotelbar haben Wirkung hinterlassen. Bierbrauer gab es in Erfurt früher viele. Der Bierkonsum der Erfurter führte dann zu einem höheren Alkoholgehalt im Urin der Männer, weshalb dieser dann auch zum Befeuchten der Färberwaid-Ballen verwendet wurde. Die Stadt, so unser sehr gesprächiger Stadtführer, roch schon von weitem nach Urin.


Waagegasse


Thüringer nehmen ihre Arbeit sehr ernst. Die junge Dame, die mir in der Michaelisstrasse ihre schneeweißen und natürlich zellulitisfreien Oberschenkel präsentiert, während ich an einem löddrigen Cocktail herum sabbere, bemüht sich auch, ihr schwarzes Kleidchen herunterzuziehen, welches allerdings beim Sitzen immer wieder hoch rutscht. Ohne das Übereinanderschlagen der Beine böten sich ungeahnte Einblicke, die mich restlos um den Verstand gebracht hätten. So schaue ich mir den Vollmond an, der über Erfurt besonders schön scheint.



Montag, 24. August 2015

Asylantenmärchen

Da steigen Menschen in Boote mit einer höchstens 50:50-Chance zu überleben.
Was ist das? Adventure-Urlaub etwa? Dann wollen sie nach Deutschland, viele jedenfalls.
Wohlstandsflüchtlinge wohl kaum, Schmarotzer? Da sollten sich manche Vordenker einer
stramm ausländerfeindlichen Richtung mal die Unterkünfte und die Situation der Asylanten ansehen.
Und müssen wir wirklich neidisch darauf sein, dass die zu uns kommenden Flüchtlinge Kleidung und Nahrung erhalten
und womöglich ein Handy ihr eigen nennen?
Gibt unser Staat nicht viel mehr Geld für asoziale Zwecke aus?
Fragen über Fragen, die sich stellen, wenn man so manches Märchen von dem Zuviel an Flüchtlingen, die um
Asyl bei uns bitten, hört.
Verbunden mit der Frage, was wir als Einzelne tun können.

Donnerstag, 20. August 2015

Laissez

Irgend etwas will nicht mehr,
liegt am Grund
oder ist zerbrochen.
Der Schatten schwebt über Dir
wie im Wasser ein Rochen.
Doch über dem Wasser,
da scheint Sonne,
sie schenkt Dir ihre Lebenswonne,
wenn Du sie nur lässt.


Dienstag, 18. August 2015

Mädchenträume

Mein Vater erzählte mir, dass er sich gern ein Mädchen gewünscht hätte. Auf seine Tochter hätte er dann aufgepasst wie ein Schießhund.
Nun, was hatte ich zu erzählen? Da war jemand mit meinen Genen und dann doch wieder nicht.
Mein Gesicht lief schon irgendwo herum, ich zeigte es ihm und er war verzückt. Ob es ihn in seinen letzten Tagen getröstet hat, sein Blick zudem Bild wanderte, ich weiß es nicht.
Schon bald würde ich den Kontakt verlieren. Das war längst von der Mutter geplant, aber aus Rücksicht auf das Ableben meines Vaters wartete man noch ein bisschen,
Eine Geschichte ging dann telefonisch zu Ende, die mit der Meldung zweier Frauen, die sich an mir interessiert zeigten, begonnen hatte. Der Tag selbst war hinsichtlich der Angelegenheit mit einem Klaps auf meine Schulter begonnen worden. Am S-Bahnhof in Frankfurt wurde ich so in Empfang genommen und von der Co-Mutter zur gemeinsamen Wohnung der Beiden gefahren.
Ich selbst war verklemmt genug, mir die Begleitung einer Flasche Sekt zu gönnen und diese freimütig anzubieten, Auch dieses Angebot wurde angenommen, gewiss ich hatte beide vorher kennen gelernt, aber Freunde, so wurde mir später versichert, seien wir sicher nicht.
So blieb mir der Spiegel im Badezimmer zur Verwirklichung meines Traums. Die Co-Mutter versicherte später, wir beide hätten ziemlich zur gleichen Zeit, obwohl doch getrennt, unseren Höhepunkt gehabt. Was ich zu geben hatte, war ausnahmsweise erwünscht. Die Co-Mutter sorgte sich ein bisschen um mich und wollte höflich warten, bis ich mich "erholt" habe.
Das ich mich davon gar nicht erholen konnte, war eine andere Sache. Auf die S-Bahn wartend, wohin Frau mich gebracht hatte, ging mir die Frage durch den Kopf, was ich da gerade gemacht hatte.
Verbunden mit der Hoffnung, es sei sicher nichts passiert, hätte nicht geklappt und noch einmal würde ich es sicher nicht tun.
Mir wurde dann aber nach einer für mich verhältnismäßig langen Zeit ein telefonisches "Bingo" durchgegeben. Ein Traum war in die Wirklichkeit entsprungen, ein weibliches Doppelbingo.

Donnerstag, 13. August 2015

Schön braun

Mutter mit Tochter im Drogeriemarkt, beide braun gebrannt, Tochter mit dem fast schon obligatorischen Buchnabelpiercing und bauchfrei, haben noch schnell was für den Urlaub eingekauft.
Sie drängen sich an der Kasse galant nach vorn und fragen den Mann vor mir in der Schlange,
ob sie sich vor ihm einreihen dürfen, sie müssten zum Flughafen. Der Gockel vor mir genehmigt das und lässt sich schnell in ein Gespräch über Urlaube verwickeln. Sie würden, so höre ich mit halbem Ohr, jetzt dahin fliegen, wo es nicht nur heiß ist, sondern auch noch die Sonne scheint.
Der Klimawandel ist da ganz offensichtlich noch nicht angekommen, obwohl die Wiesen verbrannt und die Böden überall staubtrocken sind. Die Stadt Frankfurt überlegt bereits, ob sie einheimische Pflanzen und Bäume gegen mediterrane austauscht.
Aber wozu muss man das wissen, Hauptsache Frau ist schön braun und die Tourismusindustrie freut's. Derweil stöhnt der einheimische Italiener über unsere Temperaturen.

Dienstag, 4. August 2015

Teufel des Herzens

Der Teufel hat ein Zwiegesicht,
anrufen wird er Dich sicher nicht.
Teufel reiten gerne Pferde,
schwingen sich im Kleid zur Erde.
Sie genießen Ihren Sommer
mit Freundinnen und What's App,
merkst Du den Unterschied, Du Depp?

Teufel lieben große Tiere,  

Du bist es nicht, nicht so wie ihre.