Freitag, 11. Mai 2012

2000 - XIX

Öffentlicher Nahverkehr

Die Arme des Nachbarn werden langsam breiter,
da ist die Betriebsstörung, es geht nicht weiter.
Vielleicht klingt es jetzt zu vermessen,
ich habe einmal besser gesessen.
Gleich gebe ich dem Nachbarn einen Kuß,
damit dieser endlich aussteigen muß.
Es gab da doch einen Unfall,
meldet der Fahrer mit Krawall.
So blättere ich meine Zeitung um,
lese über allen Worten herum.
Von Hilfsbereitschaft und Toleranz
steht es gedruckt ohne Firlefanz.
Dermaßen und über alles belehrt
fühle ich mich so richtig verkehrt,
mache mich noch ein bißchen kleiner,
meinem Nachbarn geht es noch feiner,
schlägt den Koffer mir auf mein Knie,
der Schmerz danach läßt nach und wie!
Eine alte Dame faßt über meinem Kopf
Und erreicht dann auch endlich den Halteknopf.
Die Türen sind sogleich offen,
eine neue Freiheit läßt mich hoffen.
Mein Nachbar ist sofort aufgestanden,
mir ist wie im Flieger nach dem Landen.
Fast möchte ich applaudieren,
um mir Beifall zu spendieren.
Da ertönt wieder einmal die Stimme,
die Störung geht noch weiter, die schlimme.
Der Nachbar kommt schon wieder zurück,
ich zucke, rucke, rutsche ein Stück.
Da sagt er: was sind Sie empfindlich!
Wohin denken Sie: nur befindlich.

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