Es fällt mir nicht schwer,
die vorzeitige Heimreise zu organisieren, obwohl wir kein Geld zurück
bekommen.
Einen Tag später kaufen
wir für Vater eine Tasche, so daß seine Sachen endlich einen Platz finden,
nehmen noch eine Waschzeugtasche mit und beschließen nun, einen Tagesbesuch in
Kassel zu machen. Als wir das Krankenzimmer betreten wollen, sehe ich, wie
Vater von einer Schwester geführt, die Toilette verläßt. Er trägt einen
Schlafanzug. Es ist schmal geworden und geht langsam zu seinem Bett, als er
sich setzt, sieht er uns. Er bricht in Tränen aus, „weil ich mich so freue!“.
Nachdem er sich beruhigt hat, berichtet er voller Entrüstung, aber fast
entschuldigend, dass er auch auf mich geschimpft hat. Kein Besuch zu
Weihnachten, keiner zu Silvester..
Da hilft es kaum, dass ich
ihm von dem Päckchen berichte. Die Weihnachtskarte ist nicht da.
Das kleine Radio kann er
gar nicht bedienen, es funktioniert auch nicht. Mir ist es sehr peinlich. Vater
liegt nun allein in dem Zweibettzimmer, hat einen Platz am Fenster. Wir waren
zuvor noch in seiner Wohnung und haben die große Pflanze im Wohnzimmer
gegossen. Die Nachbarin hat keine Post für ihn entgegen genommen, es liegt noch
alles im Briefkasten. Unter anderem hat er Post von der Klinik in Bad
Wildungen. Sie informieren ihn über ein neues Behandlungskonzept.
Wir fragen nach der
behandelnden Ärztin und sie gibt uns wegen dem Tumorverdacht Auskunft. Der
Blutungsrest läßt eine klare Diagnose nicht zu. Erst wenn sich dieser zurück
bildet, kann man etwas sehen. Daher soll erneut eine CT vom Schädel gemacht
werden. Ich werde gebeten, die Genehmigung erforderlichenfalls per Fax zu
geben. Einstweilen wird er medikamentös sowohl wegen der Blutung als auch gegen
einen Hirntumor behandelt.
Vater will nicht viel
wissen, von dem was ich in Erfahrung brachte. Er bemerkt nur, dass ich hätte
Arzt werden können, halbwegs an meine Frau gewandt.
Ich sage Vater, dass ich
nun sein Betreuer bin. Darauf lacht er und meint, ich solle aufpassen. Der
Gedanke an seine Wohnung beschäftigt ihn noch immer. Ich soll ihm seine
Lederjacke und eine gute Hose beim nächsten Mal mit bringen. Er müßte nur mal
ein paar Tage zu hause vernünftig essen, dann könne er mit dem Fahrrad wieder
weg fahren. Ich zeige ihm seinen Schlüssel, nachdem er mich fragt. Er läßt die
einzelnen Schlüssel bedächtig durch seine Finger gleiten und ich halte den Atem
an. Schließlich gibt er ihn mir doch zurück.
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