Dienstag, 24. März 2015

Der Hort der verlorenen Seelen

Wenn soviel Liebe wie in ein Handy in jedes Menschen gesteckt würde,
dann müssten wir uns nicht dauernd hinter unseren Devices verstecken.

Dieses unaufhörliche Tasten und Halten, Suchen und Wischen
führt nicht zu nichts außer zu Kontakt mit kaltem Material,
verwischten Eindrücken und unklaren Suchen.

Donnerstag, 19. März 2015

Block u what? Vom Geist der Zeit

Spätestens seit gestern dürfte sich die Blockupy-Bewegung als eine Bewegung geoutet haben, die Gewalt bei den Aktionen, zu denen sie aufruft, in Kauf nimmt. Denn "Die Leute haben die Schnauze voll." Welche Leute sind das denn, die sie so voll haben? In wessen Namen wird da geredet?
Sind es die paar bürgerlichen Abenteurer, die ein Symbol für ihre Wut brauchen? Da kommt der Glasturm der EZB gerade recht. Zertrümmert werden dann Schaufensterscheiben, angezündet auch private PKWs. Der Werteverlust unserer westlichen Welt macht vor nichts halt.
Früher diskutierte man sich die Köpfe über Formulierungen wund, heute wird im besten Fall noch geschlagen oder geworfen. Es gibt um Symbole und nicht um Inhalte, das kann man auch in den islamischen Ländern beobachten. Und es geht um Gewalt, ein Zeichen der Ohnmacht.
Was Blockupy eigentlich will, wird nirgends deutlich. Man will die macht der Banken brechen, doch wie lebt man ohne sie?
Immerhin: die werten Demonstranten fahren mit Sonderzügen der Deutschen Bahn. Manche davon werden beschmiert oder mit Graffiti verziert sein.
Auf der Homepage von Blockupy wurde zu Spenden aufgerufen, für Fahrkarten.
Da fällt mir Lenin ein, der einst über deutsche Revolutionäre spottete. Blockupy ist international, hat aber deswegen kein bisschen mehr mit Revolution zu tun. Es ist eine nutzlos lästige Zeiterscheinung.

Mittwoch, 18. März 2015

Manches Mal

denke ich,
alles sei nicht gut,
so es ist.
Theater
untergegangen
wie dereinst
Deutschland im Osten.
Doch bin ich,
also schreibe mir.

Mittwoch, 11. März 2015

Andratx

Nun sind wir wieder ganz in der Nähe des Ortes, wo wir unseren ersten Mallorca-Urlaub verbrachten. Damals
Paguera, nun Peguera genannt, wo wir im Hotel Cormoran erst Mal die erste Nacht im Personalzimmer schlafen mussten.
Andratx, damals Andraitx genannt, ist da mit seinem Puerto der wesentlich angenehmere Ort. Auch wenn es in diesem Tal zwischen dem Hafen und dem Ort in den Bergen ständig was zu verbrennen gibt und das Klappern der Baumaschinen von morgens bis abends über die Bucht schallt.
5 km ist der Weg lang, der als Panoramaweg ausgeschildert ist, vom Hafen bis zum Ort. Eigentlich ist es allerdings eine kleine Strasse, die die Anlieger zu ihren Anwesen bringt: Gärten und Wiesen mit blühenden Mandelbäumen, Zitronen- und Apfelsinenbäumen. Ziegen und Hühner laufen da manchmal herum. Spanische Hunde bewachen einzelne Häuser und werden nicht immer ihrem Ruf gerecht, friedlich zu sein.
Ein kleiner Rastplatz fast an der Strasse nach Andratx ist die einzige Stelle, an der Bänke zur Rast aufgestellt sind.
Dreieinhalb Tage war das die Achse, auf der wir uns bewegt haben. Mit dem Bus fuhren wir einen halben Tag nach Sankt Elm und einen Tag nach Palma.



Donnerstag, 5. März 2015

Biographische Notizen zu meinem Bruder - oder Michael ist größer als ich

Mein Bruder heißt Frank und wurde am 24.1.1962 geboren. Zu der Zeit lebten wir in der Kasseler Hansastraße in der Nähe des Bebelplatzes. An der Ecke des Bebelplatzes befand sich noch ein Trümmer - Grundstück, das vom Zweiten Weltkrieg übrig geblieben war. Frank kam als Hausgeburt zur Welt. Meine Mutter hatte bereits vor Ihrer Schwangerschaft mit dem regelmäßig en Trinken einer Dreiviertel-Liter-Flasche Wein angefangen. Zuckerwürfel wurden heraus gelegt, damit der Klapperstorch ein Kind bringen sollte. Mir war das gar nicht so recht, fühlte ich mich doch als Mutters Liebling ganz wohl. Immerhin durfte ich ihr die Haare kämmen. Als das Baby dann da war, reagierte ich entsprechend verhalten.
Unsere Tage in der Hansastraße waren damit auch gezählt. Obwohl ich erst sechs Jahre alt war, musste ich morgens vor der Schule schon Fleischsalat, Brötchen und die Bild-Zeitung holen. Einmal passte ich dabei nicht auf und hatte einen Scheinwerfer eines Autos in meiner Kniekehle, ohne das mir viel passiert waere. Früh schon habe ich mich als Dienstleister betätigt. Meine Welt war vom Herumlaufen draußen (bis zum Tannnenwäldchen führten mich meine Wege) und den beiden,, wie ich fand, schönen Kirchen in unserer Umgebung geprägt. Da war die katholische Kirche am Bebelplatz uns gegenüber und die weiter entfernte Kirche mit dem grünen Dach die Friedenskirche. Erst spät habe ich erfahren, dass ich dort getauft wurde. Mein Vater konnte sich daran nicht mehr erinnern.
Ein Freund unserer Familie und ehemaliger Chef meines Vaters hatte beschlossen, sein
Leben mit unserem enger zu verknüpfen und sich eine Doppelhaushälfte gekauft, in der er mit uns zusammen alt werden wollte.
Bevor es dazu kam wurde Frank noch als Säugling krank. Da er keine Nahrung bei sich behalten konnte, kam er ins Stadtkrankenhaus. Wir durften ihn, hinter einer Glasscheibe liegend, besichtigen. Er musste künstlich ernährt werden und hatte einen Schlauch in der Nase. Bei seiner Entlassung teilte man den Eltern mit, es sei um Leben und Tod gegangen.
In der Auerstraße nun stand "unser Haus". Im Garten war ein Laufstall aufgebaut, in dem Frank bei gutem Wetter spielen konnte. Er machte zu der Zeit ein leicht mürrisches Gesicht. Mit geballten Händen ist er auf einem Foto zu sehen.
Ich ging derweil nach Schule und Hausaufgaben einkaufen, manchmal spielte ich auch mit einem Freund, dessen Eltern in die neu gebauten Wohnungen des neuen Stadtteils Helleböhn ziehen sollten.
Eines Tages ging Frank mit seinem Vater an der Hand die Treppe hoch zum Schlafzimmer im ersten Stock. Vater hielt ja immer Mittagsschlaf auch aufgrund seiner Schichtarbeit. Kurzzeitig muss er die Hand los gelassen haben, denn Frank fiel rückwärts die Treppe herunter, wobei er jede der einzelnen Stufen mit dem Kopf traf.
Äußerlich war ihm jedoch auch unmittelbar danach nichts an zu merken.
Das mit dem Freund der Familie-Wohnen ging nicht lange gut. Zu oft stand er mit seinem eigenen Schlüssel in unserem Wohnzimmer. Schließlich kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen meinem Vater und ihm, wobei Vater mit der Axt in der Hand im Garten vor ihm stand. Die Zeit der eigenen süßen und sauren Kirschen und der Johannisbeeren war vorbei.
Wir zogen 1965 nach Helleböhn, ein Stadtteil, in dem ich mich nicht zuhause fühlte. Ich hatte zum dritten Mal eine andere Schule zu besuchen und beim Einkauf belästigten mich die "Schlacken",, die einen immer wieder mal hänselten.
Hier begann 1969 auch für Frank der Ernst des Lebens. Es war nicht verwunderlich, dass er ein Jahr zurück gestellt wurde.
Er war in Allem ein bisschen zurück und blieb das auch. Ein Schicksal eines jüngeren Bruders ist es nun einmal, dass er das über nimmt, was der ältere Bruder hinterlässt. Meiner Sammlung von Matchboxautos bekam das nicht gut. Er zerlegte die Autos, ohne sie wieder zusammen setzen zu wollen. Er raufte gern mit mir trotz des großen Altersunterschieds. Ich hatte manches Mal Probleme, ihn unter Kontrolle zu halten. Der gute alte Schwitzkasten leistete mir hier gute Dienste. Meine Mutter wollte sogar gesehen haben, wie ich mit der Handkante schlug. Wie auch immer, ging etwas schief , ich war derjenige, der die Verantwortung trug und die Ohrfeige bekam.
Frank ging auf die Schule im Stadtteil und schnell war mir klar, dass er hier nicht gefördert werden würde.
Aber was hatte ich schon zu sagen, ich kämpfte selbst darum, das Wirtschaftsgymnasium besuchen zu dürfen. Ich war ja nur für die "Mittlere Reife" vorgesehen.
10 Jahre lang sollte seine Schulzeit dauern. Eine Zeit, in der viel passierte. Wir durften, zunächst noch in einem Zimmer, den nächtlichen Auseinandersetzungen meiner Eltern lauschen, die immer durch den Alkoholkonsum bedingt waren. Oft ging die Tür unseres Zimmers auf, ich wurde von meiner Mutter aus dem Bett geholt und durfte Moderator spielen.
Frank war, zumindest wenn mein Vater mich an ging, auf meiner Seite. Er fand das nicht richtig.
Als Gymnasiast bekam ich ein eigenes Zimmer und wir waren das erste Mal getrennt. Frank wäre über all mit mir hin gegangen, nur es war klar, ich würde  immer zahlen müssen. Ich hatte allerdings ganz andere Dinge im Kopf. Mein Abschied von zuhause begann bereits am 1.7.1974 mit der Einberufung zur Bundeswehr. Vater sorgte dafür, dass ich wochentags in der Kaserne schlief. Mit dem Ende meiner Bundeswehrzeit am 30.9.1975 war auch das Ende meiner gemeinsamen Zeit mit Frank gekommen. Die Eltern forderten ihr Schlafzimmer zurück und wg. mir wollte sich Vater auch keine grössere Wohnung nehmen.
So half der Freund der Familie mit einem monatlichen Zuschuss aus und ermöglichte mir den Umzug in ein möbliertes Zimmer. Bereits im Mai 1978 siedelte ich nach Frankfurt am Main um. Frank war nun endgültig allein auf sich gestellt.
Vater wollte aus seinem Sohn etwas machen, ich war ja der ihrige. Anlässlich der Beerdigung meines Großvaters sollte ich nach Kassel fahren, um Frank zu beaufsichtigen, was ich ab lehnte. Ich selbst sollte ja nicht mit und ein Besuch in Frankfurt war auch nicht geplant, obwohl die Eltern meiner Mutter ja in Mainz lebten.
Frank konnte immerhin den Volksschulabschluss nachträglich machen, die Prüfung nahm ihm mein ehemaliger Deutschlehrer von der Realschule ab. 1980 wurde er schließlich zur Bundeswehr eingezogen. Ein Projekt, das mein Vater sehr gern sah, ohne sich zu fragen, wie Frank das schaffen sollte. Es stellte sich heraus, dass Frank den Anforderungen nicht gewachsen war. Er war zu langsam und so etwas toleriert das Militär nicht. Immerhin erkannte man das und musterte Frank aus. 
Nach dem Intermezzo bekam er immerhin beim Volkswagenwerk in Baunatal eine Lehrstelle. 
Spätestens jetzt hätte er mich, was die berufliche Karriere angeht, eingeholt. Doch auch die Lehrzeit stand er nicht durch. Er konnte seine Emotionen nur durch Schreie zum Ausdruck bringen. Vater fuhr mit ihm dann im Auto durch den Wald, die Scheibe wurde herunter gekurbelt und Frank schrie. 
Das war aber nur ein Teil der Aggression, die in ihm steckte. Wenn ein Kind mittags zu laut draußen spielte und Frank lag mittags im Bett, dann stand er auf, ging vor die Haustür, schlug das Kind und kam wieder zurück. Auch Besuch war vor Franks Schlägen nicht gefeit. Als ein Onkel von uns mit seinem Sohn zu Besuch war, schlug er diesen, was den Onkel veranlasste, mitten in der Nacht die Heimreise anzutreten.
Von der Mutter umsorgt, hatte Frank nach seiner abgebrochenen Lehrstelle keine Aufgabe mehr.
Noch heute schwärmt er von den Bratkartoffeln, die ihm die Mutter machte. 1984 jedoch begann seine "Karriere" in psychiatrischen Krankenhäusern im Ludwig-Noll-Krankenhaus. Hier war er dann auch stationär und arbeitete tagsüber zeitweise in einer Behindertenwerkstatt. Ich bekam nicht mehr all zu viel von seinem wahren Zustand mit. Bei meiner Hochzeit im Jahr 1982 war meine komplette Familie nicht anwesend. Meine Mutter befand sich in fundamentaler Opposition gegenüber meiner zukünftigen Frau. Vater war verhaltener, aber im Endeffekt mit der Frage, warum wir eigentlich heiraten, gut aufgestellt. So waren unserer Besuche in Kassel kurz und immer nur auf der Durchreise. Ein einziges Mal wollten mich meine Eltern besuchen. Obwohl meine Mutter sonst wegen jeder Kleinigkeit bei uns anrief, erfolgte die Ankündigung nun per Postkarte, die ich erst einen Tag vor einer geplanten Reise zu meinen Schwiegereltern bekam. Da konnte und wollte ich nicht mehr zurück. Vermutlich sind wir auf der Autobahn nach Kassel aneinander vorbei gefahren. Es sollte der einzige Besuch bleiben.
Frank durchlief nun weitere Stationen: zunächst die Psychiatrie in Merxhausen, wo es Anfang der neunziger Jahre zu weiteren Zwischenfällen kam. Er schlug einen alten Mann so, dass dieser mit Hämatomen in Behandlung kam, weil dieser ihn nicht gegrüßt hatte.
Es kam zu einem Gerichtsverfahren in Wolfhagen.
Ich selbst schaltete mich ein, da ich der Meinung war, dass mein Vater als Verfahrenspfleger nicht richtig sei. Immer wieder äußerte er ja, Frank sei nur zu faul zum Arbeiten und die vielen Medikamente, mit denen er ruhig gestellt werden musste, hielt er für falsch.
Ich schrieb an das Krankenhaus im Februar 1992:

"Seit über zehn Jahren verfolge ich den Werdegang bzw. die Krankheit meines Bruders zwar aus der Entfernung dennoch mit Anteilnahme.
Mit ist bewußt, daß sich das Schicksal in diesen Tagen zu seinen Ungunsten entschieden hat. Ich verstehe die Gründe, die Sie zu einer gesonderten Unterbringung meines Bruders veranlassten und die möglicherweise zu einer Überweisung in eine geschlossene Anstalt führen.

Sie sollten jedoch noch einige Tatsachen kennen, bevor Sie endgültige Entscheidungen treffen.
1. Frank Dreyer war als Säugling wegen Ernährungsstörungen im Stadtkrankenhaus in Behandlung. Er wurde künstlich ernährt  und lag nach Auskunft des Pflegepersonals im Sterben.
2. Es bestehen Vermutungen, die erblich bedingte Störungen möglich erscheinen lassen bzw. diese erklärbar machen."

Und weiter an den zuständigen Richter in Wolfhagen:

"... als behandelnder Arzt wurde von mir mit Schreiben vom 15. Februar 1992 über einige Umstände informiert, die Franks jetzige psychische Verfassung mit verantwortet haben dürften. Er zeigte sich anlässlich eines kurz darauf geführten Telefonats nicht davon überzeugt, dass sich daraus grundsätzlich neue Aspekte für die Behandlung ergeben und stellt die Sicherheitsaspekte zum Schutz seiner Mitarbeiter und der Patienten in den Vordergrund. Die ärztliche Diagnose wird aufgrund des jetzigen Krankheitsbildes gestellt. Eventuelle organische Störungen aufgrund des Krankenhausaufenthalts sind in den Akten bekannt, werden aber meines Erachtens nicht untersucht.
Eine Einbeziehung meiner Person in die Therapie Franks wird mit dem Hinweis beantwortet, ich hätte aus bestimmten Gründen die Distanz zu meinen Eltern gesucht.

Zwar ehrt die Rücksichtnahme und in der Tat ist der gemeinsame Konsens in der Familie gleich Null, dem Patienten Frank Dreyer wird damit eher geschadet als genutzt. Eine offizielle Reaktion des Krankenhauses Merxhausen ging mir heute zu.
 Soweit mir die Umstände bekannt sind, die Franks körperlichen Attacken voraus gingen, entstanden diese immer aus Situationen, in denen sich der Patient missachtet oder provoziert fühlte. Er handelte stets im Bewusstsein der Rechtmäßigkeit der eigenen Handlungen und vor allem im Affekt. Ich halte den Patienten Frank Dreyer für einen friedlichen, gutmtigen und nicht unintelligenten Menschen, der seine zweifelsohne vorhandenen psychischen Probleme nicht bewältigen kann. Möglicherweise tritt eine mehr oder weniger schwere Nervenschwäche hinzu, die zum Einen für seine Ausbrüche verantwortlich ist, zum anderen sein geringes Durchhaltevermögen bedingt. Sicher wird seine Reizbarkeit von anderen Patienten bemerkt und unter Umständen auch getestet. So jedenfalls lassen sich die Erfahrungen der letzten Wochen im Krankenhaus Merxhausen deuten.

Eine Strafanzeige gegen Frank Dreyer und insbesondere eine Verurteilung und Überweisung an das Krankenhaus in Haina schließen wohl endgültig eine Normalisierung seines Zustandes aus. Sie erscheint mir auch unsinnig, da eigentlich nur ein voll für sich              
verantwortlicher, mündiger Mensch einigermaßen "sinnvoll" bestraft werden kann. Eine Verurteilung seiner Person wrde allerdings mit Sicherheit weitere Türen schließen. Eine Integration Franks in eine beschützte Werkstatt, zumindest seine Unterbringung in Anstalten wie Hephata oder Bethel, halte ich für erstrebenswert. Es ist für Frank wichtig zu wissen, dass seine Betreuung glaubwürdig ist.

Desweiteren sollte bei einer eventuell anstehenden gerichtlichen Anklage und der resultierenden Entscheidung nicht vergessen werden, in welcher Weise die Eltern in Zukunft noch die Betreuung des Patienten allein tragen können."

Ich glaubte also tatsächlich daran, eine Verurteilung in einem Strafverfahren verhindern zu können und irgendwie auch für meinen Bruder diesbezüglich zuständig zu sein.
Dabei hatte ich selbst ein durchaus zwiespältiges Verhältnis zu meinem Bruder. Als ich ihn später in in der gerichtlichen Psychiatrie in Gießen besuchte, schrie er jedes Mal, wenn ich auch nur ansatzweise Vorhaltungen wegen seines Verhaltens vor brachte. Die Ausbrüche kamen sehr spontan und erschreckten mich jedes mal. Eine Mitpatientin meinte jedoch, ich solle dran bleiben, es lohne sich.

Die Behörden ignorierten weiterhin meine Kompetenz. Das Urteil bekam ich nicht zu sehen.
So forderte ich es auch im Namen meiner Eltern an.

"Ich bitte in obiger Angelegenheit dringend um eine Kopie des gegen meinen Bruder, Herrn Frank Dreyer, ergangenen Urteils aus der Verhandlung vom 9. Juni 1993.

Er ist angeblich für ein Jahr zur Unterbringung in einem geschlossenen psychiatrischen Krankenhaus verurteilt worden, dazu noch zu einer Geldstrafe. Genaueres ist jedoch weder mir, noch den Eltern des Verurteilten, bekannt, da uns die Einsichtnahme in die Unterlagen auch von seiten des psychiatrischen Krankenhauses in Gießen bisher nicht gewährt wurde.

Eine entsprechende Anfrage meiner Eltern an Sie blieb auch bislang anscheinend ohne Antwort. Ich darf Sie daher bitten, die bestehende Ungewissheit über die Art der ihm zur Last gelegten Vergehen sowie die Dauer seiner Strafe zu beseitigen bzw. eine Kopie des ergangenen Urteils an meine Adresse zu senden."

Frank sollte nun in den nächsten Jahren zwischen Gießen und Haina hin und her pendeln.
Schließlich kam er endlich in ein betreutes Wohnheim in Homberg/Ohm, wo er sich zu stabilisieren schien. Zur Arbeit wurde er täglich in eine Werkstatt nach Schotten gebracht. Das war um die Jahrtausendwende. Mutter war mittlerweile Ihrem Alkoholkonsum erlegen und verstorben. Vater
wendete sich allmählich ab, schickte aber noch Briefe.
Doch eines Tages war auch das vorbei. Frank bedrohte eine Putzfrau und wieder begann ein Kreislauf,
der ihn zurück nach Haina und auch wieder nach Gießen führte. Über weitere Gerichtsurteile gegen Frank fehlt mir die Kenntnis, da Vater bis zu seinem Tod im Jahr 2007 Verfahrenspfleger blieb.
Zeit seines Lebens blieb es bei Vaters Unverständnis der Behandlung von Frank gegenüber und Frank war ambivalent ihm gegenüber. Zwar hatte er Respekt vor dem Vater und übernahm kritiklos des autoritäres Machtverhalten, Gleichzeitig begehrte er immer wieder auf und schrie auch ihn am Telefon an.

Ironie des Schicksals war, das ich im Jahr 2007, als ich darum kämpfte, Vater nach seiner Hirnblutung in meine Nähe zu verlegt zu bekommen, beide in Gießen am selben Tag besuchen konnte. Vater lag erst im psychiatrischen Krankenhaus in Gießen, die nichts mit ihm anfangen konnten, danach im Balserischen Stift und letztlich im evangelischen Krankenhaus Gießen, ohne etwas davon zu wissen. Frank, im psychiatrischen Krankenhaus Gießen stationiert, hätte ihn mühelos
besuchen können, wollte das aber nicht. Vater hatte im Zustand seiner Aphasie seinen zweiten Sohn zeitweise vergessen und weinte, als ich ihm von Franks Anwesenheit in Gießen erzählte.
Frank hingegen wunderte sich, dass ich Vaters Betreuer war. Auf einmal geht das, meinte er.

Nach dem Ableben des Vaters, dachte ich tatsächlich dran, meine Erfahrungen für Frank sinnvoll einzusetzen. Vater hatte mir zwar nur mitgegeben, dass ich seine Ersparnisse vor dem Landeswohlfahrtsverband retten sollte, ich persönlich, wusste aber, dass es rein rechtlich nicht geht.
Als Betreuer allerdings hätte ich mehr Chancen, ihm auch in dieser Hinsicht zu helfen. Doch mein Ersuchen wurde vom Amtsgericht abgelehnt. Frank war befragt und beraten worden und hatte sich gegen mich entschieden.  
So kam es zu einem längeren Zerwürfnis, denn ich konnte die Zurückweisung schwer ertragen.
Seit 2005 hatte er die damalige bestellte Betreuerin und diese war denn auch sehr schnell mit der Eintreibung von Franks Erbe. Nur ein kleiner Teil des Erbes fiel ihm zu, ohne das ich hätte kontrollieren können, wie viel. Den Rest erhielt der Landeswohlfahrtsverband. Immerhin kam Frank nun in meine Umgebung. Seit 2007 lebt er in einem Pflegeheim für alte und behinderte Menschen in Bad Salzhausen. Seit einiger Zeit habe wir wieder regelmäßigen Kontakt.

Bedingt durch den frühkindlichen Hirnschaden ist er nun Epileptiker und kann das Gebäude des Wohnheims nicht mehr erlassen. Einen Spaziergang an meiner Hand in den Kurpark wird es nicht mehr geben. Es selbst sagt über seinen Aufenthalt: "Besser hätte es nicht kommen können."
Mittlerweile hat er ein Einzelzimmer und ist bei den betreuenden Schwestern beliebt.
Briefe an mich lässt er schreiben, weil er es selbst nicht kann. Er ist ruhiger geworden und ein verlässlicherer Gesprächspartner, wenngleich ihm sein Kurzzeitgedächtnis immer wieder im Sich lässt. Zahlen von früher hat er allerdings stets parat.

Und unsere Begrüßung beginnt seinerseits immer mit dem Satz, dass der Michael (mein Onkel) aber größer sei als ich.






   

Blogging

Need my blogging oh so much,
ups, was soll der ganze Quatsch?
Schrieb ich dereinst ein Tagebuch,
ist es hier der Internet-Versuch
mit sehr vielen unbekannten
Onkels und auch manchen Tanten.
Besser wär's, sich anzuglotzen,
statt geistig ständig Müll zu kotzen.
Doch wem gilt nun die Kritik?
Erst mal mir selbst im Augenblick.

Wo Fettfinger Worte ins Display hämmern,
da fließt die Zeit hin, zum Verdämmern.




Dienstag, 3. März 2015

Flimmern

Wie ein Vampir
schleiche ich durch Gassen,
gekreuzt von
eiligen Gestalten,
auf der Suche nach Blut,
das ich nicht mehr finde.
Gepeinigt im Sonnenschein
der Erinnerung,
wie durch fliegende Äste
geblendet,
strebe ich der Höhle
der Dunkelheit zu.