Sonntag, 31. Juli 2011

1996 - V

Hier angekommen, teilte mir Herr Kutzer mit, dass es ihm gelungen sei, mir eine Email zu schicken. Mein Versuch, hier per Email einzubuchen, hat schon einiges Echo gefunden. Für Japaner oder Amerikaner ist es anscheinend normal, Anfragen per Email zu schicken. Die Österreicher haben ein beachtliches Niveau in der Hotellerie und beim Einsatz moderner Technik erreicht, handwerklich sind sie sowieso gut.

Samstag, 30. Juli 2011

1996 - IV

Der alte Mann sprach,
es war wohl das letzte Mal,
das ich hier war.
Gemach, Gemach,
hast noch Zeit,
es ist noch nicht soweit,
meint da der Sensenmann.
Er lächelt und der Alte
geht zitternd davon. –

Freitag, 29. Juli 2011

1996 - III

Wir sind die Augen des Es,
durch uns sieht es
die Manipulationen der Materie,
die Auflösung des Eins in viele Unterschiede.
Ein Spiel also, um die Langeweile
des Seins zu vertreiben,
den Schrei der Einsamkeit zu
durchbrechen, Zufriedenheit
in Scheinbarkeit. –

Donnerstag, 28. Juli 2011

1996 - II

Die Zeit ist der Stoff,
aus dem wir gemacht sind,
das Vergessen unser Rausch.

Mittwoch, 27. Juli 2011

1996 - I

Der einsame Wanderer trifft unterwegs auf einen jungen Mann. Er will rasten, setzt  sich und der Junge gesellt sich zu ihm. Wie war Dein Weg bisher? fragt voll Interesse
der Junge den Alten. Interessant, sagt der Alte, ich habe viel gesehen, aber eigentlich auch nichts und jetzt fehlt mir der Trieb zum Weitergehen, ich möchte schlafen und bin müde. Wenn es interessant war, versäumst Du dann nichts im Schlaf? Nein, sagt der Alte: ich sah viel Neues, aber es war immer das Gleiche: Fragen, Antworten der Menschen, Verhalten. Die, die nicht gleich sind, z.B. Kranke, Irre, Betrunkene, sind nicht sie selbst. Sie durchschauen vielleicht für einen Moment die Welt, aber Du kannst nicht mit Ihnen reden.
Der Junge grübelte unzufrieden. Diese Aussichten gefielen ihm nicht. Wahrscheinlich setzte der Alte so einen Gleichmut auf, der auf alle auch so wirkte und das schon beim ersten Anblick.
Darauf der Alte in Erregung: Als junger Mann glaubte ich mich attraktiv und schlau, mächtig und stark, phantasievoll und kühn. Voll Unternehmungsgeist wollte ich alles, aber ich fand weder Frau noch Brot auf Dauer. Alle sagten nur: Du bist ein Wanderer, Du brauchst uns nicht. Bleib’ ein bisschen hier und sieh’, wie wir uns amüsieren, doch dann geh’ weiter. Es scholl nur so aus den schönen Mündern der Fräulein und den mächtigen Unanschaulichen, bis ich gelähmt war und nichts gegen den Zustand tun konnte, als zu wandern. Ja, ich glaubte alles und entwickelte Spaß daran und bald hörte ich ihn nicht mehr, den ätzenden Spott. In meinen Ohren entwickelte sich ein eigener Klang und meine Welt wurde harmonisch. Doch allmählich wird der Gang beschwerlich.
Der Junge war nachdenklich geworden. Sollte es das Ende auch seiner Geschichte werden? Der Alte bot ihm nun an, mit ihm zu trinken. So saßen sie, an einen starken Baum gelehnt nebeneinander inmitten des Vogelgesangs und des Insektengebrummes und dem Rauschen der Blätter. Ab und zu ein nervöses Reh..
Sie rauchten, schwiegen und genossen gemeinsam. Das leben ist ein klarer Schluck Nichts, sagte der Alte schließlich, trank etwas und murmelte: der schmeckt verdammt gut. Er wankte von dannen und der Junge freute sich auf die nächste Wanderung. –

Dienstag, 26. Juli 2011

1995 - XVI

In jeder Seele klimmt ein Funken Hoffnung, so groß die Verzweiflung auch sein mag. Ihn verlöschen zu lassen, ist ein Verbrechen. –

Montag, 25. Juli 2011

1995 - XV

Es war einmal ein Volk der Tiroler Bergbauern. Sie ließen ihr Vieh auf den Almen ihrer Heimatberge grasen und bauten sich Holzhütten an ihren Trampelpfaden. So manch einer hieß vielleicht Sepp oder so ähnlich. Da kamen eines Tages viele Menschen von weit her nördlich des bayerischen Voralpenlandes und riefen: „Wir sind Sepp!“. Sie schwenkten ihre Gamsbarthüte und schlugen sich auf die krachledernen Schenkel. Sie vermehrten sich rasch und machten sich die Almen untertan. Also gut, sagten sich die Tiroler Bergbauern und auch die Kollegen aus anderen Bergregionen, also gut, dann seid ihr jetzt die Seppel. Und so trugen sie rasch eine Brettljause nach der anderen auf. Statt von Milch und Käse leben wir jetzt von heute an von Heller und Pfennig.
Ab und zu kann man sie heute in ihren Verstecken sehen, die Tiroler und auch andere Bergbauern. Manche heißen Sepp, aber nicht alle mögen Seppel, also Vorsicht! Da kaufe ich mir lieber einen Tiroler Hut. –