Donnerstag, 29. September 2011

Applelei

Ich gebe es zu, ich lese und bin auch noch Abonnent einer Tageszeitung. Wenn ich ehrlich bin, komme ich am Wochenende kaum zum lesen. Die Ausgabe landet meist im Papierkorb. Dann sind unsere Austräger auf dem flachen Land auch nicht immer willig, einige Male kommt die Zeitung im Monat nicht. Meistens dann, wenn besondere Ereignisse am Vortag waren oder Beilagen die Zeitung aufwerten, dann eben ist sie nicht da. Grund genug über ein Ipad-Abo nachzudenken, dachte ich jedenfalls. (Überhaupt, mir tun die gefällten Bäume leid, ich lese längst nicht alles, was in der Zeitung steht.) Zur elektronischen Zeitung gibt es das Gerät dazu und für läppische 24 Monate Bindung ist es meins. Das Ganze kostet nicht mehr als meine bisherige Zeitung im print. Tolles Geschäft, denke ich. Dabei habe ich mir allerdings nicht überlegt, was ich mit dem iPad (dem iPad2) überhaupt will.
Nun egal, es kommt vom Paketversand und ich bin erst mal enttäuscht. Es ist so klein und hat kaum Knöpfe, geschweige denn Tasten. Dafür soll ich 199,- € Aufpreis zahlen? Ich habe mich dafür entschieden, die Zeitung oder was davon übrig bleibt, überall lesen zu wollen, dafür benötige ich die Variante mit dem Microsim-Steckplatz.
Freilich habe ich noch keine Microsimkarte. Wohlmeinende Phoneshopverkäufer meinen mit einem guten Netz koste die Internetflat dazu im Monat 14,99 €.
Spätestens jetzt denke ich, weg damit, zu teuer. Aber das Teil sieht ganz gut aus, liegt gut in der Hand. Man sieht zwar aus wie ein etwas dümmlicher Kellner, der einen kleinen Seniorenteller auf dem Brett servieren will und meine Frau beeindrucke ich damit garnicht,
aber mein kleiner innerer Teufel sagt, nimm’ es, es fühlt sich gut an und Du kannst damit Musik hören und Fotos machen, vorn und hinten. Wäre vielleicht was für einsame Abende in einer drögen Ferienwohnung?
Ich schließe das Ding an mein Notebook an, trotz WLAN habe ich keinen Empfang zuhause. Keine Chance, die mir großzügig gewährten Gratisausgaben meiner Zeitung im App-Store abzurufen. Gefühlte 100-mal verrate ich meinem automatisch nach einem Netz suchenden Ipad meine Zugangsdaten zu meinem WLAN-Router. Es tut sich: nichts. Naja, ich habe auch anderes zu tun. Ich muss Itunes installieren, um einen Zugang zum App-Store zu bekommen. Was hat man dem guten Bill Gates alles an monopolistischen Absichten vorgeworfen. Das ist alles ein Kinderschiss gegen das heilige Appletum. Immerhin, nachdem ich eine Apple-ID vorzuweisen habe, beginnt mein iPad sich mit dem Notebook musikalisch zu synchronisieren.
Mit welchem Verzeichnis, das weiß ich nicht. Meine Musik liegt auf einem externen Laufwerk. Das interessiert Apple Itunes nicht. Erstaunlich, was auf meinem Laufwerk C: noch alles für Musik ist. Die landet nun komplett auf meinem iPad. Längst verloren geglaubt Schätze tauchen so wieder auf. Mein Versuch den Bestand auf dem iPad wieder zu minimieren, scheitert. Der Windowsdateimanager zeigt nur meinen Namen in Verbindung mit der Bezeichnung “Ipad“, was auf diesem Laufwerk für Dateien Liegen, verrät er mir dank Apple nicht. Ich kann aber Musik auch auf dem Ipad nicht löschen. Und LP-Cover lassen sich nicht laden, weil ich mangels Verbindung ja nicht im App-Store angemeldet bin. Vermutlich kostet das auch was. Vorsicht! 
Immerhin, die Musi spielt nun. Dennoch erklärt meine Frau das Projekt für gescheitert. Aber so leicht gebe ich nicht auf. Das Problem mit dem WLAN löst sich nach tagelanger Korrespondenz mit dem Hersteller meines WLAN-Routers. Ich muss ein neues Netzwerk anlegen, das erkennt mein Ipad dann. Leider mein Notebook nicht, auch dem muss ich die geänderte Verbindung mitteilen. Nun rufe ich erstmals nach etlichen Fehlversuchen bei der Anmeldung im App-Store die erste Ausgabe meiner Zeitung auf. Ich speichere sie in meiner Bibliothek ab. Also morgens erst mal Ipad an und Zeitung laden und nicht zum Briefkasten gehen. Dann kann ich sie tagsüber offline lesen. Und stelle fest, sie ist nicht komplett. Es fehlt der Anzeigenmarkt und Regionales ist kaum vorhanden. Schön wäre es gewesen, das vorher gewusst zu haben. Manchmal verzweifele ich noch am Drücken und Wischen über das Display. Manchmal geht was auf, manchmal nicht. Die Oberfläche des iPad sieht aus wie eine fettige Mondlandschaft. Unästhetisch und nun komme ich darauf. Das Gerät ist was zum Ansehen, nicht zum Nutzen. Folgerichtig begebe ich mich in die Kathedrale des Applestores, um mir das Zubehör anzusehen, nicht um es zu kaufen. Ich werde meinen Ipad2 mit einer Schutzfolio ausstatten und ihn schön verpacken, damit ihm nichts passiert. Das mobile Internet? Habe ich nie gebraucht, ich habe ja zwei Apple-Aufkleber, die waren ja im Lieferumfang des iPad2 mit drin. Klebe ich auf mein altes Auto.
Danke, Steve Jobs!

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